From 6079601ff84c017b9a1aacd3f5eeebb4034e1ef9 Mon Sep 17 00:00:00 2001 From: Johannes Loher Date: Sat, 16 Sep 2017 19:53:57 +0200 Subject: [PATCH] Korrekturen bis Koszul-Komplex --- Ausarbeitung.tex | 9 +- chapters/chapter1.tex | 566 ++++++++++++-- chapters/chapter2.tex | 920 ++++++++++++----------- chapters/chapter3.tex | 1556 ++++++++++++++++++++++++++------------- chapters/chapter4.tex | 1071 --------------------------- chapters/einleitung.tex | 68 ++ 6 files changed, 2100 insertions(+), 2090 deletions(-) delete mode 100644 chapters/chapter4.tex create mode 100644 chapters/einleitung.tex diff --git a/Ausarbeitung.tex b/Ausarbeitung.tex index f7dbd8a..0fa824d 100644 --- a/Ausarbeitung.tex +++ b/Ausarbeitung.tex @@ -1,4 +1,4 @@ -\documentclass[paper=a4,parskip=half,11pt,ngerman,oneside,bibliography=totoc, draft=true]{scrreprt} +\documentclass[paper=a4,parskip=half,11pt,ngerman,oneside,bibliography=totoc, draft=true]{scrbook} \usepackage[utf8]{inputenc} \usepackage[T1]{fontenc} \usepackage{hyperref} @@ -22,16 +22,19 @@ \input{custom_commands} \begin{document} - +\frontmatter \include{title} \tableofcontents +\include{chapters/einleitung} + +\mainmatter \include{chapters/chapter1} \include{chapters/chapter2} \include{chapters/chapter3} -\include{chapters/chapter4} +\backmatter \emergencystretch=1em \printbibliography diff --git a/chapters/chapter1.tex b/chapters/chapter1.tex index c76f15f..5717c93 100644 --- a/chapters/chapter1.tex +++ b/chapters/chapter1.tex @@ -1,68 +1,534 @@ % -*- root: ../Ausarbeitung.tex -*- -\chapter{Einleitung} -\label{cha:einleitung} +\chapter{Hilbert-Samuel-Polynome} +\label{cha:hilbert-samuel-polynome} -Die Schnitmultiplizitäten aus der algebraischen Geometrie im Sinne von Samuel stimmen mit einer \enquote{Euler-Poincaré-Charakteristik} von bestimmten $\Tor$-Funktoren überein. -Die moderne Schnitttheorie verwendet diese \enquote{$\Tor$-Formel} deswegen für die Definition des Schnittprodukts (siehe zum Besipiel {}\cite{fulton1998intersection}). +In diesem Kapitel wollen Samuel’s Begriff der Multiplizität eines Ideals bezüglich eines Moduls einführen. +Insbesondere werden wir das Hauptresultat der Dimensionstheorie endlich erzeugter Moduln über noetherschen lokalen Ringen beweisen. -Diese Arbeit folgt in vielen Punkten den Ausführungen von Jean-Pierre Serre in {}\cite{serre2000local}, allerdings werden etliche Resultate weggelassen, die bereits aus der kommutativen Algebra bekannt sein sollten. -Stattdessen werden die für die $\Tor$-Formel wichtigen Resultate in größerem Detail behandelt. +\section{Ganzzahlige Polynome} +\label{sec:ganzzahlige-polynome} -\cref{cha:hilbert-samuel-polynome} gibt einen Überblick über Pierre Samuel’s Begriff der Multiplizität eines Ideals, das eine bestimmte Endlichkeitsbedingung erfüllt bezüglich eines endlich erzeugten Moduls, das eine bestimmte Endlichkeitsbedingung erfüllt, nämlich $\length_A(M / \mfq M) < \infty$. -Dazu werden das \emph{Hilbert-Polynom} und das \emph{Samuel-Polynom} betrachtet. -Als Ergebnis erhalten wir das Hauptresultat der Dimensionstheorie von endlich erzeugten Moduln über lokalen noetherschen Ringen, nämlich, dass der Grad des Samuel-Polynoms bezüglich eines solchen Modul gerade der Dimension des Moduls entspricht. +\begin{defn}[Binomialpolynom] + \label{defn:binomialpolynom} + Für $k \in \N$ definieren wir das \textbf{$\bm{k}$-te Binomialpolynom} durch + \begin{equation*} + Q_k(X) = \binom{X}{k} = \frac{1}{k!} \prod_{i = 1}^k (X - k + i) \in \Q[X]. + \end{equation*} + Offensichtlich bilden die Binomialpolynome eine $\Q$-Basis von $\Q[X]$. +\end{defn} -Darauf folgend führt \cref{cha:der-koszul-komplex} den \emph{Koszul-Komplex} ein. -Ein wesentliches Resultat ist dabei, dass man die Funktoren $\Tor^A_i(A / \bmx, M)$ für einen $A$-Modul $M$ im Fall, dass $\bmx$ eine $M$-reguläre Folge ist, mit Hilfe eines bestimmten Koszul-Komplexes berechnen kann. -Für das Hauptergebnis dieses Kapitels betrachten wir die Samuel-Multiplizität $e_\mfq(M, r)$ des Ideals $\mfq$ des noetherschen lokalen Rings $A$ bezüglich des endlich erzeugten $A$-Moduls $M$. Dabei muss $\mfq$ im Maximalideal von $A$ enthalten sein und die Endlichkeitsbedingung $\length_A(M / \mfq M) < \infty$ erfüllen. -In diesem Fall gilt dann +\begin{defn}[Differenzenoperator] + \label{defn:differenzenoperator} + Sei $Z$ eine abelsche Gruppe und $A \subset \Q$ mit der Eigenschaft + \begin{equation*} + n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A. + \end{equation*} + Dann definieren wir den \textbf{Differenzenoperator} $\Delta$ durch: + \begin{align*} + \Delta\colon \map(A,Z) &\to \map(A,Z)\\ + f &\mapsto (\Delta f \colon A \to Z,\, n \mapsto f(n+1) - f(n)) + \end{align*} + Offensichtlich ist $\Delta$ ein Homomorphismus abelscher Gruppen. +\end{defn} + +\begin{lem} + \label{lem:berechnung-r-facher-differenzenoperator} + Sei $Z$ eine abelsche Gruppe, $A\subset \Q$ mit der Eigenschaft + \begin{equation*} + n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A + \end{equation*} + und $f\colon A \to Z$ eine Abbildung. + Sind $n \in \Q$ und $r\in \N$ mit $n - r \in A$, so gilt + \begin{equation*} + \Delta^r f(n - r) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p). + \end{equation*} + \begin{proof} + Wir beweisen die Behauptung durch Induktion über $r$. Ist $r = 0$, so gilt + \begin{equation*} + \Delta^r f(n - r) = f(n) = {(-1)}^0 \binom{0}{0} f(n - 0) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p). + \end{equation*} + Sei also nun $r > 0$ und die Behauptung für $r - 1$ bewiesen, dann gilt: + \begin{align*} + \Delta^r f(n - r) &= \Delta^{r-1} \Delta f(n - r)\\ + &= \Delta^{r-1} \Delta f((n - 1) - (r - 1))\\ + &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} \Delta f((n - 1) - p)\\ + &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} \Big(f\big((n - 1) - p + 1\big) - f((n - 1) - p\big)\Big)\\ + &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p) - \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p - 1)\\ + &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p) + \sum_{p = 1}^{r} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p - 1} f(n - p)\\ + &= \sum_{p = 0}^{r} {(-1)}^p \left(\binom{r - 1}{p} + \binom{r - 1}{p - 1}\right) f(n - p)\\ + &= \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p) + \end{align*} + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{lem} + \label{lem:differenzenoperator-binomialpolynom} + Für $k \in \N$ mit $k > 0$ gilt + \begin{equation*} + \Delta Q_k = Q_{k - 1}. + \end{equation*} + \begin{proof} + Es gilt + \begin{equation*} + \Delta Q_k(n) = Q_k(n + 1) - Q_k(n) = \binom{n + 1}{k} - \binom{n}{k} = \binom{n}{k - 1} = Q_{k - 1}(n). + \end{equation*} + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{deflem}[Ganzzahliges Polynom] + \label{deflem:ganzzahliges-polynom} + Ein Polynom $f \in \Q[X]$ heißt \textbf{ganzzahlig}, wenn die folgenden äquivalenten Bedingungen gelten: + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item $f$ ist eine $\Z$-Linearkombination von Binomialpolynomen $Q_k$. + \item Für alle $z \in \Z$ gilt $f(z) \in \Z$. + \item Es gibt ein $z_0 \in \Z$ mit der Eigenschaft, dass $f(z) \in \Z$ für alle $z \ge z_0$. + \item $\Delta f$ besitzt die Eigenschaft aus (a) und es gibt mindestens ein $z \in \Z$ mit $f(z) \in \Z$. + \end{enumerate} + Ist $f$ solch ein Polynom, dann bezeichnen wir mit $e_k(f)$ den Koeffizienten von $Q_k$ in der Darstellung $f = \sum_{n \in \N} e_k Q_k$. + \begin{proof}[Beweis der Äquivalenz] + Die Implikationen (a) $\Rightarrow$ (b) $\Rightarrow$ (c) und (a) $\Rightarrow$ (d) sind klar. + + Sei also umgekehrt (d) wahr. Da die Binomialpolynome $Q_k$ eine Basis von $\Q[X]$ bilden, gibt es eine eindeutige Darstellung $f = \sum_{k \in \N} e_k Q_k$ mit ${(e_k)}_{k \in \N} \in \Q^{(\N)}$. + Es gilt also $\Delta f = \sum_{k > 0} e_k Q_{k - 1}$ und weil auch die Darstellung von $\Delta f$ eindeutig ist und $\Delta f$ (a) erfüllt, folgt $e_k \in \Z$ für $k > 0$. + Da es mindestens ein $z \in \Z$ mit $f(z) \in \Z$ gibt, folgt auch $e_0 \in \Z$. + Also sind (a) und (d) äquivalent. + + Um die Implikation (c) $\Rightarrow$ (a) zu zeigen, nutzen wir Induktion über den Grad von $f$. + Ist $f$ vom Grad $0$, so ist $f$ konstant und wegen (c) gilt dann $f \in \Z$ und damit (a). + Sei also nun $f$ vom Grad $d > 0$ und die Behauptung wahr für Polynome vom Grad $< d$. + Offensichtlich gilt $\deg \Delta f < \deg f$ und auch $\Delta f$ erfüllt (c). + Also erfüllt $\Delta f$ (a) und damit erfüllt $f$ (d). + \end{proof} +\end{deflem} + +Ist $f \in \Q[X]$ ein ganzzahliges Polynom, dann gilt für $k > 0$ offensichtlich $e_k(f) = e_{k - 1}(\Delta f)$. +Insbesondere ist $e_k(f)$ für $\deg(f) \le k$ das konstante Polynom $\Delta^k f$ und es gilt \begin{equation*} - \tag{$\ast$}\label{eq:einleitung-samuel-koszul} - e_\mfq(M, r) = \sum_{i = 0}^r \length_A(H_i(\bmx, M)), + f(X) = e_k(f) \frac{X^k}{k!} + g(x), \end{equation*} -wobei die $H_i(\bmx, M)$ die Homologiemoduln des zu $M$ und $\bmx$ gehörigem Koszul-Komplexes sind. - -In \cref{cha:multiplizitaeten} soll nun die $\Tor$-Formel untersucht werden. -Dazu werden zunächst die \emph{Gruppe der Zykel} eines Rings und die Multiplizität eines Moduls eingeführt. - -Die \emph{Reduktion auf die Diagonale} stellt für fast alle folgenden Ergebnisse ein sehr wichtiges Prinzip dar, deswegen wird sie beispielhaft im Fall affiner irreduzibler Varietäten erläutert. -Mit ihrer Hilfe wird in diesem Fall die \enquote{Dimensionsformel} der algebraischen Geometrie gezeigt: Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten eines affinen Raums und ist $T$ eine irreduzible Komponente von $V \cap W$, so gilt +wobei $g(x) \in \Q[X]$ mit $\deg(g) < k$. +Ist $\deg(f) = k$, so gilt \begin{equation*} - \codim(T) \le \codim(V) + \codim(W). + f(n) \sim e_k(f) \frac{n^k}{k!} \qquad \text{für } n \to \infty. +\end{equation*} +Es folgt, dass $e_k(f)$ genau dann $> 0$ ist, wenn es ein $z_0 \in \Z$ gibt, sodass $f(z) > 0$ für alle $z \ge z_0$ gilt. + +\section{Polynomartige Funktionen} +\label{sec:polynomartige-funktionen} + +Im Folgenden sei $A \subset \Z$ mit der Eigenschaft +\begin{equation*} + n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A. \end{equation*} -Da die Reduktion auf die Diagonale im Folgenden auch im allgemeineren Fall von formalen Potenzreihenringen über einem Körper benötigt wird, wird nun der dafür notwendige Begriff des \emph{vervollständigten Tensorprodukts} $\widehat{\otimes}$ eingeführt und die Formel für die Reduktion auf die Diagonale in diesem Fall gezeigt: -\begin{equation*} - \tag{$\ast\ast$}\label{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen} - \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A), -\end{equation*} -wobei $k$ ein Körper, $A$ ein formaler Potenzreihenring über $k$ und $C = A \widehat{\otimes}_k A$ ist und $M$ und $N$ endlich erzeugte $A$-Moduln sind. +\begin{defn}[Polynomartige Funktion] + \label{defn:polynomartige-funktionen} + Eine Funktion $f\colon A \to \Z$ heißt \textbf{polynomartig}, wenn es ein Polynom $P_f \in \Q[X]$ gibt, das folgende Eigenschaft erfüllt: + Es gibt ein $m \in \Z$ mit der Eigenschaft $f(n) = P_f(n)$ für alle $n \ge m$. + Gibt es solch ein Polynom, so ist es offensichtlich eindeutig durch $f$ bestimmt und ganzzahlig. + Wenn $k$ der Grad von $P_f$ ist, so sagen wir auch, dass $f$ Grad $k$ hat und schreiben $e_k(f)$ anstatt von $e_k(P_f)$. +\end{defn} -Mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen} kann man für einen formalen Potenzreihenring $A$ der Dimension $n$ über einem Körper $k$ und zwei endlich erzeugte $A$-Moduln $M$ und $N$ mit $\length_A(M \otimes_k N) < \infty$ Folgendes zeigen: + +\begin{lem} + \label{lem:kritreium-fuer-polynomartig} + Sei $f\colon A \to \Z$ eine Abbildung, dann sind folgende Aussagen äquivalent: + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item $f$ ist polynomartig vom Grad $\le r$. + \item $\Delta f$ ist polynomartig vom Grad $\le r - 1$. + \item Für alle $s \ge r + 1$ gibt es ein $m \in \Z$, sodass für alle $n \ge m$ gilt: $\Delta^s f(n) = 0$. + \end{enumerate} + \begin{proof} + Die Implikationen (a) $\Rightarrow$ (b) $\Rightarrow$ (c) sind klar. + + Sei also nun (b) wahr. + Sei $R = \sum_{k \in \N} e_k(P_{\Delta f}) Q_{k+1}$, dann ist $R$ vom Grad $\le r$ und es gilt $\Delta R = P_{\Delta f}$. + Betrachte die Abbildung $g \colon A \to \Z,\, z \mapsto f(z) - R(z)$. + Für $z$ groß genug gilt dann: + \begin{equation*} + \Delta g(z) = \Delta f(z) -\Delta R(z) = \Delta f(z) - P_{\Delta f}(z) = 0 + \end{equation*} + Das bedeutet, für $z$ groß genug ist $g(z) = e_0 \in \Z$ und es folgt $f(z) = R(n) + e_0$ für $z$ groß genug. + Also ist $f$ polynomartig vom Grad $\le r$. + + Die Implikation (c) $\Rightarrow$ (a) folgt durch Induktion über $r$ und Verwendung der Implikation (b) $\Rightarrow$ (a). + \end{proof} +\end{lem} + +\section{Das Hilbert-Polynom} +\label{sec:das-hilbert-polynom} + +Im Folgenden sei nun $H=\bigoplus_{n \in \N} H_n$ ein graduierter Ring mit folgenden Eigenschaften: \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item $\dim(M) + \dim(N) \le n$ (\enquote{Dimensionsformel}). - \item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) \ge 0$. - \item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) = 0$ genau dann, wenn $\dim(M) + \dim(N) < n$. + \item $H_0$ ist artinsch. + \item $H$ wird von $H_0$ und einer endlichen Anzahl an Elementen $x_1,\ldots,x_r \in H_1$ erzeugt. \end{enumerate} -Unter Verwendung von \emph{Cohens Struktursatz} für vollständige reguläre lokale Ringe gleicher Charakteristik kann man dieses Theorem nun auch auf den Fall verallgemeinern, dass $A$ ein regulärer Ring gleicher Charakteristik ist. -Dies führt zu der Vermutung, dass die Aussage sogar für beliebige regulärer Ringe gültig ist. -\cref{sec:Ausblick} gibt einen kurzen Überblick darüber, welche Resultate in diesem Zusammenhang bereits beweisen wurden. +Es gilt dann $H \cong H_0[X_1,\ldots,X_r]/I$, wobei $I \subset H_0[X_1,\ldots,X_r]$ ein homogenes Ideal ist. +Da $H_0[X_1,\ldots,X_r]$ nach dem Hilbertschen Basissatz noethersch ist, ist es also auch $H$. -Praktischerweise genügt aber der Fall regulärer Ringe gleicher Charakteristik für die Anwendung in der algebraischen geometrie, denn is $X$ eine nicht singuläre algebraische Varietät über einem Körper $k$ und ist $W$ eine irreduzible Untervarietät von $X$, so ist der lokale Ring von $X$ bei $W$ regulär von gleicher Charakteristik. - -Seien $U$ und $V$ irreduzible Untervarietäten von $X$ und $W$ eine irreduzible Komponente von $U \cap V$, in der sich $U$ ind $V$ eigentlich schneiden, das heißt +Sei $M = \bigoplus_{n \in \N} M_n$ ein endlich erzeugter graduierter $H$-Modul. +$M$ ist noethersch, also ist für alle $n \in \N$ der $H$-Untermodul $M_{\ge n} \coloneqq \bigoplus_{i \ge n} M_n$ endlich erzeugt. +Nun gilt aber $M_n \cong M_{\ge n}/M_{\ge n+1}$, also ist auch $M_n$ ein endlich erzeugter $H$-Modul und damit auch ein endlich erzeugter $H/\Ann(M_n)$- Modul. +Es gilt $\bigoplus_{n \ge 1} H_n \subset \Ann(M_{\ge n}/M_{\ge_{n+1}})$, also haben wir folgende Surjektion: \begin{equation*} - \dim(U) + \dim(V) = \dim(X) + \dim(W). + H_0 \cong H/\left(\bigoplus_{n\ge 1}H_n\right) \twoheadrightarrow H/\Ann(M_{\ge n}/M_{\ge n+1}) \cong H/\Ann(M_n). \end{equation*} -Seien außerdem $A$, $A_U$ und $A_V$ die lokalen Ringe von $X$, $U$ und $V$ bei $W$. -Bezeichnet $i(X, U \cdot V, W)$ die Schnittmultiplizität im Sinne von Samuel, dann gilt -\begin{equation*} - \tag{$\ast\ast\ast$}\label{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet} - i(X, U \cdot V, W) = \chi^A(A_V, A_W). -\end{equation*} -Diese Formel wird mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-samuel-koszul} und der Reduktion auf die Diagonale bewiesen. -Wie bereits erwähnt, wird \cref{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet} in der modernen Schnittheorie sogar als Definition der Schnittmultiplizität verwendet. +Folglich ist $M_n$ ein endlich erzeugter $H_0$-Modul und somit artinsch und noethersch. +Folglich ist er von endlicher Länge und wir können folgende Abbildung definieren: +\begin{align*} + \chi(M,\bullet) \colon \N &\to \N \\ + n &\mapsto \chi(M,n) \coloneqq \length_{H_0}(M_n) +\end{align*} +Dabei ist $\length_{H_0}(M_n)$ die Länge von $M_n$ als $H_0$-Modul. -Die Eigenschaften dieser Schnittmultiplizität folgen nun auf natürliche Weise aus den Eigenschaften der $\Tor$-Funktoren. -So folgt zum Beispiel die Kommutativität direkt aus der Symmetrie der $\Tor$-Funktoren und die Assoziativität aus der Assoziativitätsformel für $\Tor$-Funktoren, die durch zwei Spektralsequenzen gegeben ist. +\begin{thm}[Hilbert] + \label{thm:hilbert-polynomial} + Die Abbildung $\chi(M,\bullet)$ ist polynomartig vom Grad $\le r-1$. + \begin{proof} + Da jeder endlich erzeugte graduierte $H$-Modul auch ein endlich erzeugter graduierter $H_0[X_1,\ldots,X_r]$-Modul ist, dürfen wir $H = H_0[X_1,\ldots,X_r]$ annehmen. + + Wir beweisen die Behauptung nun durch Induktion über $r$. + + Im Fall $r = 0$ ist $M$ ein endlich erzeugter $H_0$-Modul und damit von endlicher Länge. + Es gilt $M_n = 0$ für große $n$ und damit ist $\chi(M,\bullet)$ polynomartig vom Grad $-\infty < -1$. + + Wir nehmen nun $r > 0$ an und, dass die Behauptung für $r - 1$ bereits gezeigt wurde. + Seien $N$ und $R$ der Kern und der Kokern des Endomorphismus $\Phi\colon M \to M,\, m \mapsto X_r \cdot m$. + Das sind graduierte Moduln und wir erhalten die folgenden exakten Sequenzen: + \begin{equation*} + 0 \to N_n \to M_n \overset{\Phi}{\to}M_{n+1} \to R_{n+1} \to 0 + \end{equation*} + Es folgt + \begin{equation*} + \Delta\chi(M,n) = \chi(M,n+1) - \chi(M,n) = \chi(R,n+1) -\chi(N,n). + \end{equation*} + Wegen $X_r R = X_r N = 0$ können wir $R$ und $N$ als graduierte $H_0[X_1,\ldots,X_{r-1}]$-Moduln betrachten. + Nach der Induktionsvoraussetzung sind dann $\chi(R,\bullet)$ und $\chi(N,\bullet)$ polynomartige Funktionen vom Grad $\le r-2$, also auch $\Delta\chi(M,\bullet)$. + Nach \cref{lem:kritreium-fuer-polynomartig} ist dann $\chi(M,\bullet)$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$. + \end{proof} +\end{thm} + +\begin{nota} + \label{nota:hilbert-polynomial} + Das Polynom $P_{\chi(M,\bullet)}$ heißt \textbf{Hilbert-Polynom} und wird auch mit $Q(M)$ bezeichnet. + Seinen Wert bei einer ganzen Zahl $n$ schreiben wir auch als $Q(M,n)$. + Offensichtlich gilt $Q(M) = 0$ genau dann, wenn $\length_{H_0}(M) < \infty$. +\end{nota} + +\section{Das Samuel-Polynom} +\label{sec:das-samuel-polynom} +Im Folgenden sei $A$ ein noetherscher kommutativer Ring und $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul. + +\begin{lem} + \label{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} + Es gilt $\length_A(M) < \infty$ genau dann, wenn alle Elemente in $\Supp(M)$ maximale Ideale sind. + \begin{proof} + {}\cite[Corollary~2.17]{eisenbud2004commutative}. + \end{proof} +\end{lem} + +Sei nun $\mfq$ ein Ideal von $A$. +Da $A$ noethersch ist, wird $\mfq$ von $r$ Elementen $x_1,\ldots,x_r$ erzeugt. +Wir nehmen zusätzlich Folgendes an: +\begin{equation} + \label{eq:laenge-kleiner-unendlich} + \length_{A}(M/\mfq M) < \infty. +\end{equation} +Wegen $\Supp(M) \cap V(\mfq) = \Supp(M/\mfq M)$ ist das nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} äquivalent zu: +\begin{equation} + \label{eq:elemente-in-supp} + \text{Alle Elemente in }\Supp(M) \cap V(\mfq)\text{ sind maximale Ideale.} +\end{equation} + + +Sei weiter $(M_i)$ eine $\mfq$-stabile Filtrierung auf $M$, das heißt +\begin{align*} + &M = M_0 \supset M_1 \supset \ldots,\\ + &M_i \supset \mfq M_{i-1},\\ + &M_i = \mfq M_{i-1} \text{ für große i.} +\end{align*} +Wegen $V(\mfq) = V(\mfq^n)$ für alle $n > 0$ sind die $A$-Moduln $M/\mfq^n M$ von endlicher Länge und wegen $M_n \supset \mfq^n M$ auch die $A$-Moduln $M/M_n$. +Demnach ist die Abbildung +\begin{align*} + f_M \colon \N &\to \N \\ + n &\mapsto \length_{A}(M/M_n) +\end{align*} +wohldefiniert. + +\begin{thm}[Samuel] + \label{thm:samuel-polynom} + Die Abbildung $f_M$ ist polynomartig vom Grad $\le r$. + \begin{proof} + Wir können $\Ann(M) = 0$ annehmen: + Sei $A' = A/\Ann(M)$ und $\mfq'$ das Bild von $\mfq$ in $A'$. + Dann ist $(M_i)$ auch eine $\mfq'$-stabile Filtrierung auf $M$ als $A'$-Modul und es gilt offensichtlich $\length_A(M/M_n) = \length_{A'}(M/M_n)$ und $\Ann_{A'}(M) = 0$. + + Nach \cref{eq:elemente-in-supp} sind dann alle Elemente in $V(\mfq)$ maximale Ideale, also ist $A/\mfq$ artinsch. + Der zu $\mfq$ assozierte graduierte Ring + \begin{equation*} + H = \gr(A) = \bigoplus_{n\in \N} \mfq^n/\mfq^{n+1} + \end{equation*} + wird von $H_0 = A/\mfq$ und den Elementen $x_1,\ldots,x_r$ erzeugt. + Weiter ist + \begin{equation*} + \gr(M) = \bigoplus_{n\in \N} M_n/M_{n+1} + \end{equation*} + ein graduierte $H$-Modul. + Nach Voraussetzung gibt es ein $n_0\in \N$ mit $M_{n+1} = \mfq M_n$ für alle $n \ge n_0$, also wird $\gr(M)$ von + \begin{equation*} + M_0/M_1 \oplus \cdots \oplus M_{n_0}/M_{n_0+1} + \end{equation*} + erzeugt. + Für alle $i\in \N$ ist wegen der Injektion $M_i/M_{i+1} \hookrightarrow M/M_{i+1}$, und weil $M/M_{i+1}$ noethersch is, auch $M_i/M_{i+1}$ noethersch. + Insbesondere ist also $M_i/M_{i+1}$ ein endlich erzeugter $A$-Modul und wegen $\mfq \subset \Ann(M_i/M_{i+1})$ auch ein endlich erzeugter $A/\mfq$-Modul. + Also ist $\gr(M)$ ebenfalls ein endlich erzeugter $A/\mfq$-Modul und damit insbesondere ein endlich erzeugter $\gr(A)$-Modul. + Nach \cref{thm:hilbert-polynomial} ist dann die Abbildung $\chi(\gr(M),\bullet)$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$. + Es gilt + \begin{align*} + \Delta f_M(n) &= \length_A(M/M_{n+1}) - \length_A(M/M_n) \\ + &= \length_A(M_n/M_{n+1}) \\ + &= \length_{A / \mfq}(M_n/M_{n+1}) \\ + &= \chi(\gr(M), n), + \end{align*} + also ist $\Delta f_M$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$ und nach \cref{lem:kritreium-fuer-polynomartig} ist $f_M$ dann polynomartig vom Grad $\le r$. + \end{proof} +\end{thm} + +\begin{bem} + \label{bem:samuel-polynom} + Das Polynom $P_{f_M}$ heißt \textbf{Samuel-Polynom} und wird im Folgenden auch mit $P((M_i))$ bezeichnet. + Seinen Wert bei einer ganzen Zahl $n$ schreiben wir auch als $P((M_i),n)$. + Der Beweis von \cref{thm:samuel-polynom} zeigt + \begin{equation} + \label{eq:zusammenhang-hilbert-samuel} + \Delta P((M_i)) = Q(\gr(M)), + \end{equation} + wobei $\gr(M)$ der zur Filtrierung $(M_i)$ assozierte graduierte Modul ist. + + Ist $(M_i)$ die $\mfq$-adische Filtrierung auf $M$, so schreiben wir auch $P_\mfq(M)$ anstatt von $P((\mfq^i M))$. + Das nächste Lemma liefert einen Zusammenhang zwischen dem allgemeinen und dem $\mfq$-adischen Fall: +\end{bem} + +\begin{lem} + \label{lem:samuel-polynom-allgemein-und-q-adisch} + Es gilt \begin{equation*} + P_\mfq(M) = P((M_i)) + R, + \end{equation*} + wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(M)) - 1$ mit führendem Koeffizienten $\ge 0$ ist. + \begin{proof} + Sei $m \ge 0$, sodass $M_{n+1} = \mfq M_n$ für alle $n \ge m$. + Für alle $n \ge 0$ gilt dann + \begin{equation*} + \mfq^{n+m} M \subset M_{n+m} = \mfq^n M_m \subset \mfq^n M \subset M_n, + \end{equation*} + also gilt für große $n$: + \begin{equation*} + P_\mfq(M, n+m) \ge P((M_i), n+m) \ge P_\mfq(M, n) \ge P((M_i), n) + \end{equation*} + Demnach müssen $P_\mfq(M)$ und $P((M_i))$ den gleichen führende Term haben. + Außerdem folgt für große $n$ auch $P_\mfq(M, n) - P((M_i), n) \ge 0$, das bedeutet der führende Koeffizient von $P_\mfq(M) - P((M_i))$ muss $\ge 0$ sein. + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{prop} + \label{prop:samuel-polynom-additivitaet} + Ist + \begin{equation*} + 0 \to N \to M \to P \to 0 + \end{equation*} + eine kurze exakte Sequenz von $A$-Moduln mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, $\length_A(N / \mfq N) < \infty$ und $\length_A(P / \mfq P) < \infty$, dann gilt + \begin{equation*} + P_\mfq(M) = P_\mfq(N) + P_\mfq(P) - R, + \end{equation*} + wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(N)) - 1$ ist, dessen führender Koeffizient $\ge 0$ ist. + \begin{proof} + Sei $N_i = \mfq^i M \cap N$. + Nach dem Lemma von Artin-Rees (siehe {}\cite[Lemma~5.1]{eisenbud2004commutative}) ist $(N_i)$ eine $\mfq$-stabile Filtrierung auf $N$ und wir haben für alle $n \ge 0$ eine kurze exakte Sequenz + \begin{equation*} + 0 \to N / N_n \to M / \mfq^n M \to P / \mfq^n P \to 0. + \end{equation*} + Demnach gilt für alle $n \ge 0$ + \begin{equation*} + \length_A(M / \mfq^n M) = \length_A(N / N_n) + \length_A(P / \mfq^n P), + \end{equation*} + also + \begin{equation*} + P_\mfq(M) = P_\mfq((N_i)) + P_\mfq(P). + \end{equation*} + Nach \cref{lem:samuel-polynom-allgemein-und-q-adisch} gilt + \begin{equation*} + P((N_i)) = P_\mfq(N) + R, + \end{equation*} + wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(N)) - 1$ ist, dessen führender Koeffizient $\ge 0$ ist. + Dies zeigt die Behauptung. + \end{proof} +\end{prop} + +\begin{nota} + \label{nota:samuel-polynom-koeffizient} + Ist $d$ eine ganze Zahl $\ge \deg(P_\mfq(M))$, dann bezeichnen wir mit $e_\mfq(M, d)$ die ganze Zahl $\Delta^d P_\mfq(M)$. + Es gilt: + \begin{align*} + e_\mfq(M, d) &= 0 \qquad \text{falls } d > \deg(P_\mfq(M)) \\ + e_\mfq(M, d) &\ge 1 \qquad \text{falls } d = \deg(P_\mfq(M)) + \end{align*} + Ist $d = \deg(P_\mfq(M))$, so gilt außerdem + \begin{equation} + P_\mfq(M, n) \sim e_\mfq(M, d) \frac{n^d}{d!} \qquad \text{für } n \to \infty. + \end{equation} +\end{nota} + +\begin{kor} + \label{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet} + Ist + \begin{equation*} + 0 \to N \to M \to P \to 0 + \end{equation*} + eine kurze exakte Sequenz von $A$-Moduln mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, $\length_A(N / \mfq N) < \infty$ und $\length_A(P / \mfq P) < \infty$, dann gilt für $d \ge \deg(P_\mfq(M))$: + \begin{equation*} + e_\mfq(M, d) = e_\mfq(N, d) + e_\mfq(P, d) + \end{equation*} + \begin{proof} + Dies folgt unmittelbar aus \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet}. + \end{proof} +\end{kor} + +\begin{prop} + \label{prop:samuel-polynom-grad-unabhaengig-von-q} + Sind $\mfq, \mfq'$ Ideale von $A$ mit $\length_A(M/\mfq M) < \infty$ und $\length_A(M/\mfq' M) <~\infty$ und gilt zusätzlich + \begin{equation*} + \Supp(M) \cap V(\mfq) = \Supp(M) \cap V(\mfq'), + \end{equation*} + dann gilt + \begin{equation*} + \deg(P_\mfq(M)) = \deg(P_{\mfq'}(M)). + \end{equation*} + \begin{proof} + Wie im Beweis von \cref{thm:samuel-polynom} können wir $\Ann(M) = 0$ annehmen, also gilt + \begin{equation*} + V(\mfq) = \{\mfm_1,\ldots,\mfm_s\} = V(\mfq'), + \end{equation*} + wobei die $\mfm_i$ maximale Ideal von $A$ sind. + Dann gibt es eine ganze Zahl $m > 0$ mit $\mfq^m \subset \mfq'$ und für alle $n \ge 0$ folgt $\mfq^{nm} \subset {\mfq'}^n$. + Für große $n$ gilt demnach + \begin{equation*} + P_\mfq(M, mn) \ge P_{\mfq'}(M,n) + \end{equation*} + und es folgt $\deg P_\mfq(M) \ge \deg P_{\mfq'}(M)$. + Durch Vertauschen der Rollen von $\mfq$ und $\mfq'$ erhalten wir auch $\deg P_\mfq(M) \le \deg P_{\mfq'}(M)$ und damit $\deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfq'}(M)$. + \end{proof} +\end{prop} + +\section{Dimensionstheorie noetherscher lokaler Ringe} +\label{sec:dimensionstheorie-noetherscher-lokaler-ringe} + +Im Folgenden sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$. +Sei außerdem $M \neq 0$ ein endlich erzeugter $A$-Modul und $\mfq \subset \mfm$ ein Ideal in $A$ mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$. + +Wir bezeichnen mit $d(M)$ den Grad von $P_\mfq(M)$. +Diese Definition ist unabhängig von der Wahl von $\mfq$ mit den obigen Eigenschaften, denn ist $\mfq'$ ein weiteres solches Polynom, dann gilt nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} +\begin{equation*} + \Supp(M) \cap V(\mfq') = \Supp(M / \mfq' M) = \lbrace \mfm \rbrace = \Supp(M / \mfq M) = \Supp(M) \cap V(\mfq). +\end{equation*} +Nach \cref{prop:samuel-polynom-grad-unabhaengig-von-q} folgt also $\deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfq'}(M)$. + +Weiter bezeichnen wir mit $s(M)$ die kleinste natürliche Zahl $n$ mit der Eigenschaft, dass es $x_1, \ldots, x_n \in \mfm$ gibt, sodass $\length_A(M / (x_1, \ldots, x_n) M)$ endlich ist. + +Wir wollen nun $\dim(M) = d(M) = s(M)$ zeigen. Dies ist das Hauptresultat der Dimensionstheorie endlich erzeugter Moduln über noetherschen lokalen Ringen. + +\begin{lem} + \label{lem:d-kleinergleich-s} + Es gilt $d(M) \le s(M)$. + \begin{proof} + Nach der Definition von $s(M)$ gibt es ein Ideal $\mfa \subset \mfm$ von $A$, das von $s(M)$ Elementen erzeugt wird, mit $\length_A(M / \mfa M) < \infty$. + Demnach gilt + \begin{equation*} + d(M) = \deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfa}(M) + \end{equation*} + und nach \cref{thm:samuel-polynom} folgt $d(M) \le s(M)$. + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{lem} + \label{lem:dim-kleinergleich-d} + Es gilt $\dim(M) \le d(M)$. + \begin{proof} + Wir zeigen die Behauptung durch Induktion über $d(M)$. + + Im Fall $d(M) = 0$ ist $P_\mfq(M)$ konstant. + Es gibt ein $k \in \N$, mit der Eingeschaft, dass $P_\mfq(M, n) = \length_A(M / \mfq^n M)$ für alle $n \ge k $ gilt, also gilt $\length_A(M / \mfq^n M) = \length_A(M / \mfq^{n + 1} M)$ für alle $n \ge k$. + Betrachte nun folgende kurze exakte Sequenz: + \begin{equation*} + 0 \to \mfq^n M / \mfq^{n + 1} M \to M / \mfq^{n + 1} M \to M / \mfq^n M \to 0 + \end{equation*} + Da die Länge auf kurzen exakten Sequenzen additiv ist, folgt also $\length_A(\mfq^n M / \mfq^{n + 1} M) =~0$ und damit $\mfq^n M / \mfq^{n + 1} M = 0$, also $\mfq^n M \cong \mfq^{n + 1} M$. + Wegen $\mfq \subset \mfm = \Rad(A)$ gilt nach dem Nakayama Lemma $\mfq^n M = 0$ für alle $n \ge k$. + Sei nun $\mfp \in \Supp(M)$, dann gilt $\mfp \supset \Ann_A(M) \supset \mfq^k$. + Da $\mfp$ prim ist, folgt $\mfp \supset \mfq$ und damit $\mfp \in \Supp(M / \mfq M)$. + Nach Voraussetzung ist aber $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt also, dass $\mfp$ maximal ist. + Demnach sind alle Primideale von $A/\Ann_A(M)$ maximal und folglich gilt + \begin{equation*} + \dim(M) = \dim(A/\Ann_A(M)) = 0. + \end{equation*} + + Sei nun also $d(M) = n \ge 1$ und die Behauptung bereits für $n - 1$ gezeigt. + Sei nun $\mfp_0 \in \Supp(M)$ minimal mit $\dim(M) = \dim(A/\mfp_0)$. + Dann gibt es einen Untermodul $N$ von $M$ mit $N \cong A/\mfp_0$ (siehe {}\cite[Chapter~I, Theorem~1]{serre2000local}). + Nach \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet} + gilt dann $d(N) \le d(M)$, wir können also $M = A / \mfp_0$ annehmen. + Angenommen es gilt $\dim(M) > d(M)$. + Dann gibt es eine echt aufsteigende Kette von Primidealen + \begin{equation*} + \mfp_0 \subsetneq \mfp_1 \subsetneq \cdots \subsetneq \mfp_k + \end{equation*} + mit $k > d(M)$. + Sei $x \in \mfp_1 \setminus \mfp_0$, dann gilt + \begin{equation*} + \dim(M / xM) \ge k - 1 > d(M) - 1. + \end{equation*} + Betrachte nun den Homomorphismus + \begin{equation*} + \cdot x \colon M \to M,\, m \mapsto xm. + \end{equation*} + Da $\mfp_0$ prim ist, ist $M = A / \mfp_0$ ein Integritätsring und damit ist $\cdot x$ injektiv. + Somit erhalten wir folgende kurze exakte Sequenz: + \begin{equation*} + 0 \to M \overset{\cdot x} \to M \to M / xM \to 0 + \end{equation*} + Nach \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet} gilt also $d(M / xM) \le d(M) - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung folgt + \begin{equation*} + d(M) - 1 < \dim(M / xM) \le d(M / xM) \le d(M) - 1. + \end{equation*} + Dies ist ein Widerspruch, also muss bereits $\dim(M) \le d(M)$ gelten. + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{lem} + \label{lem:s-kleinergleich-dim} + Es gilt $s(M) \le \dim(M)$. + \begin{proof} + Wir benutzen Induktion über $ n = \dim(M)$ (nach \cref{lem:dim-kleinergleich-d} wissen wir, dass $\dim(M) < \infty$ gilt). + + Im Fall $n = 0$ gilt $\dim(A / \mfp) = 0$ für alle $\mfp \in \Supp(M)$. + Folglich sind alle $\mfp \in \Supp(M)$ maximale Ideale und damit ist $M$ nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} von endlicher Länge. Wir erhalten also $s(M) = 0$. + + Sei nun $n \ge 1$ und die Behauptung für $n - 1$ bereits gezeigt. + Seien $\mfp_i$ die Primideale in $\Supp(M)$ mit $\dim(A / \mfp_i) = n$. Diese sind minimale Elemente von $\Supp(M)$, folglich sind es nur endlich viele (siehe {}\cite[Chapter~II. 7. Theorem~1]{serre2000local}). + Wegen $n \ge 1$ sind sie nicht maximal und nach dem \emph{Lemma zur Vermeidung von Primidealen} können wir $x \in \mfm$ mit $x \notin \mfp_i$ für alle $i$ wählen (siehe {}\cite[Proposition~1.1.5]{roberts1998multiplicities}). + Dann gilt offenbar $\dim(M / xM) \le \dim(M) - 1$. + Andererseits gilt wegen der Definition von $s(M)$ auch $s(M / xM) \ge s(M) - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung folgt + \begin{equation*} + s(M) - 1 \le s(M / xM) \le \dim(M / xM) \le \dim(M) - 1. + \end{equation*} + Folglich gilt $s(M) \le \dim(M)$. + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{thm} + \label{thm:dim-gleich-d-gleich-s} + Es gilt $\dim(M) = d(M) = s(M)$. + \begin{proof} + Dies folgt aus {}\cref{lem:d-kleinergleich-s,lem:dim-kleinergleich-d,lem:s-kleinergleich-dim}. + \end{proof} +\end{thm} diff --git a/chapters/chapter2.tex b/chapters/chapter2.tex index 8ee6943..cabf6ba 100644 --- a/chapters/chapter2.tex +++ b/chapters/chapter2.tex @@ -1,527 +1,553 @@ % -*- root: ../Ausarbeitung.tex -*- -\chapter{Hilbert-Samuel-Polynome} -\label{cha:hilbert-samuel-polynome} +\chapter{Der Koszul-Komplex} +\label{cha:der-koszul-komplex} -In diesem Kapitel wollen Samuel’s Begriff der Multiplizität eines Moduls bezüglich eines Ideal einführen. -Insbesondere werden wir das Hauptresultat der Dimensionstheorie endlich erzeugter Moduln über noetherschen lokalen Ringen beweisen. +Wir geben nun einen Überblick über Koszul-Komplexe. +Das Hauptresultat dieses Kapitels ist ein Theorem, dass es uns ermöglich Samuel’s Multiplizität mit Hilfe der Euler-Poincaré-Chaakteristik eines bestimmten Koszul-Komplexes zu berechnen. -\section{Ganzzahlige Polynome} -\label{sec:ganzzahlige-polynome} +Im Folgenden sei $A$ ein kommutativer Ring. -\begin{defn}[Binomialpolynom] - \label{defn:binomialpolynom} - Für $k \in \N$ definieren wir das \textbf{$\bm{k}$-te Binomialpolynom} durch - \begin{equation*} - Q_k(X) = \binom{X}{k} = \frac{1}{k!} \prod_{i = 1}^k (X - k + i) \in \Q[X]. - \end{equation*} - Offensichtlich bilden die Binomialpolynome eine $\Q$-Basis von $\Q[X]$. -\end{defn} +\section{Der einfache Fall} +\label{sec:der-einfache-fall} -\begin{defn}[Differenzenoperator] - \label{defn:differenzenoperator} - Sei $Z$ eine abelsche Gruppe und $A \subset \Q$ mit der Eigenschaft - \begin{equation*} - n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A. - \end{equation*} - Dann definieren wir den \textbf{Differenzenoperator} $\Delta$ durch: +\begin{defn} + \label{defn:koszul-komplex-einfach} + Ist $x \in A$, so bezeichnen wir mit $K(x)$ folgenden Komplex: \begin{align*} - \Delta\colon \map(A,Z) &\to \map(A,Z)\\ - f &\mapsto (\Delta f \colon A \to Z,\, n \mapsto f(n+1) - f(n)) + K_i(x) &= 0 \qquad \text{für } i \ne 0,1 \\ + K_1(x) &= A \\ + K_0(x) &= A \\ + \text{Die Abbildung} \qquad d\colon K_1(x) &\to K_0(x) \qquad \text{ist die Multiplikation mit } x + \end{align*} + Aus Notationsgründen bezeichnen wir $1\in K_1(x)$ euch mit $e_x$. + + Ist $M$ ein $A$-Modul, dann bezeichnen wir den Tensorprodukt-Komplex $K(x)\otimes_A M$ mit $K(x,M)$. + Wir bezeichnen den $i$-ten Homologie-Modul von $K(x,M)$ mit $H_i(x, M)$. + Ist $x \in A$ und $M$ ein $A$-Modul, so gilt: + \begin{align*} + {K(x,M)}_n &= 0 \qquad \text{falls } n \ne 0,1, \\ + {K(x,M)}_0 &= K_0(x)\otimes_A M \cong M, \\ + {K(x,M)}_1 &= K_1(x)\otimes_A M \cong M, \\ + \end{align*} + und die Randabbildung + \begin{equation*} + d\colon {K(x,M)}_1 \to {K(x,M)}_0 + \end{equation*} + ist durch die folgende Formel gegeben: + \begin{equation*} + d(e_x \otimes m) = xm \qquad m \in M + \end{equation*} + Die Homologie-Moduln von $K(x,M)$ sind + \begin{align*} + H_i(x,M) &= 0 \qquad \text{falls } i \ne 0,1, \\ + H_0(x,M) &= M/xM, \\ + H_1(x,M) &= \Ann_M(x) = \ker (x_M\colon M \to M). \end{align*} - Offensichtlich ist $\Delta$ ein Homomorphismus abelscher Gruppen. \end{defn} -\begin{lem} - \label{lem:berechnung-r-facher-differenzenoperator} - Sei $Z$ eine abelsche Gruppe, $A\subset \Q$ induktiv und $f\colon A \to Z$ eine Abbildung. - Sind $n \in \Q$ und $r\in \N$ mit $n - r \in A$, so gilt +\begin{prop}[Künneth-Formel für Koszul-Komplexe] + \label{prop:kuenneth-formula-fuer-koszul-komplexe} + Sei $x \in A$ und $L$ ein Komplex von $A$-Moduln. + Dann ist für jedes $p \ge 0$ die Sequenz \begin{equation*} - \Delta^r f(n - r) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p). + 0 \to H_0(x,H_p(L)) \to H_p(K(x) \otimes_A L) \to H_1(x, H_{p - 1}(L)) \to 0 \end{equation*} + exakt. \begin{proof} - Wir beweisen die Behauptung durch Induktion über $r$. Ist $r = 0$, so gilt + Die natürliche Einbettung $A \to K(x)$ liefert eine Einbettung von Komplexen \begin{equation*} - \Delta^r f(n - r) = f(n) = {(-1)}^0 \binom{0}{0} f(n - 0) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p). + L = A \otimes_A L \to K(x) \otimes_A L. + \end{equation*} + Außerdem erhalten wir durch die natürliche Projektion $K(x) \to K_1(x) = A$ einen Epimorphismus von Komplexen + \begin{equation*} + K(x) \otimes_A L \to L[-1], + \end{equation*} + der uns insgesamt die kurze exakte Sequenz + \begin{equation*} + 0 \to L \overset{i}{\to} K(x) \otimes_A L \overset{p}{\to} L[-1] \to 0 + \end{equation*} + liefert. + Also erhalten wir folgende lange exakte Homologiesequenz: + \begin{equation*} + \cdots \overset{\partial}{\to} H_p(L) \to H_p(K(x) \otimes_A L) \to H_p(L[-1]) \overset{\partial}{\to} H_{p - 1}(L) \to \cdots \end{equation*} - Sei also nun $r > 0$ und die Behauptung für $r - 1$ bewiesen, dann gilt: - \begin{align*} - \Delta^r f(n - r) &= \Delta^{r-1} \Delta f(n - r)\\ - &= \Delta^{r-1} \Delta f((n - 1) - (r + 1))\\ - &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} \Delta f((n - 1) - p)\\ - &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} \Big(f\big((n - 1) - p + 1\big) - f((n - 1) - p\big)\Big)\\ - &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p) - \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p - 1)\\ - &= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p) + \sum_{p = 1}^{r} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p - 1} f(n - p)\\ - &= \sum_{p = 0}^{r} {(-1)}^p \left(\binom{r - 1}{p} + \binom{r - 1}{p - 1}\right) f(n - p)\\ - &= \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p) - \end{align*} - \end{proof} -\end{lem} - -\begin{lem} - \label{lem:differenzenoperator-binomialpolynom} - Für $k \in \N$ mit $k > 0$ gilt - \begin{equation*} - \Delta Q_k = Q_{k - 1}. - \end{equation*} - \begin{proof} Es gilt + \begin{align*} + {(K(x) \otimes_A L)}_p &= \bigoplus_{i + j = p} K_i(x) \otimes_A L_j \\ + &= K_0(x) \otimes_A L_p \oplus K_1(x) \otimes_A L_{p -1} + \end{align*} + und die Randabbildung $d\colon {(K(x) \otimes_A L)}_p \to {(K(x) \otimes_A L)}_{p - 1}$ ist durch + \begin{align*} + d(x_0 \otimes y_p + x_1 \otimes y_{p - 1}) &= d(x_0) \otimes y_p + x_0 \otimes d(y_p) + d(x_1) \otimes y_{p - 1} - x_1 \otimes d(y_{p - 1})\\ + &= x_0 \otimes d(y_p) + x \cdot x_0 \otimes y_{p - 1} - x_1 \otimes d(y_{p - 1}) + \end{align*} + gegeben. + Ist $[c] \in H_p(L[-1])$, so gilt $\partial([c]) = [d(\hat{c})] \in H_{p - 1}(L)$, wobei $\hat{c}$ ein Element aus ${(K(x) \otimes_A L)}_p$ mit $p(\hat{c}) = c$ ist. + Ohne Einschränkung sei $\hat{c} = 0 + e_x \otimes c$. + Wegen $c \in Z_p(L[-1])$ folgt dann + \begin{align*} + \partial([c]) = [d(\hat{c})] = [d(0 + e_x \otimes c)] = [x \cdot e_x \otimes c - e_x \otimes d(c)] = x[e_x \otimes c], + \end{align*} + also ist $\partial \colon (H_{p - 1}(L) = H_p(L[-1])) \to H_{p - 1}(L)$ durch die Multiplikation mit $x$ gegeben. + Demnach erhalten wir aus der langen exakten Homologiesequenz die folgenden kurzen exakten Sequenzen: \begin{equation*} - \Delta Q_k(n) = Q_k(n + 1) - Q_k(n) = \binom{n + 1}{k} - \binom{n}{k} = \binom{n}{k - 1} = Q_{k - 1}(n). + 0 \to X_p \to H_p(K(x) \otimes_A L) \to Y_{p - 1} \to 0 \end{equation*} + Dabei sind $X_p$ und $Y_p$ durch + \begin{alignat*}{3} + X_p &= \coker(\cdot x\colon H_p(L) \to H_p(L)) &= H_0(x, H_p(L)) \\ + Y_p &= \ker(\cdot x\colon H_p(L) \to H_p(L)) &= H_1(x, H_p(L)) + \end{alignat*} + gegeben. \end{proof} -\end{lem} +\end{prop} -\begin{deflem}[Ganzzahliges Polynom] - \label{deflem:ganzzahliges-polynom} - Ein Polynom $f \in \Q[X]$ heißt \textbf{ganzzahlig}, wenn die folgenden äquivalenten Bedingungen gelten: - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item $f$ ist eine $\Z$-Linearkombination von Binomialpolynomen $Q_k$. - \item Für alle $z \in \Z$ gilt $f(z) \in \Z$. - \item Es gibt ein $z_0 \in \Z$ mit der Eigenschaft, dass $f(z) \in \Z$ für alle $z \ge z_0$. - \item $\Delta f$ besitzt die Eigenschaft aus (a) und es gibt mindestens ein $z \in \Z$ mit $f(z) \in \Z$. - \end{enumerate} - Ist $f$ solch ein Polynom, dann bezeichnen wir mit $e_k(f)$ den Koeffizienten von $Q_k$ in der Darstellung $f = \sum_{n \in \N} e_k Q_k$. - \begin{proof}[Beweis der Äquivalenz] - Die Implikationen (a) $\Rightarrow$ (b) $\Rightarrow$ (c) und (a) $\Rightarrow$ (d) sind klar. +\begin{defn}[azyklischer Komplex] + \label{defn:azyklischer-komplex} + Sei $M$ ein $A$-Modul und $L$ ein Komplex von $A$-Moduln mit $L_p = 0$ für $p < 0$. + Dann heißt $L$ \textbf{azyklischer Komplex} auf $M$, falls $H_p(L) = 0$ für $p > 0$ und $H_0(L) = M$, also falls + \begin{equation*} + \cdots \to L_1 \to L_0 \to M \to 0 + \end{equation*} + eine Auflösung von $M$ ist. +\end{defn} - Sei also umgekehrt (d) wahr. Da die Binomialpolynome $Q_k$ eine Basis von $\Q[X]$ bilden, gibt es eine eindeutige Darstellung $f = \sum_{k \in \N} e_k Q_k$ mit ${(e_k)}_{k \in \N} \in \Q^{(\N)}$. - Es gilt also $\Delta f = \sum_{k > 0} e_k Q_{k - 1}$ und weil auch die Darstellung von $\Delta f$ eindeutig ist und $\Delta f$ (a) erfüllt, folgt $e_k \in \Z$ für $k > 0$. - Das es mindestens ein $z \in \Z$ mit $f(z) \in \Z$ gibt, folgt auch $e_0 \in \Z$. - Also sind (a) und (d) äquivalent. - - Um die Implikation (c) $\Rightarrow$ (a) zu zeigen, nutzen wir Induktion über den Grad von $f$. - Ist $f$ vom Grad $0$, so ist $f$ konstant und wegen (c) gilt dann $f \in \Z$ und damit (a). - Sei also nun $f$ vom Grad $d > 0$ und die Behauptung wahr für Polynome vom Grad $< d$. - Offensichtlich gilt $\deg \Delta f < \deg f$ und auch $\Delta f$ erfüllt (c). - Also erfüllt $\Delta f$ (a) und damit erfüllt $f$ (d). +\begin{kor} + \label{kor:tensorprodukt-koszul-komplex-azyklischer-komplex} + Sei $M$ ein $A$-Modul, $L$ ein auf $M$ azyklischer Komplex und $x \in A$ kein Nullteiler auf $M$, also $\Ann_M(x) = 0$. + Dann ist $K(x) \otimes_A L$ ein azyklischer Komplex auf $M/xM$. + \begin{proof} + Aus \cref{prop:kuenneth-formula-fuer-koszul-komplexe} folgt: + \begin{align*} + H_p(K(x) \otimes_A L) &= 0 \qquad \text{für } p > 1 \\ + H_1(K(x) \otimes_A L) &= H_1(x,M) = \Ann_M(x) = 0 \\ + H_0(K(x) \otimes_A L) &= H_0(x,M) = M/xM + \end{align*} \end{proof} -\end{deflem} +\end{kor} -Ist $f \in \Q[X]$ ein ganzzahliges Polynom, dann gilt für $k > 0$ offensichtlich $e_k(f) = e_{k - 1}(\Delta f)$. -Insbesondere ist $e_k(f)$ für $\deg(f) \le k$ das konstante Polynom $\Delta^k f$ und es gilt -\begin{equation*} - f(X) = e_k(f) \frac{X^k}{k!} + g(x), -\end{equation*} -wobei $g(x) \in \Q[X]$ mit $\deg(g) < k$. -Ist $\deg(f) = k$, so gilt -\begin{equation*} - f(n) \sim e_k(f) \frac{n^k}{k!} \qquad \text{für } n \to \infty. -\end{equation*} -Es folgt, dass $e_k(f)$ genau dann $> 0$ ist, wenn es ein $z_0 \in \Z$ gibt, sodass $f(z) > 0$ für alle $z \ge z_0$ gilt. +\section{Der allgemeine Koszul-Komplex} +\label{sec:der-allgemeine-koszul-komplex} -\section{Polynomartige Funktionen} -\label{sec:polynomartige-funktionen} - -Im Folgenden sei $A \subset \Z$ mit der Eigenschaft -\begin{equation*} - n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A. -\end{equation*} - -\begin{defn}[Polynomartige Funktion] - \label{defn:polynomartige-funktionen} - Eine Funktion $f\colon A \to \Z$ heißt \textbf{polynomartig}, wenn es ein Polynom $P_f \in \Q[X]$ gibt, das folgende Eigenschaft erfüllt: - Es gibt ein $m \in \Z$ mit der Eigenschaft $f(n) = P_f(n)$ für alle $n \ge m$. - Gibt es solch ein Polynom, so ist es offensichtlich eindeutig durch $f$ bestimmt und ganzzahlig. - Wenn $k$ der Grad von $P_f$ ist, so sagen wir auch, dass $f$ Grad $k$ hat und schreiben $e_k(f)$ anstatt von $e_k(P_f)$. +\begin{defn} + \label{defn:koszul-komplex} + Sei $\bmx = (x_1,\ldots,x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$. + Mit $K(\bmx)$ oder auch mit $K(x_1,\ldots,x_r)$ bezeichnen wir folgenden Tensorprodukt-Komplex: + \begin{equation*} + K(\bmx) = K(x_1)\otimes_A K(x_2) \otimes_A \cdots \otimes_A K(x_r) + \end{equation*} \end{defn} \begin{lem} - \label{lem:kritreium-fuer-polynomartig} - Sei $f\colon A \to \Z$ eine Abbildung, dann sind folgende Aussagen äquivalent: - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item $f$ ist polynomartig vom Grad $\le r$ - \item $\Delta f$ ist polynomartig vom Grad $\le r - 1$ - \item Für alle $s \ge r + 1$ gibt es ein $m \in \Z$, sodass für alle $n \ge m$ gilt: $\Delta^s f(n) = 0$. - \end{enumerate} + \label{lem:koszul-komplex-berechnung} + Sei $\bmx = (x_1,\ldots,x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$. + Dann ist $K_p(\bmx)$ der freie $A$-Modul, der von den Elementen der Form + \begin{equation*} + e_{x_{i_1}}\wedge \cdots \wedge e_{x_{i_p}} = e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \qquad 1 \le i_1 < i_2 < \cdots < i_p \le r + \end{equation*} + erzeugt wird. + Insbesondere gilt also + \begin{equation*} + K_p(\bmx) \cong \bigwedge\nolimits^p(A^r). + \end{equation*} + Die Randabbildung $d\colon K_p(\bmx) \to K_{p - 1}(\bmx)$ ist durch folgende Formel gegeben: + \begin{equation} + \label{eq:koszul-komplex-randabbildung} + d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}}) = \sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} + \end{equation} + Dabei verwenden wir die Konvention, dass das Symbol unter \enquote{$\widehat{\;}$} weggelassen wird. \begin{proof} - Die Implikationen (a) $\Rightarrow$ (b) $\Rightarrow$ (c) sind klar. - - Sei also nun (b) wahr. - Sei $R = \sum_{k \in \N} e_k(P_{\Delta f}) Q_{k+1}$, dann ist $R$ vom Grad $\le r$ und es gilt $\Delta R = P_{\Delta f}$. - Betrachte die Abbildung $g \colon A \to \Z,\, z \mapsto f(z) - R(z)$, dann gilt für $z$ groß genug: + Für $p\in \Z$ sei $I_p^r = \lbrace\bmi \subset \lbrace1,\ldots,r\rbrace \mid \#\bmi = p\rbrace$. Wir haben folgendes zu zeigen: \begin{equation*} - \Delta g(z) = \Delta f(z) -\Delta R(z) = \Delta f(z) - P_{\Delta f}(z) = 0 + K_p(\bmx) = \bigoplus_{\bmi \in I_p^r}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) \end{equation*} - Das bedeutet, für $z$ groß genug ist $g(z) = e_0 \in \Z$ und es folgt $f(z) = R(n) + e_0$ für $z$ groß genug. - Also ist $f$ polynomartig vom Grad $\le r$. - - Die Implikation (c) $\Rightarrow$ (a) folgt durch Induktion über $r$ und Verwendung der Implikation (b) $\Rightarrow$ (a). - \end{proof} -\end{lem} - -\section{Das Hilbert-Polynom} -\label{sec:das-hilbert-polynom} - -Im Folgenden sei nun $H=\bigoplus_{n \in \N} H_n$ ein graduierter Ring mit folgenden Eigenschaften: -\begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item $H_0$ ist artinsch. - \item $H$ wird von $H_0$ und einer endlichen Anzahl an Elementen $x_1,\ldots,x_r \in H_1$ erzeugt. -\end{enumerate} -Es gilt dann $H \cong H_0[X_1,\ldots,X_r]/I$, wobei $I \subset H_0[X_1,\ldots,X_r]$ ein homogenes Ideal ist. -Da $H_0[X_1,\ldots,X_r]$ nach dem Hilbertschen Basissatz noethersch ist, ist es also auch $H$. - -Sei $M = \bigoplus_{n \in \N} M_n$ ein endlich erzeugter graduierter $H$-Modul. -$M$ ist noethersch, also ist für alle $n \in \N$ der $H$-Untermodul $M_{\ge n} \coloneqq \bigoplus_{i \ge n} M_n$ endlich erzeugt. -Es gilt $M_n \cong M_{\ge n}/M_{\ge n+1}$, also ist auch $M_n$ ein endlich erzeugter $H$-Modul und damit auch ein endlich erzeugter $H/\Ann(M_n)$- Modul. -Es gilt -\begin{align*} - H/\Ann(M_n) = H/\Ann(M_{\ge n}/M_{\ge n+1}) = H/\left(\bigoplus_{n\ge 1}H_n\right) \cong H_0, -\end{align*} -also ist $M_n$ ein endlich erzeugter $H_0$-Modul und somit artinsch und noethersch. -Folglich ist er von endlicher Länge und wir können folgende Abbildung definieren: -\begin{align*} - \chi(M,\bullet) \colon \N &\to \N \\ - n &\mapsto \chi(M,n) \coloneqq \length_{H_0}(M_n) -\end{align*} -Dabei ist $\length_{H_0}(M_n)$ die Länge von $M_n$ als $H_0$-Modul. - -\begin{thm}[Hilbert] - \label{thm:hilbert-polynomial} - Die Abbildung $\chi(M,\bullet)$ ist polynomartig vom Grad $\le r-1$. - \begin{proof} - Da jeder endlich erzeugte graduierte $H$-Modul auch ein endlich erzeugter graduierter $H_0[X_1,\ldots,X_r]$-Modul ist, dürfen wir $H = H_0[X_1,\ldots,X_r]$ annehmen. - - Wir beweisen die Behauptung nun durch Induktion über $r$. - - Im Fall $r = 0$ ist $M$ ein endlich erzeugter $H_0$-Modul und damit von endlicher Länge. - Es gilt $M_n = 0$ für große $n$ und damit ist $\chi(M,\bullet)$ polynomartig vom Grad $-1$. - - Wir nehmen nun $r > 0$ an und, dass die Behauptung für $r - 1$ bereits gezeigt wurde. - Seien $N$ und $R$ der Kern und der Kokern des Endomorphismus $\Phi\colon M \to M,\, m \mapsto X_r \cdot m$. - Das sind graduierte Moduln und wir erhalten die exakten Sequenzen: - \begin{equation*} - 0 \to N_n \to M_n \overset{\Phi}{\to}M_{n+1} \to R_{n+1} \to 0 - \end{equation*} - Es folgt - \begin{equation*} - \Delta\chi(M,n) = \chi(M,n+1) - \chi(M,n) = \chi(R,n+1) -\chi(N,n). - \end{equation*} - Wegen $X_r R = X_r N = 0$ können wir $R$ und $N$ als graduierte $H_0[X_1,\ldots,X_{r-1}]$-Moduln betrachten. - Nach der Induktionsvoraussetzung sind dann $\chi(R,\bullet)$ und $\chi(N,\bullet)$ polynomartige Funktionen vom Grad $\le r-2$, also auch $\Delta\chi(M,\bullet)$. - Nach \cref{lem:kritreium-fuer-polynomartig} ist dann $\chi(M,\bullet)$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$. - \end{proof} -\end{thm} - -\begin{nota} - \label{nota:hilbert-polynomial} - Das Polynom $P_{\chi(M,\bullet)}$ heißt \textbf{Hilbert-Polynom} und wird auch mit $Q(M)$ bezeichnet. - Seinen Wert bei einer ganzen Zahl $n$ schreiben wir auch als $Q(M,n)$. - Offensichtlich gilt $Q(M) = 0$ genau dann, wenn $\length_{H_0}(M) < \infty$. -\end{nota} - -\section{Das Samuel-Polynom} -\label{sec:das-samuel-polynom} -Im Folgenden sei $A$ ein noetherscher kommutativer Ring und $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul. - -\begin{lem} - \label{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} - Es gilt $\length_A(M) < \infty$ genau dann, wenn alle Elemente in $\Supp(M)$ maximale Ideale sind. - \begin{proof} - {}\cite[Corollary~2.17]{eisenbud2004commutative}. - \end{proof} -\end{lem} - -Sei nun $\mfq$ ein Ideal von $A$. -Da $A$ noethersch ist, wird $\mfq$ von $r$ Elementen $x_1,\ldots,x_r$ erzeugt. -Wir nehmen zusätzlich Folgendes an: -\begin{equation} - \label{eq:laenge-kleiner-unendlich} - \length_{A}(M/\mfq M) < \infty. -\end{equation} -Wegen $\Supp(M) \cap V(\mfq) = \Supp(M/\mfq M)$ ist das nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} äquivalent zu: -\begin{equation} - \label{eq:elemente-in-supp} - \text{Alle Elemente in }\Supp(M) \cap V(\mfq)\text{ sind maximale Ideale.} -\end{equation} - - -Sei weiter $(M_i)$ eine $\mfq$-stabile Filtrierung auf $M$, das heißt -\begin{align*} - &M = M_0 \supset M_1 \supset \ldots,\\ - &M_i \supset \mfq M_{i-1},\\ - &M_i = \mfq M_{i-1} \text{ für große i.} -\end{align*} -Wegen $V(\mfq) = V(\mfq^n)$ für alle $n > 0$ sind die $A$-Moduln $M/\mfq^n M$ von endlicher Länge und wegen $M_n \supset \mfq^n M$ auch die $A$-Moduln $M/M_n$. -Demnach ist die Abbildung -\begin{align*} - f_M \colon \N &\to \N \\ - n &\mapsto \length_{A}(M/M_n) -\end{align*} -wohldefiniert. - -\begin{thm}[Samuel] - \label{thm:samuel-polynom} - Die Abbildung $f_M$ ist polynomartig vom Grad $\le r$. - \begin{proof} - Wir können $\Ann(M) = 0$ annehmen: - Sei $A' = A/\Ann(M)$ und $\mfq'$ das Bild von $q$ in $A'$. - Dann ist $(M_i)$ auch eine $\mfq'$-stabile Filtrierung auf $M$ als $A'$-Modul und es gilt offensichtlich $\length_A(M/M_n) = \length_{A'}(M/M_n)$ und $\Ann_{A'}(M) = 0$. - - Nach \cref{eq:elemente-in-supp} sind dann alle Elemente in $V(\mfq)$ maximale Ideale, also ist $A/\mfq$ artinsch. - Der zu $\mfq$ assozierte graduierte Ring - \begin{equation*} - H = \gr_{\mfq}(A) = \bigoplus_{n\in \N} \mfq^n/\mfq^{n+1} - \end{equation*} - wird von $H_0 = A/\mfq$ und den Elementen $x_1,\ldots,x_r$ erzeugt. - Weiter ist - \begin{equation*} - \gr(M) = \bigoplus_{n\in \N} M_n/M_{n+1} - \end{equation*} - ein graduierte $H$-Modul. - Nach Voraussetzung gibt es ein $n_0\in \N$ mit $M_{n+1} = \mfq M_n$ für alle $n \ge n_0$, also wird $\gr(M)$ von - \begin{equation*} - M_0/M_1 \oplus \cdots \oplus M_{n_0}/M_{n_0+1} - \end{equation*} - erzeugt. - Für alle $i\in \N$ ist wegen der Injektion $M_i/M_{i+1} \hookrightarrow M/M_{i+1}$, und weil $M/M_{i+1}$ noethersch is, auch $M_i/M_{i+1}$ noethersch. - Insbesondere ist also $M_i/M_{i+1}$ ein endlich erzeugter $A$-Modul und wegen $\mfq \subset \Ann(M_i/M_{i+1})$ auch ein endlich erzeugter $A/\mfq$-Modul. - Also ist $\gr(M)$ ebenfalls ein endlich erzeugter $A/\mfq$-Modul und damit insbesondere ein endlich erzeugter $\gr_\mfq(A)$-Modul. - Nach \cref{thm:hilbert-polynomial} ist dann die Abbildung $\chi(\gr(M),\bullet)$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$. - Es gilt + Dies beweisen wir durch Induktion über $r$. + Im Fall $r = 1$ gilt $I_0^1 = \lbrace\emptyset\rbrace$, $I_1^1 = \lbrace\lbrace1\rbrace\rbrace$ und für $p \notin \lbrace0, 1\rbrace$ gilt $I_p^1 = \emptyset$. + Damit folgt: \begin{align*} - \Delta f_M(n) &= \length_A(M/M_{n+1}) - \length_A(M/M_n) \\ - &= \length_A(M_n/M_{n+1}) \\ - &= \length_{A / \mfq}(M_n/M_{n+1}) \\ - &= \chi(\gr(M), n), + K_0(\bmx) &= K_0(x_1) = \bigoplus_{\bmi \in I_0^1}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ + K_1(\bmx) &= K_1(x_1) = \bigoplus_{\bmi \in I_1^1}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ + K_p(\bmx) &= K_p(x_1) = 0 = \bigoplus_{\bmi \in I_p^1}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) && \text{für }p \notin \lbrace0, 1\rbrace + \end{align*} + Für die Randabbildung $d\colon K_1(x_1) \to K_0(x_1)$ im Grad $1$ gilt + \begin{align*} + d(e_{x_{i_1}}) &= x_1 \cdot 1 \\ + &= {(-1)}^{1 + 1} x_1 \widehat{e_{x_{i_1}}}\otimes 1 \\ + &= \sum_{k=1}^1 {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(1 - 1 + 1)\text{-mal}}. + \end{align*} + In den anderen Graden ist die Randabbildung nach \cref{defn:koszul-komplex-einfach} immer $0$ und auch die Formel aus \cref{eq:koszul-komplex-randabbildung} ergibt $0$. + + Sei also nun $r > 1$ und die Behauptung für alle $s\in \N$ mit $0 \le s < r$ bereits bewiesen. + Sei außerdem $\bmx' = (x_1,\ldots,x_{r-1})$. + Dann gilt: + \begin{align*} + K_p(\bmx) &= \bigoplus_{i + j = p} K_i(\bmx') \otimes_A K_j(x_r)\\ + &= \bigoplus_{j \in \lbrace0,1\rbrace} K_{p - j}(\bmx') \otimes_A K_j(x_r)\\ + &= \poplus\bigoplus_{\bmi \in I_p^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r - 1\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) \otimes_A K_0(x_r)\\ + &\peq \oplus \bigoplus_{\bmi \in I_{p - 1}^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r - 1\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) \otimes_A K_1(x_r)\\ + &= \poplus\bigoplus_{\bmi \in I_p^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ + &\peq \oplus \bigoplus_{\bmi \in I_{p - 1}^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi \cup \lbrace r \rbrace}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus (\bmi \cup \lbrace r \rbrace)}K_0(x_i)\right)\right)\\ + &= \poplus \bigoplus_{\substack{\bmi \in I_{p}^{r}\\r \notin \bmi}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ + &\peq \oplus \bigoplus_{\substack{\bmi \in I_{p}^{r}\\r \in \bmi}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ + &= \bigoplus_{\substack{\bmi \in I_{p}^{r}\\r \in \bmi}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ + &= \bigoplus_{\bmi \in I_p}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) + \end{align*} + Nun betrachten wir die Randabbildung $d\colon K_p(\bmx) \to K_{p - 1}(\bmx)$. + Dabei unterscheiden wir die zwei Fälle $r \in \lbrace i_1, \ldots, i_p\rbrace$ und $r \notin \lbrace i_1, \ldots, i_p\rbrace$. Im ersten Fall gilt: + \begin{align*} + & d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - 1 - p)\text{-mal}} \otimes \underbrace{1}_{\in K_0(x_r)}) \\ + =& d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - 1 - p)\text{-mal}}) \otimes 1 + {(-1)}^p e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - 1 - p)\text{-mal}} \otimes \underbrace{d(1)}_{= 0} \\ + =& \left(\sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}}\right) \otimes 1 \\ + =& \sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} + \end{align*} + Im zweiten Fall können wir ohne Einschränkung $r = i_p$ annehmen. + Dann gilt: + \begin{align*} + & d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}}) \\ + =&\pplus d(e_y{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{((r - 1) - (p - 1))\text{-mal}}) \otimes e_{x_{i_p}} \\ + &+ {(-1)}^{p + 1} e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \otimes d(e_{x_{i_p}}) \\ + =& \pplus \left( \sum_{k=1}^{p - 1} {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}}\right) \otimes e_{x_{i_p}} \\ + & + {(-1)}^{p+1} e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \otimes (x_{i_p} \cdot 1) \\ + =& \pplus \sum_{\substack{k=1\\k\ne p}}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \\ + & + {(-1)}^{p + 1} x_{i_p} e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \\ + =& \sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \end{align*} - also ist $\Delta f_M$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$ und nach \cref{lem:kritreium-fuer-polynomartig} ist dann $f_M$ polynomartig vom Grad $\le r$. \end{proof} -\end{thm} +\end{lem} +\begin{defn}[Koszul-Komplex] + \label{defn:koszul-komplex-modul} + Ist $\bmx = (x_1,\ldots,x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$ und $M$ ein $A$-Modul, so bezeichnen wir den Tensorprodukt-Komplex $K(\bmx)\otimes_A M$ mit $K(\bmx,M)$ oder auch $K(x_1,\ldots,x_r;M)$. Wegen \cref{lem:koszul-komplex-berechnung} gilt + \begin{equation*} + K_p(\bmx, M) = \bigoplus_{\bmi \in I_p^r}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\otimes_A M\right) + \end{equation*} + und die Randabbildung $K_p(\bmx, M) \to K_{p - 1}(\bmx, M)$ ist durch folgende Formel gegeben: + \begin{equation} + \label{eq:koszul-komplex-modul-randabbildung} + \begin{aligned} + &d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \otimes m) \\ + =&\sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \otimes m + \end{aligned} + \end{equation} + Wir bezeichnen den $p$-ten Homologiemodul von $K(\bmx, M)$ mit $H_p(\bmx, M)$. + Wir bezeichnen mit $\bmx$ auch das Ideal $(x_1, \ldots,x_r)$. + Offensichtlich gilt: + \begin{align*} + H_0(\bmx, M) &= M/\left(\bigoplus_{i = 1}^r x_i M \right) = M/\bmx M \\ + H_r(\bmx, M) &= \lbrace m \in M \mid x_i m = 0 \text{ für alle } i \rbrace + \end{align*} +\end{defn} \begin{bem} - \label{bem:samuel-polynom} - Das Polynom $P_{f_M}$ heißt \textbf{Samuel-Polynom} und wird im Folgenden auch mit $P((M_i))$ bezeichnet. - Seinen Wert bei einer ganzen Zahl $n$ schreiben wir auch als $P((M_i),n)$. - Der Beweis von \cref{thm:samuel-polynom} zeigt - \begin{equation} - \label{eq:zusammenhang-hilbert-samuel} - \Delta P((M_i)) = Q(\gr(M)), - \end{equation} - wobei $\gr(M)$ der zur Filtrierung $(M_i)$ assozierte graduierte Modul ist. - - Ist $(M_i)$ die $\mfq$-adische Filtrierung auf $M$, so schreiben wir auch $P_\mfq(M)$ anstatt von $P((\mfq^i M))$. - Das nächste Lemma liefert einen Zusammenhang zwischen dem allgemeinen und dem $\mfq$-adischen Fall: + \label{bem:koszul-komplex-unabhaening-von-grundring} + Wenn wir den zu Grunde liegenden Ring $A$ nennen wollen, dann schreiben wir $K^A(\bmx)$, $H^A_p(\bmx)$, $K^A(\bmx, M)$ und $H^A_p(\bmx, M)$. Tatsächlich ist $K(\bmx, M)$ und damit auch $H_p(\bmx, M)$ aber nicht vom Grundring $A$ abhängig, sondern nur von der abelschen Gruppe $M$ und den Gruppenhomomorphismen $x_i\colon M \to M$, wie das folgende Lemma zeigt. \end{bem} \begin{lem} - \label{lem:samuel-polynom-allgemein-und-q-adisch} - Es gilt \begin{equation*} - P_\mfq(M) = P((M_i)) + R, + \label{lem:koszul-komplex-unabhaening-von-grundring} + Seien $A$ und $B$ kommutative Ringe und sei $M$ sowohl ein $A$-Modul, als auch ein $B$-Modul. + Weiter seien $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$ und $\bmy = (y_1, \ldots, y_r)$ eine Familie von Elementen aus $B$ mit der Eingeschaft, dass die Multiplikation mit $x_i$ und $y_i$ für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, r \rbrace$ jeweils den gleichen Gruppenhomomorphismus $\psi_i$ auf $M$ liefert. + Dann gibt es einen Isomorphismus vom Komplexen von abelschen Gruppen + \begin{equation*} + K^A(\bmx, M) \cong K^B(\bmy, M), \end{equation*} - wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(M)) - 1$ mit führendem Koeffizienten $\ge 0$ ist. + der natürlich in $M$ ist. \begin{proof} - Sei $m \ge 0$, sodass $M_{n+1} = \mfq M_n$ für alle $n \ge m$. - Für alle $n \ge 0$ gilt dann - \begin{equation*} - \mfq^{n+m} M \subset M_{n+m} = \mfq^n M_m \subset \mfq^n M \subset M_n, + Es gilt: + \begin{align*} + K^A_p(\bmx, M) &= K^A_p(\bmx) \otimes_A M \\ + &\cong A^{\binom{r}{p}} \otimes_A M \\ + &\cong M^{\binom{r}{p}} \\ + &\cong B^{\binom{r}{p}} \otimes_B M \\ + &\cong K^B_p(\bmy) \otimes_B M \\ + &= K^B_p(\bmy, M) + \end{align*} + Wir müssen also nur noch zeigen, dass diese Ismorphismen mit den Randabbildungen von $K^A(\bmx, M)$ und $K^B(\bmy, M)$ kompatibel sind. Es gibt eine Bijektive Abbildung \begin{equation*} + \phi_p \colon I_p \to \left\lbrace 1, \ldots, \binom{r}{p} \right\rbrace. \end{equation*} - also gilt für große $n$: - \begin{equation*} - P_\mfq(M, n+m) \ge P((M_i), n+m) \ge P_\mfq(M, n) \ge P((M_i), n) - \end{equation*} - Demnach müssen $P_\mfq(M)$ und $P((M_i))$ den gleichen führende Term haben. - Außerdem folgt für große $n$ auch $P_\mfq(M, n) - P((M_i), n) \ge 0$, das bedeutet der führende Koeffizient von $P_\mfq(M) - P((M_i))$ muss $\ge 0$ sein. + Die Randabbildungen von $K^A(\bmx, M)$ und $K^B(\bmy, M)$ liefern dann jeweils beide die Abbildung: + \begin{align*} + d\colon M^{\binom{r}{p}} &\to M^{\binom{r}{p - 1}} \\ + (0, \ldots, 0, \underbrace{m}_{\mathclap{\phi_p(\lbrace i_1, \ldots, i_p \rbrace)\text{-te Stelle}}}, 0, \ldots, 0) &\mapsto \sum_{j = 1}^p {(-1)}^{j + 1} (0, \ldots, 0, \underbrace{\psi_j(m)}_{\mathclap{\phi_{p - 1}(\lbrace i_1, \ldots, i_{j - 1}, \widehat{i_{j}}, i_{j + 1}, \ldots, i_p \rbrace)\text{-te Stelle}}}, 0, \ldots, 0) + \end{align*} + Die Natürlichkeit ist klar. \end{proof} \end{lem} +\begin{defn}[Reguläre Folge] + \label{defn:regulaere-folge} + Sei $M$ ein $A$-Modul. Eine Familie $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ von Elementen aus $A$ heißt \textbf{$\bm{M}$-reguläre Folge}, falls für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, r \rbrace$ gilt, dass $x_i$ kein Nullteiler auf $M / (x_1, \ldots ,x_{i - 1}) M$ ist. +\end{defn} + \begin{prop} - \label{prop:samuel-polynom-additivitaet} - Ist - \begin{equation*} - 0 \to N \to M \to P \to 0 - \end{equation*} - eine kurze exakte Sequenz von $A$-Moduln mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, $\length_A(N / \mfq N) < \infty$ und $\length_A(P / \mfq P) < \infty$, dann gilt - \begin{equation*} - P_\mfq(M) = P_\mfq(N) + P_\mfq(P) - R, - \end{equation*} - wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(N)) - 1$ mit führendem Koeffizienten $\ge 0$ ist. + \label{prop:koszul-komplex-modul-null-bedingun} + Wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen aus \cref{defn:koszul-komplex-modul} $\bmx$ eine $M$-reguläre Folge ist, dann gilt $H_p (\bmx, M) = 0$ für alle $p > 0$. \begin{proof} - Sei $N_i = \mfq^i M \cap N$. - Nach dem Lemma von Artin-Rees (siehe {}\cite[Lemma~5.1]{eisenbud2004commutative}) ist $(N_i)$ eine $\mfq$-stabile Filtrierung auf $N$ und wir haben für alle $n \ge 0$ eine kurze exakte Sequenz + Für $r = 1$ ist die Behauptung war, denn $\Ann_M(x_1) = H_1(x_q,M) = 0$ bedeutet gerade, dass $x_1$ kein Nullteiler auf $M$ ist. + + Sei also nun $r > 1$ und die Behauptung wahr für $r - 1$. + Es gilt + \begin{align*} + H_p(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M) &= 0 \qquad \text{für } p \ne 0, \\ + H_0(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M) &= M/(x_1, \ldots, x_{r - 1})M, + \end{align*} + also ist $K(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M)$ ein azyklischer Komplex auf $M/(x_1, \ldots, x_{r - 1})M$. + Nach Voraussetzung ist $x_r$ kein Nullteiler auf $M/(x_1, \ldots, x_{r - 1})M$, also ist \begin{equation*} - 0 \to N / N_n \to M / \mfq^n M \to P / \mfq^n P \to 0. + K(\bmx, M) = K(x_r) \otimes_A K(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M) \end{equation*} - Demnach gilt für alle $n \ge 0$ - \begin{equation*} - \length_A(M / \mfq^n M) = \length_A(N / N_n) + \length_A(P / \mfq^n P), - \end{equation*} - also - \begin{equation*} - P_\mfq(M) = P_\mfq((N_i)) + P_\mfq(P). - \end{equation*} - Nach \cref{lem:samuel-polynom-allgemein-und-q-adisch} gilt - \begin{equation*} - P((N_i)) = P_\mfq(N) + R, - \end{equation*} - wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(N)) - 1$ mit führendem Koeffizienten $\ge 0$ ist. - Dies zeigt die Behauptung. - \end{proof} + nach \cref{kor:tensorprodukt-koszul-komplex-azyklischer-komplex} ein azyklischer Komplex auf $M/(x_1, \ldots, x_r)M$ und damit folgt die Behauptung. + \end{proof} \end{prop} -\begin{nota} - \label{nota:samuel-polynom-koeffizient} - Ist $d$ eine ganze Zahl $\ge \deg(P_\mfq(M))$, dann bezeichnen wir mit $e_\mfq(M, d)$ die ganze Zahl $\Delta^d P_\mfq(M)$. - Es gilt: - \begin{align*} - e_\mfq(M, d) &= 0 \qquad \text{falls } d > \deg(P_\mfq(M)) \\ - e_\mfq(M, d) &\ge 1 \qquad \text{falls } d = \deg(P_\mfq(M)) - \end{align*} - Ist $d = \deg(P_\mfq(M))$, so gilt außerdem - \begin{equation} - P_\mfq(M, n) \sim e_\mfq(M, d) \frac{n^d}{d!} \qquad \text{für } n \to \infty. - \end{equation} -\end{nota} +\begin{bem} + \label{bem:koszul-komplex-funktorialität} + Ist $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$, dann ist + \begin{equation*} + K(\bmx, \bullet)\colon \Mod_A \to \Ch(\Mod_A) + \end{equation*} + ein Funktor. + Dieser ist exakt, denn ${K(\bmx)}_p$ ist der freie $A$-Modul vom Rang $\binom{r}{p}$ und damit insbesodere flach. + Demnach ist ${(H_p(\bmx, \bullet) = H_p\circ K(\bmx,\bullet))}_{p \in \N}$ ein homologischer $\delta$-Funktor von $\Mod_A$ nach $\Mod_A$. + Desweiteren gibt es einen natürlichen Isomorphismus + \begin{equation*} + \psi_0 \colon H_0(\bmx, \bullet) \to (A/\bmx) \otimes_A \bullet + \end{equation*} + und weil ${(\Tor^A_p(A/\bmx, \bullet))}_{p \in \N}$ ein universeller $\delta$-Funktor von von $\Mod_A$ nach $\Mod_A$ ist, setzt sich $\psi_0$ eindeutig zu einem Morphismus von $\delta$-Funktoren + \begin{equation*} + \psi \colon {(H_p(\bmx, \bullet))}_{p \in \N} \to {(\Tor^A_p(A/\bmx, \bullet))}_{p \in \N} + \end{equation*} + fort. +\end{bem} \begin{kor} - \label{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet} - Ist + \label{kor:isomorphie-koszul-homologie-tor} + Sei $\bmx$ eine $A$-reguläre Folge. + Dann ist \begin{equation*} - 0 \to N \to M \to P \to 0 - \end{equation*} - eine kurze exakte Sequenz von $A$-Moduln mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, $\length_A(N / \mfq N) < \infty$ und $\length_A(P / \mfq P) < \infty$, dann gilt für $d \ge \deg(P_\mfq(M))$: - \begin{equation*} - e_\mfq(M, d) = e_\mfq(N, d) + e_\mfq(P, d) + \psi \colon {(H_p(\bmx, \bullet))}_{p \in \N} \to {(\Tor^A_p(A/\bmx, \bullet))}_{p \in \N} \end{equation*} + ein Isomorphismus von $\delta$-Funktoren. \begin{proof} - Dies folgt unmittelbar aus \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet}. + Nach \cref{prop:koszul-komplex-modul-null-bedingun} ist $H_p(\bmx, A) = 0$ für $p > 0$ und es gilt $H_0(\bmx, A) = A / \bmx$. + Also ist $K(\bmx) = K(\bmx, A)$ ein azyklischer Komplex auf $A / \bmx$, also ist + \begin{equation*} + \cdots \to K_1(\bmx) \to K_0(\bmx) \to A / \bmx \to 0 + \end{equation*} + eine Auflösung. + Da $K_p(\bmx)$ der freie $A$-Modul vom Rang $\binom{r}{p}$ ist, ist diese Auflösung frei. + Insbesondere ist sie projektiv und damit folgt die Behauptung. \end{proof} \end{kor} \begin{prop} - \label{prop:samuel-polynom-grad-unabhaengig-von-q} - Sind $\mfq, \mfq'$ Ideale von $A$ mit $\length_A(M/\mfq M) < \infty$ und $\length_A(M/\mfq' M) < \infty$ und gilt zusätzlich + \label{prop:koszul-homologie-annihilator} + Sei $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$ und $M$ ein $A$-Modul. + Für alle $p \in \Z$ gilt dann \begin{equation*} - \Supp(M) \cap V(\mfq) = \Supp(M) \cap V(\mfq'), + \bmx \subset \Ann_A(H_i(\bmx, M)) \end{equation*} - dann gilt + und \begin{equation*} - \deg(P_\mfq(M)) = \deg(P_{\mfq'}(M)). + \Ann_A(M) \subset \Ann_A(H_i(\bmx, M)). \end{equation*} \begin{proof} - Wie im Beweis von \cref{thm:samuel-polynom} können wir $\Ann(M) = 0$ annehmen, also gilt + Sei $B = A[X_1, \ldots, X_r]$. Wir definieren eine $B$-Modul-Struktur auf $A$ durch $X_i a = 0$ für alle $a \in A$ und und eine $B$-Modul-Struktur auf $M$ durch $X_i m = x_i m$ für alle $m \in M$. + Nach \cref{lem:koszul-komplex-unabhaening-von-grundring} sind außerdem $K^A(\bmx, M)$ und $K^B(X_1, \ldots, X_r; M)$ als Komplexe abelscher Gruppen isomorph. + Da $(X_1, \ldots, X_r)$ eine reguläre Folge auf $M$ ist, folgt also \begin{equation*} - V(\mfq) = \{\mfm_1,\ldots,\mfm_s\} = V(\mfq'), + H_p(\bmx, M) \cong H_p(X_1, \ldots, X_r; M) \cong \Tor^B_p(B/(X_1, \ldots, X_R), M) \cong \Tor^B_p(A, M). \end{equation*} - wobei die $\mfm_i$ maximale Ideal von $A$ sind. - Dann gibt es eine ganze Zahl $m > 0$ mit $\mfq^m \subset \mfq'$ und für alle $n \ge 0$ folgt $\mfq^{nm} \subset {\mfq'}^n$. - Für große $n$ gilt demnach - \begin{equation*} - P_\mfq(M, mn) \ge P_{\mfq'}(M,n) - \end{equation*} - und es folgt $\deg P_\mfq(M) \ge \deg P_{\mfq'}(M)$. - Durch Vertauschen der Rollen von $\mfq$ und $\mfq'$ erhalten wir auch $\deg P_\mfq(M) \le \deg P_{\mfq'}(M)$ und damit $\deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfq'}(M)$. + Durch den Ringhomomorphismus $A \hookrightarrow B$ wird auf $\Tor^B_p(A, M)$ eine $A$-Modulstruktur definiert, die offensichtlich mit der $A$-Modulstruktur von $H_p(\bmx, M)$ übereinstimmt. + Also ist der obige Gruppenisomorphismus sogar ein Ismomorphismus von $A$-Moduln. + Insbesondere gilt für alle $a \in A$ mit $a \in \Ann_B(\Tor^B_p(A, M))$ auch $a \in \Ann_A(H_p(\bmx, M))$. + Nun gilt + \begin{align*} + \Ann_{B}(\Tor^B_p(A,M)) &\supset \Ann_B(A) + \Ann_B(M) \\ + &= (X_1, \ldots, X_r) + \Ann_B(M) \\ + &\supset (X_1, \ldots, X_r) + \Ann_A(M) + (X_1 - x_1, \ldots, X_r - x_r) + \end{align*} + und es folgt die Behauptung. \end{proof} \end{prop} -\section{Dimensionstheorie noetherscher lokaler Ringe} -\label{sec:dimensionstheorie-noetherscher-lokaler-ringe} +\begin{bem} + \label{koszul-komplex-lokalisierung-und-vervollstaendigung} + Sei $M$ ein $A$-Modul und $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$. + + Ist $S \subset A$ eine multiplikative Menge, so gilt $K(\bmx, M_S) = {K(\bmx, M)}_S$, denn die Funktoren $\bullet_S\colon \Mod_A \to \Mod_{A_S}$ und $\bullet \otimes_A A_S \colon \Mod_A \to \Mod_{A_S}$ sind natürlich isomorph. -Im Folgenden sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$. -Sei außerdem $M \neq 0$ ein endlich erzeugter $A$-Modul und $\mfq \subset \mfm$ ein Ideal in $A$ mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$. + Statten wir die $M$ und $K(\bmx, M)$ jeweils mit der $\bmx$-adischen Filtrierung aus, so gilt $K(\bmx, \widehat{M}) = \widehat{K(\bmx, M)}$, denn + \begin{equation*} + K_p(\bmx, \widehat{M}) \cong \bigoplus_{i = 1}^{\binom{r}{p}} \widehat{M} + = \prod_{i = 1}^{\binom{r}{p}} \widehat{M} + \cong \widehat{\prod_{i = 1}^{\binom{r}{p}} M} + \cong \widehat{\bigoplus_{i = 1}^{\binom{r}{p}} M} + \cong \widehat{K_p(\bmx, M)} + \end{equation*} + und dieser Isomorphismus ist offensichtlich kompatibel mit den Randabbildungen. +\end{bem} -Wir bezeichnen mit $d(M)$ den Grad von $P_\mfq(M)$. -Diese Definition ist unabhängig von der Wahl von $\mfq$ mit den obigen Eigenschaften, denn ist $\mfq'$ ein weiteres solches Polynom, dann gilt nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} +\section{Die Filtrierung eines Koszul-Komplexes} +\label{sec:die-filtrierung-eines-koszu-komplexes} + +\begin{defn}[Euler-Poincaré-Charakteristik] + \label{defn:euler-poincare-charakteristik} + Sei $A$ ein Ring und $K$ ein beschränkter Komplex von $A$-Moduln. + Ist $\length_A(K_p) < \infty$ für alle $p \in \Z$, so definieren wir die \textbf{Euler-Poincaré-Charakteristik} von $K$ durch + \begin{equation*} + \chi(K) = \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \length_A(K_p). + \end{equation*} + Ist $\length_A(H_p(K)) < \infty$ für alle $p \in \Z$, so definieren wir sie durch + \begin{equation*} + \chi(K) = \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \length_A(H_p(K)). + \end{equation*} + Sind beide Voraussetzungen gegeben, so stimmen die beiden Definitionen überein, da die Länge additiv auf kurzen exakten Sequenzen ist. +\end{defn} + +Im Folgenden sei $A$ ein lokaler noetherscher Ring, das Ideal $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ von $A$ sei im maximalen Ideal von $A$ enthalten und $M$ sei ein endlich erzeugter $A$-Modul mit $\length_A(M / \bmx M) < \infty$. +Die $A$-Moduln $H_p(\bmx, M)$ sind endlich erzeugt und für $\mfp \in \Supp(H_p(\bmx, M))$ gilt $\mfp \supset \Ann_A(H_p(\bmx, M))$. +Nach \cref{prop:koszul-homologie-annihilator} gilt also insbesondere $\mfp \supset \bmx + \Ann_A(M) = \Ann_A(M / \bmx M)$. +Damit gilt $\mfp \in \Supp(M / \bmx M)$, also ist $\mfp$ nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} ein maximales Ideal und wieder mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt $\length_A(H_p(\bmx, M)) < \infty$. + +\begin{defn}[Euler-Poincaré-Charakteristik des Koszulkomplexes] + \label{defn:euler-poincare-charakteristik-des-koszul-komplexes} + Wir definieren die \textbf{Euler-Poincaré-Charakteristik} zu $(\bmx, M)$ durch + \begin{equation*} + \chi(\bmx, M) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \length_A(H_p(\bmx, M)). + \end{equation*} +\end{defn} + +Das Samuel-Polynom $P_{\bmx}(M)$ ist nach \cref{thm:samuel-polynom} vom Grad $\le r$ und es gilt \begin{equation*} - \Supp(M) \cap V(\mfq') = \Supp(M / \mfq' M) = \lbrace \mfm \rbrace = \Supp(M / \mfq M) = \Supp(M) \cap V(\mfq). + P_{\bmx}(M, r) = e_{\bmx}(M, r)\frac{n^r}{r!} + Q(n), \end{equation*} -Nach \cref{prop:samuel-polynom-grad-unabhaengig-von-q} folgt also $\deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfq'}(M)$. +wobei $Q$ ein Polynom in $\in \Q[X]$ vom Grad $< r$ ist und wir mit $e_{\bmx}(M, r)$ das konstante Polynom $\Delta^r P_{\bmx}(M)$ bezeichnen. -Weiter bezeichnen wir mit $s(M)$ die kleinste natürliche Zahl $n$ mit der Eigenschaft, dass es $x_1, \ldots, x_n \in \mfm$ gibt, sodass $\length_A(M / (x_1, \ldots, x_n) M)$ endlich ist. - -Wir wollen nun $\dim(M) = d(M) = s(M)$ zeigen. Dies ist das Hauptresultat der Dimensionstheorie endlich erzeugter Moduln über noetherschen lokalen Ringen. - -\begin{prop} - \label{prop:d-kleinergleich-s} - Es gilt $d(M) \le s(M)$. - \begin{proof} - Nach der Definition von $s(M)$ gibt es ein Ideal $\mfa \subset \mfm$ von $A$, das von $s(M)$ Elementen erzeugt wird, mit $\length_A(M / \mfa M) < \infty$. - Demnach gilt - \begin{equation*} - d(M) = \deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfa}(M) - \end{equation*} - und nach \cref{thm:samuel-polynom} folgt $d(M) \le s(M)$. - \end{proof} -\end{prop} - -\begin{prop} - \label{prop:dim-kleinergleich-d} - Es gilt $\dim(M) \le d(M)$. - \begin{proof} - Wir zeigen die Behauptung durch Induktion über $d(M)$. - - Im Fall $d(M) = 0$ ist $P_\mfq(M)$ konstant. - Es gibt ein $k \in \N$, mit der Eingeschaft, dass $P_\mfq(M, n) = \length_A(M / \mfq^n M)$ für alle $n \ge k $ gilt, also gilt $\length_A(M / \mfq^n M) = \length_A(M / \mfq^{n + 1} M)$ für alle $n \ge k$. - Betrachte nun folgende kurze exakte Sequenz: - \begin{equation*} - 0 \to \mfq^n M / \mfq^{n + 1} M \to M / \mfq^{n + 1} M \to M / \mfq^n M \to 0 - \end{equation*} - Da die Länge auf kurzen exakten Sequenzen additiv ist, folgt also $\length_A(\mfq^n M / \mfq^{n + 1} M) = 0$ und damit $\mfq^n M / \mfq^{n + 1} M$, also $\mfq^n M \cong \mfq^{n + 1} M$. - Wegen $\mfq \subset \mfm = \Rad(A)$ gilt nach dem Nakayama Lemma $\mfq^n M = 0$ für alle $n \ge k$. - Sei nun $\mfp \in \Supp(M)$, dann gilt $\mfp \supset \Ann_A(M) \supset \mfq^k$. - Da $\mfp$ prim ist, folgt $\mfp \supset \mfp$ und damit $\mfp \in \Supp(M / \mfq M)$. - Nach Voraussetzung ist aber $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt also, dass $\mfp$ maximal ist. - Demnach sind alle Primideale von $A/\Ann_A(M)$ maximal und folglich gilt $\dim(M) = \dim(A/\Ann_A(M)) = 0$. - - Sei nun also $d(M) = n \ge 1$ und die Behauptung bereits für $n - 1$ gezeigt. - Sei $\mfp_0 \in \Supp(M)$ minimal mit $\dim(M) = \dim(A/\mfp_0)$. - Dann gibt es einen Untermodul $N$ von $M$ mit $N \cong A/\mfp_0$ (siehe {}\cite[Chapter~I, Theorem~1]{serre2000local}). - Nach \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet} - gilt dann $d(N) \le d(M)$, wir können also $M = A / \mfp_0$ annehmen. - Angenommen es gilt $\dim(M) > d(M)$. - Dann gibt es eine echt aufsteigende Kette von Primidealen - \begin{equation*} - \mfp_0 \subsetneq \mfp_1 \subsetneq \cdots \subsetneq \mfp_k - \end{equation*} - mit $k > d(M)$. - Sei $x \in \mfp_1 \setminus \mfp_0$, dann gilt - \begin{equation*} - \dim(M / xM) \ge k - 1 > d(M) - 1. - \end{equation*} - Betrachte nun den Homomorphismus - \begin{equation*} - \cdot x \colon M \to M,\, m \mapsto xm. - \end{equation*} - Da $\mfp_0$ prim ist, ist $M = A / \mfp_0$ ein Integritätsring und damit ist $\cdot x$ injektiv. - Somit erhalten wir folgende kurze exakte Sequenz: - \begin{equation*} - 0 \to M \overset{\cdot x} \to M \to M / xM \to 0 - \end{equation*} - Nach \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet} gilt also $d(M / xM) \le d(M) - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung folgt - \begin{equation*} - d(M) - 1 < \dim(M / xM) \le d(M / xM) \le d(M) - 1. - \end{equation*} - Dies ist ein Widerspruch, also muss bereits $\dim(M) \le d(M)$ gelten. - \end{proof} -\end{prop} - -\begin{prop} - \label{prop:s-kleinergleich-dim} - Es gilt $s(M) \le \dim(M)$. - \begin{proof} - Wir benutzen Induktion über $ n = \dim(M)$ (nach \cref{prop:dim-kleinergleich-d} wissen wir, dass $\dim(M) < \infty$ gilt). - - Im Fall $n = 0$ ist gilt $\dim(A / \mfp) = 0$ für alle $\mfp \in \Supp(M)$. - Demnach sind alle $\mfp \in \Supp(M)$ maximale Ideale und damit ist nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} $\length_A(M) < \infty$. - Folglich gilt $s(M) = 0$. - - Sei nun $n \ge 1$ und die Behauptung für $n - 1$ bereits gezeigt. - Seien $\mfp_i$ die Primideale in $\Supp(M)$ mit $\dim(A / \mfp_i) = n$. Diese sind minimale Elemente von $\Supp(M)$, folglich sind es nur endlich viele (siehe {}\cite[Chapter~II. 7. Theorem~1]{serre2000local}). - Wegen $n \ge 1$ sind sie nicht maximal und wir können nach dem Lemma zur Vermeidung von Primidealen $x \in \mfm$ mit $x \notin \mfp_i$ für alle $i$ wählen (siehe {}\cite[Proposition~1.1.5]{roberts1998multiplicities}). - Dann gilt offenbar $\dim(M / xM) \le \dim(M) - 1$. - Andererseits gilt wegen der Definition von $s(M)$ auch $s(M / xM) \ge s(M) - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung folgt - \begin{equation*} - s(M) - 1 \le s(M / xM) \le \dim(M / xM) \le \dim(M) - 1. - \end{equation*} - Folglich gilt $s(M) \le \dim(M)$. - \end{proof} -\end{prop} +Im Folgenden wollen wir die beiden ganzen Zahlen $\chi(\bmx, M)$ und $e_{\bmx}(M, r)$ miteinander vergleichen. \begin{thm} - \label{thm:dim-gleich-d-gleich-s} - Es gilt $\dim(M) = d(M) = s(M)$. + \label{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} + Es gilt $\chi(\bmx, M) = e_{\bmx}(M, r)$. \begin{proof} - Dies folgt aus {}\cref{prop:d-kleinergleich-s,prop:dim-kleinergleich-d,prop:s-kleinergleich-dim}. + Wir gehen in mehreren Schritten vor: + \begin{enumerate} + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-1} Sei $K = K(\bmx, M)$. Wir definieren eine absteigende Filtrierung auf $K$ durch + \begin{equation*} + {(F^i K)}_p = \bmx^{i - p} K_p. + \end{equation*} + Wenn wir die Komplexe $K$ und $F^i K$ jeweils als direkte Summe ihrer Komponenten $K_p$ und ${(F^i K)}_p$ betrachten, dann ist $F^i K$ eine $\bmx$-stabile Filtrierung auf $K$. + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-2} Sei $\gr(A)$ der zur $\bmx$-adischen Filtrierung auf $A$ gehörige graduierte Ring. + Es gilt $\gr_0(A) = A / \bmx$ und $\gr_1(A) = \bmx / \bmx^2$. + Mit $y_1, \ldots, y_r$ bezeichnen wir die Bilder von $x_1, \ldots, x_r$ in $\gr_1(A)$ und wir schreiben $\bmy = (y_1, \ldots, y_r)$. + Sei $\gr(M)$ der zur $\bmx$-adischen Filtrierung auf $M$ gehörige graduierte $\gr(A)$-Modul. + Dann gilt + \begin{equation*} + \gr(K) \coloneqq \bigoplus_{i \in \Z} F^i K / F^{i + 1} K \cong K(\bmy, \gr(M)), + \end{equation*} + denn + \begin{align*} + {\gr(K)}_p &= \bigoplus_{i \in \Z}{(F^i K)}_p / {(F^{i + 1} K)}_p \\ + &= \bigoplus_{i \in \Z} x^{i - p}K_p / x^{i + 1 - p}K_p \\ + &= \bigoplus_{i \in \Z} x^i K_p / x^{i + 1}K_p \\ + &\cong \bigoplus_{i \in \Z} x^i M^{\binom{r}{p}} / x^{i + 1} M^{\binom{r}{p}} \\ + &\cong {\left(\bigoplus_{i \in \Z} x^i M / x^{i + 1} M \right)}^{\binom{r}{p}} \\ + &= {\gr(M)}^{\binom{r}{p}} \\ + &\cong K_p(\bmy, \gr(M)) + \end{align*} + und dieser Isomorphismus ist offensichtlich kompatibel mit den Randabbildungen der beiden Komplexe. + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-3} Weil $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul ist, ist $\gr(M)$ ein endlich erzeugter $\gr(A)$-Modul. + Also sind auch die Homologiemoduln $H_p(\bmy, \gr(M))$ endlich erzeugte $\gr(A)$-Moduln. + Nach \cref{prop:koszul-homologie-annihilator} gilt $\bmy \subset \Ann_{\gr(A)}(H_p(\bmy, \gr(M)))$, also sind sie sogar endlich erzeugte Moduln über $\gr(A) / \bmy \cong A / \bmx$. + Aus obiger Darstellung von $K_p(\bmy, \gr(M))$ sieht man, dass $\Ann_A(M)$ die Homologiemoduln $H_p(\bmy, \gr(M))$ annuliert, also sind sie sogar als endlich erzeugte $(A/(\bmx + \Ann_A(M)))$-Moduln. + Nach dem gleichen Argument, das wir bereits für die Wohldefiniertheit der Euler-Poincaré-Charakteristik verwendet haben, folgt dann, dass die Homologiemoduln $H_p(\bmy, \gr(M))$ alle endliche Länge haben. + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-4} Da $H_p(\bmy, \gr(M)) = 0$ für $p \notin \lbrace 0, \ldots, r \rbrace$ und wegen + \begin{equation*} + H_p(\bmy, \gr(M)) = \bigoplus_{i \in \Z} H_p(F^i K / F^{i + 1}K) + \end{equation*} + gibt es also ein $m \ge 0$ mit der Eigenschaft, dass $H_p(F^i K / F^{i + 1}K) = 0$ für alle $i > m$ und alle $p \in \Z$. Ohne Einschränkung können wir $m \ge r$ annehmen. + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-5} Wir zeigen nun $H_p(F^i K / F^{i + j} K) = 0$ für alle $p \in \Z$, $i > m$ und $j \ge 0$ durch Induktion über $j$: + Im Fall $j = 0$ ist die Behauptung trivial. + Sei also nun $j \ge 1$ und die Behauptung für $j - 1$ bereits gezeigt. + Wir betrachten folgende kurze exakte Sequenz von Komplexen: + \begin{equation*} + 0 \to F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K \to F^{i}K / F^{i + j}K \to F^{i}K / F^{i + j - 1}K \to 0 + \end{equation*} + Dies liefert uns folgende lange exakte Homologiesequenz: + \begin{align*} + \cdots &\to H_p(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) \to H_p(F^{i}K / F^{i + j}K) \to H_p(F^{i}K / F^{i + j - 1}K) \to \\ + & \to H_{p - 1}(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) \to \cdots + \end{align*} + Nach Voraussetzung ist $j \ge 1$, also ist $i + j - 1 > m$ und damit folgt nach \cref{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-4} $H_p(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) = 0$ für alle $p \in \Z$. + Nach Induktionsvoraussetzung gilt $H_{p - 1}(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) = 0$ für alle $p \in \Z$, das heißt wir erhalten für alle $p \in \Z$ die kurze exakte Sequenz + \begin{equation*} + 0 \to 0 \to H_p(F^{i}K / F^{i + j}K) \to 0 \to 0, + \end{equation*} + also muss auch $H_p(F^{i}K / F^{i + j}K) = 0$ gelten. + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-6} Seien $Z^i_p$ und $B^i_p$ jeweils die Moduln der Zykel und Ränder in ${(F^i K)}_p$. + Nach \cref{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-5} gilt $H_p(F^i K / \bmx^j {(F^i K)}_p) = 0$ für alle $j \ge 0$, also + \begin{equation*} + Z^i_p \subset B^i_p + \bmx^j {(F^i K)}_p. + \end{equation*} + Damit folgt + \begin{equation*} + Z^i_p \subset \bigcap_{j \in \N} B^i_p +\bmx^j {(F^i K)}_p = \overline{B^i_p}, + \end{equation*} + wobei $\overline{B^i_p}$ den Abschluss von $B^i_p$ bezüglich der $\bmx$-adischen Topologie auf ${(F^i K)}_p$ bezeichnet. + Wegen $\bmx \subset \mfm = \Rad(A)$ ist jeder Untermodul eine endlich erzeugten $A$-Moduls bezüglich der $\bmx$-adischen Topologie abgeschlossen (vergleiche {}\cite[Chapter~II, Part~A, Corrolary~4 nach Theorem~1]{serre2000local}). + Insbesondere ist also $B^i_p$ abgeschlossen und damit folgt $Z^i_p \subset B^i_p$, also $H_p(F^i K) = 0$. + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-7} Betrachte nun die kurze exakte Sequenz von Komplexen + \begin{equation*} + 0 \to F^i K \to K \to K / F^i K \to 0. + \end{equation*} + Diese liefert folgende lange exakte Homologiesequenz: + \begin{equation*} + \cdots \to H_p(F^i K) \to H_p(K) \to H_p(K / F^i K) \to H_{p - 1}(F^i K) \to \cdots + \end{equation*} + Ist $i > m$, so ist $H_p(F^i K) = 0$ für alle $p \in \Z$ und es folgt, dass der natürliche Morphismus + \begin{equation*} + H_p(\bmx, M) = H_p(K) \to H_p(K / F^i K) + \end{equation*} + für alle $p \in \Z$ ein Isomorphismus ist. + + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-8} Wegen $\length_A(M/\bmx M) < \infty$ sind nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} alle Elemente in $\Supp(M) \cap V(\bmx)$ maximale Ideale. + Wegen $V(\bmx^i) = V(\bmx)$ gilt also nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} auch $\length_A(M / \bmx^i M) < \infty$ und damit ist auch + \begin{equation*} + {(K / F^i K)}_p \cong {(M / \bmx^{i - p} M)}^{\binom{r}{p}} + \end{equation*} + von endlicher Länge. Für $i > m$ folgt nach \cref{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-7} also + \begin{align} + \label{eq:euler-poincare-charakteristik} + \begin{aligned} + \chi(\bmx, M) &= \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p\length_A(H_p(K / F^i K)) \\ + &= \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p\length_A({(K / F^i K)}_p) \\ + &=\sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \length_A\left({(M / \bmx^{i - p} M)}^{\binom{r}{p}}\right) \\ + &= \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \binom{r}{p}\length_A((M / \bmx^{i - p} M)) + \end{aligned} + \end{align} + + \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-9} Wenn $i$ große genug ist, können wir \cref{eq:euler-poincare-charakteristik} zu folgender Gleichung umschreiben: + \begin{equation*} + \chi(\bmx, M) = \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \binom{r}{p} P_{\bmx}(M, i - p). + \end{equation*} + Nach \cref{lem:berechnung-r-facher-differenzenoperator} ist die rechte Seite dieser Gleichung durch + \begin{equation*} + \Delta^r P_{\bmx}(M, i - r) = \Delta^r P_{\bmx}(M) = e_{\bmx}(M, r) + \end{equation*} + gegeben. + \end{enumerate} \end{proof} \end{thm} + +\begin{kor} + \label{kor:euler-poincare-charakteristik-koszul-komplex-dminesion} + Es gilt $\dim(M) \le r$. Weiter gilt: + \begin{align*} + \chi(\bmx, M) &> 0, \qquad \text{falls } \dim(M) = r \\ + \chi(\bmx, M) &= 0, \qquad \text{falls } \dim(M) < r + \end{align*} + \begin{proof} + Dies folgt direkt aus \cref{thm:dim-gleich-d-gleich-s} und \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom}. + \end{proof} +\end{kor} diff --git a/chapters/chapter3.tex b/chapters/chapter3.tex index cabf6ba..636f5c8 100644 --- a/chapters/chapter3.tex +++ b/chapters/chapter3.tex @@ -1,553 +1,1071 @@ % -*- root: ../Ausarbeitung.tex -*- -\chapter{Der Koszul-Komplex} -\label{cha:der-koszul-komplex} +\chapter{Multiplizitäten} +\label{cha:multiplizitaeten} -Wir geben nun einen Überblick über Koszul-Komplexe. -Das Hauptresultat dieses Kapitels ist ein Theorem, dass es uns ermöglich Samuel’s Multiplizität mit Hilfe der Euler-Poincaré-Chaakteristik eines bestimmten Koszul-Komplexes zu berechnen. +In diesem Kapitel wollen wir die Serre’s Schnittmultiplizität von Zykeln mit Hilfe der $\Tor$-Formel definieren und insbesondere auch das Hauptresultat zu dieser Formel beweisen. +Als äußerst wichtiges Werkzeug dazu werden wir das Prinzip der \emph{Reduktion auf die Diagonale} vorstellen. -Im Folgenden sei $A$ ein kommutativer Ring. +\section{Die Multiplizität eines Moduls} +\label{sec:die-multiplizitaet-eines-moduls} +Im Folgenden wollen wir den Begriff der \emph{Multiplizität} eines Moduls einführen. +Dazu Führen wir zunächst die Gruppe der \emph{Zykel} eines Rings ein. -\section{Der einfache Fall} -\label{sec:der-einfache-fall} - -\begin{defn} - \label{defn:koszul-komplex-einfach} - Ist $x \in A$, so bezeichnen wir mit $K(x)$ folgenden Komplex: - \begin{align*} - K_i(x) &= 0 \qquad \text{für } i \ne 0,1 \\ - K_1(x) &= A \\ - K_0(x) &= A \\ - \text{Die Abbildung} \qquad d\colon K_1(x) &\to K_0(x) \qquad \text{ist die Multiplikation mit } x - \end{align*} - Aus Notationsgründen bezeichnen wir $1\in K_1(x)$ euch mit $e_x$. - - Ist $M$ ein $A$-Modul, dann bezeichnen wir den Tensorprodukt-Komplex $K(x)\otimes_A M$ mit $K(x,M)$. - Wir bezeichnen den $i$-ten Homologie-Modul von $K(x,M)$ mit $H_i(x, M)$. - Ist $x \in A$ und $M$ ein $A$-Modul, so gilt: - \begin{align*} - {K(x,M)}_n &= 0 \qquad \text{falls } n \ne 0,1, \\ - {K(x,M)}_0 &= K_0(x)\otimes_A M \cong M, \\ - {K(x,M)}_1 &= K_1(x)\otimes_A M \cong M, \\ - \end{align*} - und die Randabbildung - \begin{equation*} - d\colon {K(x,M)}_1 \to {K(x,M)}_0 - \end{equation*} - ist durch die folgende Formel gegeben: - \begin{equation*} - d(e_x \otimes m) = xm \qquad m \in M - \end{equation*} - Die Homologie-Moduln von $K(x,M)$ sind - \begin{align*} - H_i(x,M) &= 0 \qquad \text{falls } i \ne 0,1, \\ - H_0(x,M) &= M/xM, \\ - H_1(x,M) &= \Ann_M(x) = \ker (x_M\colon M \to M). - \end{align*} -\end{defn} - -\begin{prop}[Künneth-Formel für Koszul-Komplexe] - \label{prop:kuenneth-formula-fuer-koszul-komplexe} - Sei $x \in A$ und $L$ ein Komplex von $A$-Moduln. - Dann ist für jedes $p \ge 0$ die Sequenz - \begin{equation*} - 0 \to H_0(x,H_p(L)) \to H_p(K(x) \otimes_A L) \to H_1(x, H_{p - 1}(L)) \to 0 - \end{equation*} - exakt. - \begin{proof} - Die natürliche Einbettung $A \to K(x)$ liefert eine Einbettung von Komplexen - \begin{equation*} - L = A \otimes_A L \to K(x) \otimes_A L. - \end{equation*} - Außerdem erhalten wir durch die natürliche Projektion $K(x) \to K_1(x) = A$ einen Epimorphismus von Komplexen - \begin{equation*} - K(x) \otimes_A L \to L[-1], - \end{equation*} - der uns insgesamt die kurze exakte Sequenz - \begin{equation*} - 0 \to L \overset{i}{\to} K(x) \otimes_A L \overset{p}{\to} L[-1] \to 0 - \end{equation*} - liefert. - Also erhalten wir folgende lange exakte Homologiesequenz: - \begin{equation*} - \cdots \overset{\partial}{\to} H_p(L) \to H_p(K(x) \otimes_A L) \to H_p(L[-1]) \overset{\partial}{\to} H_{p - 1}(L) \to \cdots - \end{equation*} - Es gilt - \begin{align*} - {(K(x) \otimes_A L)}_p &= \bigoplus_{i + j = p} K_i(x) \otimes_A L_j \\ - &= K_0(x) \otimes_A L_p \oplus K_1(x) \otimes_A L_{p -1} - \end{align*} - und die Randabbildung $d\colon {(K(x) \otimes_A L)}_p \to {(K(x) \otimes_A L)}_{p - 1}$ ist durch - \begin{align*} - d(x_0 \otimes y_p + x_1 \otimes y_{p - 1}) &= d(x_0) \otimes y_p + x_0 \otimes d(y_p) + d(x_1) \otimes y_{p - 1} - x_1 \otimes d(y_{p - 1})\\ - &= x_0 \otimes d(y_p) + x \cdot x_0 \otimes y_{p - 1} - x_1 \otimes d(y_{p - 1}) - \end{align*} - gegeben. - Ist $[c] \in H_p(L[-1])$, so gilt $\partial([c]) = [d(\hat{c})] \in H_{p - 1}(L)$, wobei $\hat{c}$ ein Element aus ${(K(x) \otimes_A L)}_p$ mit $p(\hat{c}) = c$ ist. - Ohne Einschränkung sei $\hat{c} = 0 + e_x \otimes c$. - Wegen $c \in Z_p(L[-1])$ folgt dann - \begin{align*} - \partial([c]) = [d(\hat{c})] = [d(0 + e_x \otimes c)] = [x \cdot e_x \otimes c - e_x \otimes d(c)] = x[e_x \otimes c], - \end{align*} - also ist $\partial \colon (H_{p - 1}(L) = H_p(L[-1])) \to H_{p - 1}(L)$ durch die Multiplikation mit $x$ gegeben. - Demnach erhalten wir aus der langen exakten Homologiesequenz die folgenden kurzen exakten Sequenzen: - \begin{equation*} - 0 \to X_p \to H_p(K(x) \otimes_A L) \to Y_{p - 1} \to 0 - \end{equation*} - Dabei sind $X_p$ und $Y_p$ durch - \begin{alignat*}{3} - X_p &= \coker(\cdot x\colon H_p(L) \to H_p(L)) &= H_0(x, H_p(L)) \\ - Y_p &= \ker(\cdot x\colon H_p(L) \to H_p(L)) &= H_1(x, H_p(L)) - \end{alignat*} - gegeben. - \end{proof} -\end{prop} - -\begin{defn}[azyklischer Komplex] - \label{defn:azyklischer-komplex} - Sei $M$ ein $A$-Modul und $L$ ein Komplex von $A$-Moduln mit $L_p = 0$ für $p < 0$. - Dann heißt $L$ \textbf{azyklischer Komplex} auf $M$, falls $H_p(L) = 0$ für $p > 0$ und $H_0(L) = M$, also falls - \begin{equation*} - \cdots \to L_1 \to L_0 \to M \to 0 - \end{equation*} - eine Auflösung von $M$ ist. -\end{defn} - -\begin{kor} - \label{kor:tensorprodukt-koszul-komplex-azyklischer-komplex} - Sei $M$ ein $A$-Modul, $L$ ein auf $M$ azyklischer Komplex und $x \in A$ kein Nullteiler auf $M$, also $\Ann_M(x) = 0$. - Dann ist $K(x) \otimes_A L$ ein azyklischer Komplex auf $M/xM$. - \begin{proof} - Aus \cref{prop:kuenneth-formula-fuer-koszul-komplexe} folgt: - \begin{align*} - H_p(K(x) \otimes_A L) &= 0 \qquad \text{für } p > 1 \\ - H_1(K(x) \otimes_A L) &= H_1(x,M) = \Ann_M(x) = 0 \\ - H_0(K(x) \otimes_A L) &= H_0(x,M) = M/xM - \end{align*} - \end{proof} -\end{kor} - -\section{Der allgemeine Koszul-Komplex} -\label{sec:der-allgemeine-koszul-komplex} - -\begin{defn} - \label{defn:koszul-komplex} - Sei $\bmx = (x_1,\ldots,x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$. - Mit $K(\bmx)$ oder auch mit $K(x_1,\ldots,x_r)$ bezeichnen wir folgenden Tensorprodukt-Komplex: +\begin{defn}[Gruppe der Zykel eines Rings] + \label{defn:gruppe-der-zykel-eines-rings} + Sei $A$ ein noetherscher Ring. + Die freie abelsche Gruppe $Z(A) = \bigoplus_{\Spec(A)} \Z$ heißt \textbf{Gruppe der Zykel} von $A$. + Ihre Elemente werden \textbf{Zykel} genannt. + Wir nennen einen Zykel $Z$ \textbf{positiv}, falls er von der Form \begin{equation*} - K(\bmx) = K(x_1)\otimes_A K(x_2) \otimes_A \cdots \otimes_A K(x_r) - \end{equation*} -\end{defn} - - -\begin{lem} - \label{lem:koszul-komplex-berechnung} - Sei $\bmx = (x_1,\ldots,x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$. - Dann ist $K_p(\bmx)$ der freie $A$-Modul, der von den Elementen der Form - \begin{equation*} - e_{x_{i_1}}\wedge \cdots \wedge e_{x_{i_p}} = e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \qquad 1 \le i_1 < i_2 < \cdots < i_p \le r + Z = \sum_{\mfp \in \Spec(A)} n(\mfp) \mfp \end{equation*} - erzeugt wird. - Insbesondere gilt also - \begin{equation*} - K_p(\bmx) \cong \bigwedge\nolimits^p(A^r). - \end{equation*} - Die Randabbildung $d\colon K_p(\bmx) \to K_{p - 1}(\bmx)$ ist durch folgende Formel gegeben: - \begin{equation} - \label{eq:koszul-komplex-randabbildung} - d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}}) = \sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} - \end{equation} - Dabei verwenden wir die Konvention, dass das Symbol unter \enquote{$\widehat{\;}$} weggelassen wird. - \begin{proof} - Für $p\in \Z$ sei $I_p^r = \lbrace\bmi \subset \lbrace1,\ldots,r\rbrace \mid \#\bmi = p\rbrace$. Wir haben folgendes zu zeigen: - \begin{equation*} - K_p(\bmx) = \bigoplus_{\bmi \in I_p^r}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) - \end{equation*} - Dies beweisen wir durch Induktion über $r$. - Im Fall $r = 1$ gilt $I_0^1 = \lbrace\emptyset\rbrace$, $I_1^1 = \lbrace\lbrace1\rbrace\rbrace$ und für $p \notin \lbrace0, 1\rbrace$ gilt $I_p^1 = \emptyset$. - Damit folgt: - \begin{align*} - K_0(\bmx) &= K_0(x_1) = \bigoplus_{\bmi \in I_0^1}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ - K_1(\bmx) &= K_1(x_1) = \bigoplus_{\bmi \in I_1^1}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ - K_p(\bmx) &= K_p(x_1) = 0 = \bigoplus_{\bmi \in I_p^1}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) && \text{für }p \notin \lbrace0, 1\rbrace - \end{align*} - Für die Randabbildung $d\colon K_1(x_1) \to K_0(x_1)$ im Grad $1$ gilt - \begin{align*} - d(e_{x_{i_1}}) &= x_1 \cdot 1 \\ - &= {(-1)}^{1 + 1} x_1 \widehat{e_{x_{i_1}}}\otimes 1 \\ - &= \sum_{k=1}^1 {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(1 - 1 + 1)\text{-mal}}. - \end{align*} - In den anderen Graden ist die Randabbildung nach \cref{defn:koszul-komplex-einfach} immer $0$ und auch die Formel aus \cref{eq:koszul-komplex-randabbildung} ergibt $0$. - - Sei also nun $r > 1$ und die Behauptung für alle $s\in \N$ mit $0 \le s < r$ bereits bewiesen. - Sei außerdem $\bmx' = (x_1,\ldots,x_{r-1})$. - Dann gilt: - \begin{align*} - K_p(\bmx) &= \bigoplus_{i + j = p} K_i(\bmx') \otimes_A K_j(x_r)\\ - &= \bigoplus_{j \in \lbrace0,1\rbrace} K_{p - j}(\bmx') \otimes_A K_j(x_r)\\ - &= \poplus\bigoplus_{\bmi \in I_p^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r - 1\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) \otimes_A K_0(x_r)\\ - &\peq \oplus \bigoplus_{\bmi \in I_{p - 1}^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r - 1\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) \otimes_A K_1(x_r)\\ - &= \poplus\bigoplus_{\bmi \in I_p^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ - &\peq \oplus \bigoplus_{\bmi \in I_{p - 1}^{r - 1}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi \cup \lbrace r \rbrace}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus (\bmi \cup \lbrace r \rbrace)}K_0(x_i)\right)\right)\\ - &= \poplus \bigoplus_{\substack{\bmi \in I_{p}^{r}\\r \notin \bmi}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ - &\peq \oplus \bigoplus_{\substack{\bmi \in I_{p}^{r}\\r \in \bmi}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ - &= \bigoplus_{\substack{\bmi \in I_{p}^{r}\\r \in \bmi}}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right)\\ - &= \bigoplus_{\bmi \in I_p}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\right) - \end{align*} - Nun betrachten wir die Randabbildung $d\colon K_p(\bmx) \to K_{p - 1}(\bmx)$. - Dabei unterscheiden wir die zwei Fälle $r \in \lbrace i_1, \ldots, i_p\rbrace$ und $r \notin \lbrace i_1, \ldots, i_p\rbrace$. Im ersten Fall gilt: - \begin{align*} - & d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - 1 - p)\text{-mal}} \otimes \underbrace{1}_{\in K_0(x_r)}) \\ - =& d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - 1 - p)\text{-mal}}) \otimes 1 + {(-1)}^p e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - 1 - p)\text{-mal}} \otimes \underbrace{d(1)}_{= 0} \\ - =& \left(\sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}}\right) \otimes 1 \\ - =& \sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} - \end{align*} - Im zweiten Fall können wir ohne Einschränkung $r = i_p$ annehmen. - Dann gilt: - \begin{align*} - & d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}}) \\ - =&\pplus d(e_y{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{((r - 1) - (p - 1))\text{-mal}}) \otimes e_{x_{i_p}} \\ - &+ {(-1)}^{p + 1} e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \otimes d(e_{x_{i_p}}) \\ - =& \pplus \left( \sum_{k=1}^{p - 1} {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}}\right) \otimes e_{x_{i_p}} \\ - & + {(-1)}^{p+1} e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \otimes (x_{i_p} \cdot 1) \\ - =& \pplus \sum_{\substack{k=1\\k\ne p}}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \\ - & + {(-1)}^{p + 1} x_{i_p} e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_{p - 1}}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \\ - =& \sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} - \end{align*} - \end{proof} -\end{lem} -\begin{defn}[Koszul-Komplex] - \label{defn:koszul-komplex-modul} - Ist $\bmx = (x_1,\ldots,x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$ und $M$ ein $A$-Modul, so bezeichnen wir den Tensorprodukt-Komplex $K(\bmx)\otimes_A M$ mit $K(\bmx,M)$ oder auch $K(x_1,\ldots,x_r;M)$. Wegen \cref{lem:koszul-komplex-berechnung} gilt - \begin{equation*} - K_p(\bmx, M) = \bigoplus_{\bmi \in I_p^r}\left( \left(\bigotimes_{i \in \bmi}K_1(x_i)\right) \otimes_A \left(\bigotimes_{i \in \lbrace1, \ldots, r\rbrace \setminus \bmi}K_0(x_i)\right)\otimes_A M\right) - \end{equation*} - und die Randabbildung $K_p(\bmx, M) \to K_{p - 1}(\bmx, M)$ ist durch folgende Formel gegeben: - \begin{equation} - \label{eq:koszul-komplex-modul-randabbildung} - \begin{aligned} - &d(e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p)\text{-mal}} \otimes m) \\ - =&\sum_{k=1}^p {(-1)}^{k+1} x_{i_k}e_{x_{i_1}}\otimes \cdots \otimes \widehat{e_{x_{i_k}}} \otimes \cdots \otimes e_{x_{i_p}} \otimes \underbrace{1 \otimes \cdots \otimes 1}_{(r - p + 1)\text{-mal}} \otimes m - \end{aligned} - \end{equation} - Wir bezeichnen den $p$-ten Homologiemodul von $K(\bmx, M)$ mit $H_p(\bmx, M)$. - Wir bezeichnen mit $\bmx$ auch das Ideal $(x_1, \ldots,x_r)$. - Offensichtlich gilt: - \begin{align*} - H_0(\bmx, M) &= M/\left(\bigoplus_{i = 1}^r x_i M \right) = M/\bmx M \\ - H_r(\bmx, M) &= \lbrace m \in M \mid x_i m = 0 \text{ für alle } i \rbrace - \end{align*} + mit $n(\mfp) > 0$ für alle $\mfp \in \Spec(A)$ ist. \end{defn} -\begin{bem} - \label{bem:koszul-komplex-unabhaening-von-grundring} - Wenn wir den zu Grunde liegenden Ring $A$ nennen wollen, dann schreiben wir $K^A(\bmx)$, $H^A_p(\bmx)$, $K^A(\bmx, M)$ und $H^A_p(\bmx, M)$. Tatsächlich ist $K(\bmx, M)$ und damit auch $H_p(\bmx, M)$ aber nicht vom Grundring $A$ abhängig, sondern nur von der abelschen Gruppe $M$ und den Gruppenhomomorphismen $x_i\colon M \to M$, wie das folgende Lemma zeigt. -\end{bem} +\begin{defn} + \label{defn:gruppe-der-zykel-eines-rings-der-dimension} + Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring der Dimension $n$. + Für alle $p \in \N$ sei $Z_p(A)$ die Untergruppe von $Z(A)$, die von den Primidealen $\mfp \in \Spec(A)$ mit $\dim(A / \mfp) =~p$ erzeugt wird. + Wir nennen $\Z_p(A)$ die \textbf{Gruppe der Zykel} von $A$ der Dimension $p$. + Offensichtlich gilt $Z(A) = \bigoplus_{p = 0}^n Z_p(A)$. +\end{defn} + +Ist $A$ ein noetherscher Ring, so bezeichnen wir im Folgenden die abelsche Kategorie der endlich erzeugten $A$-Moduln mit $K(A)$ und die abelsche Kategorie der endlich erzeugten $A$-Moduln von Dimension $\le p$ mit $K_p(A)$. \begin{lem} - \label{lem:koszul-komplex-unabhaening-von-grundring} - Seien $A$ und $B$ kommutative Ringe und sei $M$ sowohl ein $A$-Modul, als auch ein $B$-Modul. - Weiter seien $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$ und $\bmy = (y_1, \ldots, y_r)$ eine Familie von Elementen aus $B$ mit der Eingeschaft, dass die Multiplikation mit $x_i$ und $y_i$ für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, r \rbrace$ jeweils den gleichen Gruppenhomomorphismus $\psi_i$ auf $M$ liefert. - Dann gibt es einen Isomorphismus vom Komplexen von abelschen Gruppen - \begin{equation*} - K^A(\bmx, M) \cong K^B(\bmy, M), - \end{equation*} - der natürlich in $M$ ist. - \begin{proof} - Es gilt: - \begin{align*} - K^A_p(\bmx, M) &= K^A_p(\bmx) \otimes_A M \\ - &\cong A^{\binom{r}{p}} \otimes_A M \\ - &\cong M^{\binom{r}{p}} \\ - &\cong B^{\binom{r}{p}} \otimes_B M \\ - &\cong K^B_p(\bmy) \otimes_B M \\ - &= K^B_p(\bmy, M) - \end{align*} - Wir müssen also nur noch zeigen, dass diese Ismorphismen mit den Randabbildungen von $K^A(\bmx, M)$ und $K^B(\bmy, M)$ kompatibel sind. Es gibt eine Bijektive Abbildung \begin{equation*} - \phi_p \colon I_p \to \left\lbrace 1, \ldots, \binom{r}{p} \right\rbrace. - \end{equation*} - Die Randabbildungen von $K^A(\bmx, M)$ und $K^B(\bmy, M)$ liefern dann jeweils beide die Abbildung: - \begin{align*} - d\colon M^{\binom{r}{p}} &\to M^{\binom{r}{p - 1}} \\ - (0, \ldots, 0, \underbrace{m}_{\mathclap{\phi_p(\lbrace i_1, \ldots, i_p \rbrace)\text{-te Stelle}}}, 0, \ldots, 0) &\mapsto \sum_{j = 1}^p {(-1)}^{j + 1} (0, \ldots, 0, \underbrace{\psi_j(m)}_{\mathclap{\phi_{p - 1}(\lbrace i_1, \ldots, i_{j - 1}, \widehat{i_{j}}, i_{j + 1}, \ldots, i_p \rbrace)\text{-te Stelle}}}, 0, \ldots, 0) - \end{align*} - Die Natürlichkeit ist klar. - \end{proof} + Sei $A$ ein noetherscher Ring und $0 \to M \to N \to P \to 0$ eine kurze exakte Sequenz in $K(A)$. + Sind $M$ und $P$ in $K_p(A)$, so auch $N$. + \begin{proof} + Lokalisieren liefert sofort $\Supp(N) = \Supp(M) \cup \Supp(P)$, also + \begin{align*} + \dim_A(N) &= \sup_{\mfp \in \Supp(N)} \dim(A / \mfp) \\ + &= \sup_{\mfp \in \Supp(M) \cup \Supp(P)} \dim(A / \mfp) \\ + &= \max(\dim_A(M), \dim_A(P)). + \end{align*} + \end{proof} \end{lem} -\begin{defn}[Reguläre Folge] - \label{defn:regulaere-folge} - Sei $M$ ein $A$-Modul. Eine Familie $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ von Elementen aus $A$ heißt \textbf{$\bm{M}$-reguläre Folge}, falls für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, r \rbrace$ gilt, dass $x_i$ kein Nullteiler auf $M / (x_1, \ldots ,x_{i - 1}) M$ ist. + +\begin{lem} + \label{lem:aufsteigende-folge-von-untermoduln-laenge} + Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring und sei $M \in K_p(A)$. + Sei weiter $\mfq$ ein Ideal von $A$ mit $\dim(A / \mfq) = p$. + Dann ist $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) < \infty$. + + Ist $0 = M_0 \subset \ldots \subset M_s = M$ eine aufsteigende Folge von Untermoduln von $M$ mit $M_i / M_{i - 1} \cong A / \mfr_i$ für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, s \rbrace$, für gewisse $\mfr_i \in \Spec(A)$, dann sind genau $\length_{A_\mfq}(M_\mfq)$ dieser $M_i / M_{i - 1}$ von der Form $A / \mfq$. + \begin{proof} + Ist $\mfq \notin \Supp(M)$, so gilt $M_\mfq = 0$ und damit $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) = 0 < \infty$. + Ist $\mfp \in \Supp(M)$, so gilt wegen $\dim_A(M) \le p$: + \begin{equation*} + \dim(A / \mfq) = p = \sup_{\mfp \in \Supp(M)} \dim(A / \mfp) = \dim_A(M) + \end{equation*} + Insbesondere gibt es kein $\mfp \in \Supp(M)$ mit $\mfp \subsetneq \mfq$. + Nun folgt + \begin{align*} + \Supp(M_\mfq) &= \Spec(A_\mfq / (\Ann_{A_\mfq}(M_\mfq))) \\ + &= \Spec({(A / \Ann_A(M))}_\mfq) \\ + &= \lbrace \mfp A_\mfq \mid \mfp \in \Supp(M) \wedge \mfp \subset \mfq \rbrace \\ + &= \lbrace \mfq A_\mfq \rbrace, + \end{align*} + also enthält $\Supp(M_\mfq)$ nur das eindeutige Maximalideal von $A_\mfq$. + Mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt also $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) < \infty$. + + Aus der aufsteigenden Folge von Untermoduln von $M$ erhalten wir durch Lokalisieren an $\mfq$: + \begin{equation*} + 0 = {M_0}_{\mfq} \subset \ldots \subset {M_s}_{\mfq} = M_\mfq + \end{equation*} + Dabei gilt + \begin{equation*} + {M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq \cong {(M_i / M_{i - 1})}_\mfq \cong {(A / \mfr_i)}_\mfq, + \end{equation*} + also ist ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq$ genau dann $0$, wenn $(A \setminus \mfq) \cap \mfr_i \neq \emptyset$, also wenn $\mfr_i \not\subset \mfq$. + Wir wollen nun $\mfr_i \in \Supp(M)$ zeigen. + Dazu betrachten wir die kurzen exakten Sequenzen + \begin{equation*} + 0 \to {M_{j - 1}}_{\mfr_i} \to {M_{j}}_{\mfr_i} \to {(M_j / M_{j - 1})}_{\mfr_i} \to 0. + \end{equation*} + Diese zeigen, dass ${M_j}_{\mfr_i} = 0$ genau dann gilt, wenn ${M_{j - 1}}_{\mfr_i} = 0$ und ${(M_j / M_{j - 1})}_{\mfr_i} = 0$. + Wir wissen aber + \begin{equation*} + {(M_i / M_{i - 1})}_{\mfr_i} = {(A / \mfr_i)}_{\mfr_i} = \Quot(A / \mfr_i) \neq 0, + \end{equation*} + also folgt für alle $j \ge i$ induktiv ${M_j}_{\mfr_i} \neq 0$ und insbesondere $M_{\mfr_i} \neq 0$, also $\mfr_i \in \Supp(M)$. + Ist ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq \neq 0$, so haben wir oben bereits gesehen, dass $\mfr_i \subset \mfq$ gilt. + Aber wegen $\mfr_i \in \Supp(M)$ und weil $\mfq$ das einzige Primideal in $\Supp(M)$ ist, das in $\mfq$ enthalten ist, folgt bereits $\mfr_i = \mfq$. + Folglich gilt für alle ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq \neq 0$ bereits ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq = \Quot(A / \mfq)$ und insbesondere sind sie einfache $A_\mfq$-Moduln. + Durch Weglassen von gleichen Untermoduln erhalten wir also eine Kompositionsreihe von $M_\mfq$ über $A_\mfq$, deren Länge die Anzahl $k$ der Indizes $i \in \lbrace 1, \ldots, s \rbrace$ mit $M_i / M_{i - 1} \cong A / \mfq$ ist. + Demnach gilt auch $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) = k$. + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{defn} + Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring. + Dann definieren wir folgende Funktion: + \begin{align*} + z_p \colon K_p(A) &\to Z_p(A) \\ + M & \mapsto \sum_{\substack{\mfq \in \Spec(A)\\\dim(A / \mfq) = p}} \length_{A_\mfq}(M_\mfq) \mfq + \end{align*} + Wir nennen $z_p(M)$ den zu $M$ gehörigen \textbf{Zykel} der Dimension $p$. + Da die Länge von $A$-Moduln additiv auf kurzen exakten Sequenzen ist, ist es auch die Funktion $z_p$. + Ist $M \in K_{p - 1}(A)$ und $\mfq \in \Spec(A)$ mit $\dim(A / \mfq) = p$, so gilt $\mfq \notin \Supp(M)$, da $\dim(M) < p$. + Also folgt $z_p(M) = 0$ das heißt die funktion $z_p$ ist null auf ganz $K_{p - 1}(A)$. \end{defn} -\begin{prop} - \label{prop:koszul-komplex-modul-null-bedingun} - Wenn zusätzlich zu den Voraussetzungen aus \cref{defn:koszul-komplex-modul} $\bmx$ eine $M$-reguläre Folge ist, dann gilt $H_p (\bmx, M) = 0$ für alle $p > 0$. - \begin{proof} - Für $r = 1$ ist die Behauptung war, denn $\Ann_M(x_1) = H_1(x_q,M) = 0$ bedeutet gerade, dass $x_1$ kein Nullteiler auf $M$ ist. - - Sei also nun $r > 1$ und die Behauptung wahr für $r - 1$. - Es gilt - \begin{align*} - H_p(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M) &= 0 \qquad \text{für } p \ne 0, \\ - H_0(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M) &= M/(x_1, \ldots, x_{r - 1})M, - \end{align*} - also ist $K(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M)$ ein azyklischer Komplex auf $M/(x_1, \ldots, x_{r - 1})M$. - Nach Voraussetzung ist $x_r$ kein Nullteiler auf $M/(x_1, \ldots, x_{r - 1})M$, also ist - \begin{equation*} - K(\bmx, M) = K(x_r) \otimes_A K(x_1, \ldots, x_{r - 1}; M) - \end{equation*} - nach \cref{kor:tensorprodukt-koszul-komplex-azyklischer-komplex} ein azyklischer Komplex auf $M/(x_1, \ldots, x_r)M$ und damit folgt die Behauptung. - \end{proof} -\end{prop} - \begin{bem} - \label{bem:koszul-komplex-funktorialität} - Ist $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$, dann ist - \begin{equation*} - K(\bmx, \bullet)\colon \Mod_A \to \Ch(\Mod_A) - \end{equation*} - ein Funktor. - Dieser ist exakt, denn ${K(\bmx)}_p$ ist der freie $A$-Modul vom Rang $\binom{r}{p}$ und damit insbesodere flach. - Demnach ist ${(H_p(\bmx, \bullet) = H_p\circ K(\bmx,\bullet))}_{p \in \N}$ ein homologischer $\delta$-Funktor von $\Mod_A$ nach $\Mod_A$. - Desweiteren gibt es einen natürlichen Isomorphismus - \begin{equation*} - \psi_0 \colon H_0(\bmx, \bullet) \to (A/\bmx) \otimes_A \bullet - \end{equation*} - und weil ${(\Tor^A_p(A/\bmx, \bullet))}_{p \in \N}$ ein universeller $\delta$-Funktor von von $\Mod_A$ nach $\Mod_A$ ist, setzt sich $\psi_0$ eindeutig zu einem Morphismus von $\delta$-Funktoren - \begin{equation*} - \psi \colon {(H_p(\bmx, \bullet))}_{p \in \N} \to {(\Tor^A_p(A/\bmx, \bullet))}_{p \in \N} - \end{equation*} - fort. + Ist $A$ ein noetherscher lokaler Integritätsring der Dimension $n$, so ist $\mfq = (0)$ das einzige Primideal von $A$ mit $\dim(A / \mfq) = n$. + Folglich gilt $Z_n(A) \cong \Z$. + Ist $M \in K_n(A)$, so gilt + \begin{equation*} + z_n(M) = \length_{A_{(0)}}(M_{(0)}) = \dim_{\Quot(A)}(M \otimes_A \Quot(A)) = \rk(M). + \end{equation*} \end{bem} -\begin{kor} - \label{kor:isomorphie-koszul-homologie-tor} - Sei $\bmx$ eine $A$-reguläre Folge. - Dann ist - \begin{equation*} - \psi \colon {(H_p(\bmx, \bullet))}_{p \in \N} \to {(\Tor^A_p(A/\bmx, \bullet))}_{p \in \N} - \end{equation*} - ein Isomorphismus von $\delta$-Funktoren. - \begin{proof} - Nach \cref{prop:koszul-komplex-modul-null-bedingun} ist $H_p(\bmx, A) = 0$ für $p > 0$ und es gilt $H_0(\bmx, A) = A / \bmx$. - Also ist $K(\bmx) = K(\bmx, A)$ ein azyklischer Komplex auf $A / \bmx$, also ist - \begin{equation*} - \cdots \to K_1(\bmx) \to K_0(\bmx) \to A / \bmx \to 0 - \end{equation*} - eine Auflösung. - Da $K_p(\bmx)$ der freie $A$-Modul vom Rang $\binom{r}{p}$ ist, ist diese Auflösung frei. - Insbesondere ist sie projektiv und damit folgt die Behauptung. - \end{proof} -\end{kor} +\begin{defn}[Multiplizität eines Moduls] + Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$. + Sei $\mfa \subset \mfm$ ein Ideal von $A$ mit $\length_A(A / \mfa) < \infty$. + Ist $M \neq 0$ ein endlich erzeugter $A$-Modul, dann gilt insbesondere $\length_A(M / \mfa M) < \infty$ und mit \cref{thm:dim-gleich-d-gleich-s} folgt $\deg(P_\mfa(M)) = \dim(M)$. + Wir nennen dann $e_\mfa(M) \coloneqq e_\mfa(M, \dim(M))$ die \textbf{Multiplizität} von $M$ bezüglich $\mfa$. + Allgemeiner betrachten wir $e_\mfa(M, p)$ für $\dim(M) \le p$. + Dies liefert uns eine Funktion + \begin{align*} + e_\mfa(\bullet, p) \colon K_p(A) &\to \N \\ + M & \mapsto e_\mfa(M, p), + \end{align*} + die nach \cref{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet} additiv auf kurzen exakten Sequenzen ist. + Per Definition ist sie null auf $K_{p - 1}(A)$. + Ist $\mfa = \mfm$, so nennen wir $e_\mfa(M) = e_\mfm(M)$ die \textbf{Multiplizität} von $M$. + Insbesondere heißt $e_\mfm(A)$ die \textbf{Multiplizität} des lokalen Rings $A$. +\end{defn} -\begin{prop} - \label{prop:koszul-homologie-annihilator} - Sei $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$ und $M$ ein $A$-Modul. - Für alle $p \in \Z$ gilt dann - \begin{equation*} - \bmx \subset \Ann_A(H_i(\bmx, M)) - \end{equation*} - und - \begin{equation*} - \Ann_A(M) \subset \Ann_A(H_i(\bmx, M)). - \end{equation*} - \begin{proof} - Sei $B = A[X_1, \ldots, X_r]$. Wir definieren eine $B$-Modul-Struktur auf $A$ durch $X_i a = 0$ für alle $a \in A$ und und eine $B$-Modul-Struktur auf $M$ durch $X_i m = x_i m$ für alle $m \in M$. - Nach \cref{lem:koszul-komplex-unabhaening-von-grundring} sind außerdem $K^A(\bmx, M)$ und $K^B(X_1, \ldots, X_r; M)$ als Komplexe abelscher Gruppen isomorph. - Da $(X_1, \ldots, X_r)$ eine reguläre Folge auf $M$ ist, folgt also - \begin{equation*} - H_p(\bmx, M) \cong H_p(X_1, \ldots, X_r; M) \cong \Tor^B_p(B/(X_1, \ldots, X_R), M) \cong \Tor^B_p(A, M). - \end{equation*} - Durch den Ringhomomorphismus $A \hookrightarrow B$ wird auf $\Tor^B_p(A, M)$ eine $A$-Modulstruktur definiert, die offensichtlich mit der $A$-Modulstruktur von $H_p(\bmx, M)$ übereinstimmt. - Also ist der obige Gruppenisomorphismus sogar ein Ismomorphismus von $A$-Moduln. - Insbesondere gilt für alle $a \in A$ mit $a \in \Ann_B(\Tor^B_p(A, M))$ auch $a \in \Ann_A(H_p(\bmx, M))$. - Nun gilt - \begin{align*} - \Ann_{B}(\Tor^B_p(A,M)) &\supset \Ann_B(A) + \Ann_B(M) \\ - &= (X_1, \ldots, X_r) + \Ann_B(M) \\ - &\supset (X_1, \ldots, X_r) + \Ann_A(M) + (X_1 - x_1, \ldots, X_r - x_r) - \end{align*} - und es folgt die Behauptung. - \end{proof} -\end{prop} +\begin{lem} + Ist $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$ und $\mfa \subset \mfm$ ein Ideal von $A$ mit $\length_A(A / \mfa) < \infty$ und $M \in K_p(A)$, so gilt folgende \emph{Additivitäts-Formel}: + \begin{equation*} + e_\mfa(M, p) = \sum_{\substack{\mfq \in \Spec(A)\\\dim(A / \mfq) = p}} \length_{A_\mfq}(M_\mfq) e_\mfa(A / \mfq, p). + \end{equation*} + \begin{proof} + Es gibt einen aufsteigende Folge $0 = M_0 \subset \ldots \subset M_s = M$ von Untermoduln von $M$ mit $M_i / M_{i - 1} \cong A / \mfr_i$ für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, s \rbrace$, für gewisse $\mfr_i \in \Spec(A)$ (siehe {}\cite[Chapter~I, Corollary~2 nach Proposition~5]{serre2000local}). + Wir wollen nun durch Induktion über $s$ zeigen, dass + \begin{equation*} + e_\mfa(M_s, p) = \sum_{i = 1}^s e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p) + \end{equation*} + gilt. + Wegen $M_1 = M_1 / M_0$ haben wir im Fall $s = 1$ + \begin{equation*} + e_\mfa(M_1, p) = e_\mfa(M_1 / M_0, p) = \sum_{i = 1}^1 e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p). + \end{equation*} + Sei nun also $s > 1$ und die Behauptung bereits für $s - 1$ gezeigt. + Wir betrachten die kurze exakte Sequenz + \begin{equation*} + 0 \to M_{s - 1} \to M_s \to M_s / M_{s - 1} \to 0. + \end{equation*} + Mit \cref{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet} und der Induktionsvoraussetzung folgt dann + \begin{align*} + e_\mfa(M_s, p) &= e_\mfa(M_{s - 1}, p) + e_\mfa(M_s / M_{s - 1}, p) \\ + &= \sum_{i = 1}^{s - 1} e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p) + e_\mfa(M_s / M_{s - 1}, p) \\ + &= \sum_{i = 1}^s e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p). + \end{align*} + Wie bereits im Beweis von \cref{lem:aufsteigende-folge-von-untermoduln-laenge} gesehen, gilt $\mfr_i \in \Supp(M)$ und damit folgt $\dim(A / \mfr_i) \le p$. + Ist $\dim(A / \mfr_i) < p$, so ist $e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p) = 0$, also folgt mit \cref{lem:aufsteigende-folge-von-untermoduln-laenge} + \begin{equation*} + e_\mfa(M, p) = \sum_{\substack{\mfq \in \Spec(A)\\\dim(A / \mfq) = p}} \length_{A_\mfq}(M_\mfq) e_\mfa(A / \mfq, p). + \end{equation*} + \end{proof} +\end{lem} \begin{bem} - \label{koszul-komplex-lokalisierung-und-vervollstaendigung} - Sei $M$ ein $A$-Modul und $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ eine Familie von Elementen aus $A$. - - Ist $S \subset A$ eine multiplikative Menge, so gilt $K(\bmx, M_S) = {K(\bmx, M)}_S$, denn die Funktoren $\bullet_S\colon \Mod_A \to \Mod_{A_S}$ und $\bullet \otimes_A A_S \colon \Mod_A \to \Mod_{A_S}$ sind natürlich isomorph. - - Statten wir die $M$ und $K(\bmx, M)$ jeweils mit der $\bmx$-adischen Filtrierung aus, so gilt $K(\bmx, \widehat{M}) = \widehat{K(\bmx, M)}$, denn - \begin{equation*} - K_p(\bmx, \widehat{M}) \cong \bigoplus_{i = 1}^{\binom{r}{p}} \widehat{M} - = \prod_{i = 1}^{\binom{r}{p}} \widehat{M} - \cong \widehat{\prod_{i = 1}^{\binom{r}{p}} M} - \cong \widehat{\bigoplus_{i = 1}^{\binom{r}{p}} M} - \cong \widehat{K_p(\bmx, M)} - \end{equation*} - und dieser Isomorphismus ist offensichtlich kompatibel mit den Randabbildungen. + Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring der Dimension $n$ mit maximalem Ideal $\mfm$ und $\bmx = (x_1, \ldots, x_n) \subset \mfm$ mit $\length_A(A / \bmx A) < \infty$. + Ist $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul, dann gilt $\length_A(M / \bmx M) < \infty$ und nach \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} gilt + \begin{equation*} + e_{\bmx}(M, n) = \chi(\bmx, M) = \sum_{i = 0}^n {(-1)}^i h_i(\bmx, M), + \end{equation*} + wobei $h_i(\bmx, M)$ die Länge der $i$-ten Homologiegruppe des Koszul-Komplexes $K(\bmx, M)$ ist. \end{bem} -\section{Die Filtrierung eines Koszul-Komplexes} -\label{sec:die-filtrierung-eines-koszu-komplexes} +\section{Reduktion auf die Diagonale} +\label{sec:reduktion-auf-die-diagonale} -\begin{defn}[Euler-Poincaré-Charakteristik] - \label{defn:euler-poincare-charakteristik} - Sei $A$ ein Ring und $K$ ein beschränkter Komplex von $A$-Moduln. - Ist $\length_A(K_p) < \infty$ für alle $p \in \Z$, so definieren wir die \textbf{Euler-Poincaré-Charakteristik} von $K$ durch - \begin{equation*} - \chi(K) = \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \length_A(K_p). - \end{equation*} - Ist $\length_A(H_p(K)) < \infty$ für alle $p \in \Z$, so definieren wir sie durch - \begin{equation*} - \chi(K) = \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \length_A(H_p(K)). - \end{equation*} - Sind beide Voraussetzungen gegeben, so stimmen die beiden Definitionen überein, da die Länge additiv auf kurzen exakten Sequenzen ist. -\end{defn} +Im Folgenden wollen wir das Verfahren der \emph{Reduktion auf die Diagonale} einführen. -Im Folgenden sei $A$ ein lokaler noetherscher Ring, das Ideal $\bmx = (x_1, \ldots, x_r)$ von $A$ sei im maximalen Ideal von $A$ enthalten und $M$ sei ein endlich erzeugter $A$-Modul mit $\length_A(M / \bmx M) < \infty$. -Die $A$-Moduln $H_p(\bmx, M)$ sind endlich erzeugt und für $\mfp \in \Supp(H_p(\bmx, M))$ gilt $\mfp \supset \Ann_A(H_p(\bmx, M))$. -Nach \cref{prop:koszul-homologie-annihilator} gilt also insbesondere $\mfp \supset \bmx + \Ann_A(M) = \Ann_A(M / \bmx M)$. -Damit gilt $\mfp \in \Supp(M / \bmx M)$, also ist $\mfp$ nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} ein maximales Ideal und wieder mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt $\length_A(H_p(\bmx, M)) < \infty$. +Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten von $\A^n_k$, so ist die algebraische Menge $V \cap W = V(I(V) + I(W))$ im allgemeinen nicht irreduzibel. Deswegen interessieren wir uns im Folgenden für eine irreduzible Komponente davon. -\begin{defn}[Euler-Poincaré-Charakteristik des Koszulkomplexes] - \label{defn:euler-poincare-charakteristik-des-koszul-komplexes} - Wir definieren die \textbf{Euler-Poincaré-Charakteristik} zu $(\bmx, M)$ durch - \begin{equation*} - \chi(\bmx, M) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \length_A(H_p(\bmx, M)). - \end{equation*} -\end{defn} +\begin{prop} + \label{prop:dimension-von-irreduzibler-komponente-von-schnitt} + Sei $k$ ein Körper. + Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten von $\A^n_k$ und ist $T$ eine irreduzible Komponente von $V \cap W$, dann gilt + \begin{equation*} + \codim(T) \le \codim(V) + \codim(W) + \end{equation*} + Oder in algebraischer Sprache ausgedrückt: + Sind $\mfp', \mfp'' \in \Spec(k[X_1, \ldots, X_n])$ und ist $\mfp$ ein minimales Element in $V(\mfp' + \mfp'')$, dann gilt + \begin{equation*} + \height(\mfp) \le \height(\mfp') + \height(\mfp''). + \end{equation*} +\end{prop} -Das Samuel-Polynom $P_{\bmx}(M)$ ist nach \cref{thm:samuel-polynom} vom Grad $\le r$ und es gilt +Um dies zu beweisen benötigen wir mehrere Lemmata: + +\begin{lem} + \label{lem:elemente-minimaler-primideale-sind-nullteiler} + Sei $A$ ein Ring und $\mfp$ ein minimales Primideal von $A$. + Dann sind alle Elemente von $\mfp$ Nullteiler in $A$. + \begin{proof} + Ist $R = 0$, so ist die Aussage trivial, sei also im Folgenden $R \neq 0$. + Ist $B \subset A$, so bezeichnen wir das Komplement von $B$ in $A$ mit $\overline{B}$. + Sei $\mcZ(A)$ die Menge der Nullteiler von $A$ und sei $S$ die multiplikative Menge $\overline{\mfp} \cdot \overline{\mcZ(A)}$. + Es gilt $0 \notin S$, denn sonst wäre $0 = ab$ mit $a \in \overline{\mfp}$ und $b \in \overline{\mcZ(A)}$. + Dann gilt aber $b \in \mcZ(A)$ im Widerspruch zu $b \in \overline{\mcZ(A)}$. + Demnach gilt $R_S \neq 0$ und es gibt ein Primideal $\mfq'$ von $R_S$. + Dieses entspricht einem Primideal $\mfq$ von $R$ mit $\mfq \cap S = \emptyset$, also $\mfq \subset \overline{S}$. + Wegen $R \neq 0$ gilt $1 \notin \mcZ(A)$ und da $\mfp$ prim ist, gilt $1 \notin \mfp$. + Es folgt $S \supset \overline{\mfp} \cup \overline{\mcZ(A)}$ und damit $\overline{S} \subset \mfp \cap \mcZ(A)$. + Insgemsamt erhalten wir also + \begin{equation*} + \mfq \subset \overline{S} \subset \mfp \cap \mcZ(A). + \end{equation*} + + Da $\mfp$ aber ein minimales Primideal ist, gilt bereits + \begin{equation*} + \mfp = \mfq \subset \mcZ(A). + \end{equation*} + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{lem} + \label{lem:dimension-tensor-produkt-modulo-minimales-primideal} + Seien $A'$ und $A''$ integre endlich erzeugte $k$-Algebren. + Für jedes minimale Primideal $\mfp$ von $A' \otimes_k A''$ gilt dann + \begin{equation*} + \dim((A' \otimes_k A'') / \mfp) = \dim(A' \otimes_k A'') = \dim(A') + \dim(A''). + \end{equation*} + \begin{proof} + Nach dem noetherschen Normalisierungssatz gibt es $B' = k[X_1, \ldots, X_n]$ und $B'' = k[Y_1, \ldots, Y_m]$ mit der Eigenschaft, $A'$ ganz über $B'$ und $A''$ ganz über $B''$ sind. + Nach dem Going Up Theorem gilt dann $\dim(A') = \dim(B')$ und $\dim(A'') = \dim(B'')$. Weiter gilt + \begin{equation*} + B' \otimes_k B'' = k[X_1, \ldots, X_n] \otimes_k k[Y_1, \ldots, Y_m] \cong k[X_1, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_m], + \end{equation*} + \begin{equation*} + \dim(B' \otimes_k B'') = n + m = \dim(B') + \dim(B''). + \end{equation*} + Ist $a \in A'$, so gibt es eine Ganzheitsgleichung + \begin{equation*} + a^r + \alpha_{r - 1} a^{r - 1} + \cdots + \alpha_1 a + \alpha_0 = 0 + \end{equation*} + mit gewissen $\alpha_i \in B'$. + Ist nun $b \in A''$, dann gilt + \begin{align*} + & {(a \otimes b)}^r + {(\alpha_{r - 1} \otimes b)(a \otimes b)}^{r - 1} + \cdots + (\alpha_1 \otimes b^{r - 1})(a \otimes b) + \alpha_0 \otimes b^r \\ + =& (a^r + \alpha_{r - 1} a^{r - 1} + \cdots + \alpha_1 a + \alpha_0) \otimes b^r = 0. + \end{align*} + Also ist $a \otimes b$ ganz über $B' \otimes_k A''$. + Da alle Elemente aus $A' \otimes_k A''$ Summen von Elementen der Form $a \otimes b$ sind, ist folglich $A' \otimes_k A''$ ganz über $B' \otimes_k A''$. + Das gleiche Argument zeigt nun, dass $B' \otimes_k A''$ ganz über $B' \otimes_k B''$ ist und wegen der Transitivität der Ganzheit folgt, dass $A' \otimes_k A''$ ganz über $B' \otimes_k B''$ ist. + + Seien nun $K', K'', L', L''$ jeweils die Quotientenkörper von $A', A'', B', B''$. + Dann haben wir folgendes kommutative Diagramm von Injektionen: + \begin{center} + \begin{tikzcd} + 0 \ar[r] & L' \otimes_k L'' \ar[r] &K' \otimes_k K'' \\ + 0 \ar[r] & B' \otimes_k B'' \ar[u] \ar[r] & A' \otimes_k A'' \ar[u] \\ + & 0 \ar[u] & 0 \ar[u] + \end{tikzcd} + \end{center} + Da $K'$ ist als $L'$-Vektorraum frei über $L'$ und $K''$ ist als $L''$-Vektorraum frei über $L''$. + Da Tensorprodukte und direkte Summen vertauschen, ist also $K' \otimes_k K''$ frei über $L' \otimes_k L''$. + Insbesondere ist $K' \otimes_k K''$ ein torsionsfreier $B' \otimes_k B''$-Modul. + Betrachte nun $x \in \mfp \cap B' \otimes_k B''$. + Da $\mfp$ ein minimales Primideal ist, $x$ nach \cref{lem:elemente-minimaler-primideale-sind-nullteiler} ein Nullteiler in $A' \otimes_k A''$, also gibt es ein $0 \neq y \in A' \otimes_k A''$ mit $xy = 0$. + Wäre $x \neq 0$, so wäre also $y \in K' \otimes_k K''$ ein $B' \otimes_k B''$-Torsionselement, aber $K' \otimes_k K''$ ist torsionsfrei. + Folglich gilt $\mfp \cap B' \otimes_k B'' = 0$ und damit ist $(A' \otimes_k A'') / \mfp$ ganz über $(B' \otimes_k B'') / (\mfp \cap B' \otimes_k B'') = B' \otimes_k B''$. + Das Going Up Theorem liefert uns nun + \begin{align*} + \dim((A' \otimes_k A'') / \mfp) &= \dim(B' \otimes_k B'') \\ + &= \dim(B') + \dim(B'')\\ + &= \dim(A') + \dim(A''). + \end{align*} + \end{proof} +\end{lem} + +\begin{lem} + \label{lem:lemma-fuer-reduktion-auf-die-diagonale} + Sei $k$ ein Körper und $A$ eine $k$-Algebra. + Sei außerdem $C = A \otimes_k A$ und sei $\phi \colon C \to A$ der durch $\phi(a \otimes b) = ab$ definierte Homomorphismus. Dann gilt: + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item Der Kern $\mfd$ von $\phi$ ist das Ideal von $C$, das von den Elementen der Form + \begin{equation*} + 1 \otimes a - a \otimes 1, \qquad a \in A + \end{equation*} + erzeugt wird. + \item Sind $\mfp'$ und $\mfp''$ zwei Ideale von $A$, dann ist das Bild des Ideals $\mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp''$ unter $\phi$ gleich $\mfp' + \mfp''$. + \end{enumerate} + \begin{proof}\leavevmode + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item Es ist klar, dass $1 \otimes a - a \otimes 1$ für alle $a \in A$ in $\mfd$ enthalten ist. + Sei umgekehrt $\sum_{i=1}^{n}a_i \otimes b_i \in \mfd$, also $\sum_{i = 1}^n a_i b_i = 0$. + Dann gilt: + \begin{align*} + - \sum_{i = 1}^n (1 \otimes a_i - a_i \otimes 1)(1 \otimes b_i) &= \sum_{i = 1}^n (a_i \otimes 1 - 1 \otimes a_i)(1 \otimes b_i) \\ + &= \sum_{i = 1}^n (a_i \otimes 1)(1 \otimes b_i) - (1 \otimes a_i)(1 \otimes b_i) \\ + &= \sum_{i = 1}^n a_i \otimes b_i - 1 \otimes a_i b_i \\ + &= \sum_{i = 1}^n a_i \otimes b_i + \end{align*} + Also ist $\sum_{i=1}^{n}a_i \otimes b_i$ im von den Elementen $a_i \otimes b_i$ erzeugten Ideal enthalten. + \item Sind $a' \in \mfp'$ und $a'' \in \mfp''$, so gilt \begin{equation*} + \phi(a' \otimes 1 + 1 \otimes a'') = \phi(a' \otimes 1) + \phi(1 \otimes a'') = a' + a''. + \end{equation*} + Es folgt also + \begin{equation*} + \phi(\mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp'') \supset \mfp' + \mfp''. + \end{equation*} + Sind umgekehrt $a' = \sum_{i = 1}^n a_i' \otimes b_i' \in \mfp' \otimes_k A$ und $a'' = \sum_{i = 1}^m b_i'' \otimes a_i'' \in A \otimes_k \mfp''$, so gilt + \begin{equation*} + \phi(a' + a'') = \phi\left(\sum_{i = 1}^n a_i' \otimes b_i' + \sum_{i = 1}^m b_i'' \otimes a_i''\right) = \underbrace{\sum_{i = 1}^n a_i' b_i'}_{\in \mfp'} + \underbrace{\sum_{i = 1}^m b_i'' a_i'}_{\in \mfp''} \in \mfp' + \mfp''. + \end{equation*} + Es folgt also auch + \begin{equation*} + \phi(\mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp'') \subset \mfp' + \mfp''. + \end{equation*} + \end{enumerate} + \end{proof} +\end{lem} + +Wir können nun \cref{prop:dimension-von-irreduzibler-komponente-von-schnitt} beweisen: +\begin{proof}[Beweis von \cref{prop:dimension-von-irreduzibler-komponente-von-schnitt}] + Sei $A = k[X_1, \ldots, X_n]$, $C = A \otimes_k A$, $D = A / \mfp' \otimes_k A / \mfp''$ und $\mfr = \mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp''$. + Sei außerdem $\phi$ wie in \cref{lem:lemma-fuer-reduktion-auf-die-diagonale} und $\mfd$ der Kern von $\phi$. + Wir haben folgende kurze exakte Sequenz: + \begin{equation*} + 0 \to \mfr \to C \to D \to 0 + \end{equation*} + Das Primideal $\mfP = \phi^{-1}(\mfp)$ ein minimales Primideal in $V(\mfd + \mfr)$, denn $(0) \subset \mfp$ und angenommen $\mfP'$ ein Primideal in $V(\mfd + \mfr)$, das in $\mfP$ enthalten ist, so gilt + \begin{equation*} + \mfp = \phi(\mfP) \supset \phi(\mfP') \supset \mfp' + \mfp''. + \end{equation*} + Da $\phi(\mfP')$ wegen der Surjektivität von $\phi$ ein Primideal ist, und weil $\mfp$ ein minimales Primideal in $V(\mfp' + \mfp'')$ ist, folgt + \begin{equation*} + \mfP' = \phi^{-1}(\phi(\mfP')) + \ker(\phi) = \phi^{-1}(\mfp) + \ker(\phi) = \mfP. + \end{equation*} + Sei $\mfd'$ das Bild von $\mfd$ in $D$, dann entsprechen die Elemente aus $V(\mfd')$ wegen der obigen kurzen exakten Sequenz genau den Elementen in $V(\mfd + \mfr)$. + Das Bild $\mfQ$ von $\mfP$ in $D$ ist also ein minimales Primideal in $V(\mfd')$. + Nach \cref{lem:lemma-fuer-reduktion-auf-die-diagonale} wird $\mfd$ von den $n$ Elementen $1 \otimes X_i - X_i \otimes 1$ erzeugt. + Die minimale Anzahl von Erzeugern von $\mfd'$ ist also $\le n$ und, da $\mfQ$ ein minimales Primideal über $\mfd'$ ist, folgt $\height(\mfQ) \le n$. + Sei $\mfQ_0$ ein minimales primideal von $D$, das in $\mfQ$ enthalten ist, dann gilt $\height(\mfQ / \mfQ_0) \le n$. + Nach \cref{lem:dimension-tensor-produkt-modulo-minimales-primideal} gilt + \begin{equation*} + \dim(D / \mfQ_0) = \dim(A / \mfp') + \dim(A / \mfp''). + \end{equation*} + Da $D$ eine endlich erzeugte $k$-Algebra ist, ist es auch $D / \mfQ_0$ eine endlich erzeugte $k$-Algebra, und da $\mfq_0$ prim ist, ist $D / \mfQ_0$ sogar integer. + Für Primideale $\mfq$ von $D/\mfQ_0$ gilt also + \begin{equation*} + \height(\mfq) + \dim((D / \mfQ_0) / \mfq) = \dim(D / \mfQ_0) + \end{equation*} + (vergleiche {}\cite[Chapter~III, Part~D, Proposition~15]{serre2000local}). + Insbesondere gilt + \begin{equation*} + \height(\mfQ / \mfQ_0) = \dim(D / \mfQ_0) - \dim((D / \mfQ_0)/(\mfQ / \mfQ_0)) = \dim(D / \mfQ_0) - \dim(D / \mfQ). + \end{equation*} + Nach Konstruktion gilt $A / \mfp \cong D / \mfQ$ und wir erhalten insgemsamt + \begin{equation*} + n \ge \height(\mfQ / \mfQ_0) = \dim(A / \mfp') + \dim(A / \mfp'') - \dim(A / \mfp), + \end{equation*} + also + \begin{equation*} + n - \dim(A / \mfp) \le n - \dim(A / \mfp') + n - \dim(A / \mfp''). + \end{equation*} + Da $A$ eine integre endlich erzeugte $k$-Algebra ist, folgt + \begin{equation*} + \height(\mfp) \le \height(\mfp') + \height(\mfp''). + \end{equation*} +\end{proof} + +Der obige Beweis basiert auf dem Ersetzen des Tripels $(A; \mfp', \mfp'')$ durch das Tripel $(A \otimes_k A; \mfd, \mfr)$. Dieses Verfahren wird \textbf{Reduktion auf die Diagonale} genannt. Es ist das algebraische Analogon zur Mengentheoretischen Formel $V \cap W = (V \times W) \cap \Delta$. + +Ist nämlich $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper und sind $U$ und $V$ algebraische Mengen in $\A_k^n$ und ist $\Delta$ die Diagonale in $\A^n_k \times_{\Spec(k)} \A^n_k \cong \A^{2n}_k$, dann gilt nach Definition $\Delta \cong \A^n_k$ und dieser Isomorphismus identifiziert $(U \times_{\Spec(k)} V) \cap \Delta$ mit $U \cap V$. +Seien $A = k[X_1, \ldots, X_n]$, $U = V(\mfp)$, $V = V(\mfq)$ und $\Delta = \Spec((A \otimes_k A) / \mfd)$, wobei $\mfd$ der Kern des surjektiven Homomorphismus +\begin{align*} + \phi \colon A \otimes_k A &\to A \\ + a \otimes b &\mapsto ab +\end{align*} +ist. +Sei außerdem $\mfd'$ das Bild von $\mfd$ in $A / \mfp \otimes_k A / \mfq$. +Dann sind \begin{equation*} - P_{\bmx}(M, r) = e_{\bmx}(M, r)\frac{n^r}{r!} + Q(n), + A / \mfp \otimes_A A / \mfq \cong A / (\mfp + \mfp) \end{equation*} -wobei $Q$ ein Polynom in $\in \Q[X]$ vom Grad $< r$ ist und wir mit $e_{\bmx}(M, r)$ das konstante Polynom $\Delta^r P_{\bmx}(M)$ bezeichnen. +und +\begin{equation*} + (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) \otimes_{(A \otimes_k A)} (A \otimes_k A) / \mfd \cong (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) / \mfd' +\end{equation*} +jeweils die Koordinatenringe von $U \cap V$ und $(U \times_{\Spec(k)} V) \cap \Delta$. +Die obige Aussage übersetzt sich dann auf folgende Weise in algebraische Sprache: +\begin{equation} + (A \otimes_k A) / \mfd \cong A +\end{equation} +\begin{equation} + A / \mfp \otimes_A A / \mfq \cong (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) \otimes_{(A \otimes_k A)} A \cong (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) \otimes_{(A \otimes_k A)} (A \otimes_k A) / \mfd +\end{equation} +Diese Formel verallgemeinert sich auf folgende Weise: Sei $k$ ein Körper, $A$ eine $k$-Algebra, $B = A \otimes_k A$, $\mfd$ das von $a \otimes 1 - 1 \otimes a$, $a \in A$ erzeugte Indeal in $B$ und seien $M$ und $N$ zwei $A$-Moduln. +Dann ist $B / \mfd$ eine zu $A$ isomorphe $k$-Algebra und $A$ erhält dadurch eine $B$-Modulstruktur. +Die Assoziativitätsformel des $\Tor$-Funktors (siehe {}\cite[Chapter~IX, Theorem~2.8]{cartan1956homological}) liefert uns die natürlichen Isomorphismen +\begin{equation} + \Tor^B_n(M \otimes_k N, A) \cong \Tor^A_n(M, N). \label{eq:reduktion-auf-die-diagonale-affiner-fall} +\end{equation} +Ist also +\begin{equation*} + \cdots \to L_1 \to L_0 \to A \to 0 +\end{equation*} +eine $B$-projektive Auflösung, dann erhalten wir natürliche Isomorphismen +\begin{equation*} + \Tor^A_n(M, N) \cong H_n((M \otimes_k N) \otimes_B L_{\bullet}). +\end{equation*} +Im Fall $A = k[X_1, \ldots, X_n]$ ist $\mfd$ das von $X_i - 1 \otimes 1 - X_i$, $i \in \lbrace 1, \ldots, n \rbrace$ erzeugte Ideal. Offensichtlich ist $\bmX = {(X_i - 1 \otimes 1 - X_i)}_{i \in \lbrace 1, \ldots, n \rbrace}$ eine $B$-reguläre Folge und es gilt +\begin{equation*} + H^B_0(\bmX, B) = B / \mfd \cong A. +\end{equation*} +Mit \cref{prop:koszul-komplex-modul-null-bedingun} folgt also, dass $K^B(\bmX, B)$ eine $B$-freie und damit $B$-projektive Auflösung von $A$ ist. +Es folgt +\begin{equation} +\label{eq:tor-koszul} + \Tor^A_n(M, N) \cong H_n((M \otimes_k N) \otimes_B K^B(\bmX, B)) = H_n^B(\bmX, M\otimes_k N). +\end{equation} -Im Folgenden wollen wir die beiden ganzen Zahlen $\chi(\bmx, M)$ und $e_{\bmx}(M, r)$ miteinander vergleichen. +Wir wollen \cref{eq:tor-koszul} im Folgenden auf vervollständigte Tensorprodukte verallgemeinern. + +\section{Vervollständigte Tensorprodukte} +\label{sec:vervollständigte-tensorprodukte} + +\begin{defn}[Vervollständigtes Tensorproduk] + \label{defn:vervollstaendigtes-tensorprodukt} + Sei $k$ ein noetherscher Ring und seien $A$ und $B$ noethersche $k$-Algebren. + Seien $\mfm, \mfn$ Ideale von $A$, beziehungsweise $B$ mit der Eigenschaft, dass $A/\mfm$ und $B/\mfn$ $k$-Moduln von endlicher Länge sind. + Sei $M$ (beziehungsweise $N$) ein endlich erzeugter $A$-Modul (beziehungsweise $B$-Modul) mit einer $\mfm$-stabilen Filtrierung $(M_p)$ (beziehungsweise mit einr $\mfn$-stabilen Filtrierung ($N_q$)). + Wegen $V(\mfm) = V(\mfm^p)$ und $V(\mfn) = V(\mfn^q)$ folgt mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge}, dass auch $A/\mfm^p$ und $B/\mfn^q$ von endlicher Länge über $k$ sind. + Wegen $\mfm^p \subset \Ann_A(M / \mfm^p M)$ und $\mfn^q \subset \Ann_B(N / \mfn^q N)$ ist $M / \mfm^p M$ ein endlich erzeugter $(A / \mfm^p)$-Modul und $N / \mfn^q N$ ein endlich erzeugter $(B / \mfn^q)$-Modul. + Demnach sind sie $k$-Moduln von endlicher Länge und wegen $M_p \supset \mfm^p M$ und $N_q \supset \mfn^q N$ sind auch $M / M_p$ und $N / N_q$ von endlicher Länge über $k$. + + Für alle $i \in \N$ bilden die Moduln $\Tor^k_i(M/M_p, N/N_q)$ ein projektives System und wir definieren die \textbf{vervollständigten $\BTor$-Funktoren} durch + \begin{equation} + \widehat{\Tor}_i^k(M, N) = \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q). + \end{equation} + Im Fall $i = 0$ erhalten wir das \textbf{vervollständigte Tensorprodukt} + \begin{equation} + M \widehat{\otimes}_k N = \varprojlim_{(p, q)} (M / M_p \otimes_k N / N_q). + \end{equation} +\end{defn} + +Wir geben nun einige Eigenschaften der soeben definierten abelschen Gruppen an: + +\begin{prop} + \label{prop:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften} + Sei $k$ ein noetherscher Ring und seien $A$ und $B$ noethersche $k$-Algebren. + Seien $\mfm, \mfn$ Ideale von $A$, beziehungsweise $B$ mit der Eigenschaft, dass $A/\mfm$ und $B/\mfn$ $k$-Moduln von endlicher Länge sind. + Sei $M$ (beziehungsweise $N$) ein endlich erzeugter $A$-Modul (beziehungsweise $B$-Modul) mit einer $\mfm$-stabilen Filtrierung $(M_p)$ (beziehungsweise mit einr $\mfn$-stabilen Filtrierung ($N_q$)). + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item Es gilt + \begin{equation} + \label{eq:vervollstaendigter-tor-nur-diagonale} + \widehat{\Tor}^k_i(M, N) \cong \varprojlim_{p} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_p) + \end{equation} + und + \begin{align*} + \widehat{\Tor}^k_i(M, N) &\cong \varprojlim_{p} \varprojlim_{q}\Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \\ + &\cong \varprojlim_{q}\varprojlim_{p}\Tor^k_i(M / M_p, N / N_q). + \end{align*} + \item\label{item:unabhaengig-von-filtrierung} Die Moduln $\widehat{\Tor}^k_i(M, N)$ sind nicht von den gewählten stabilen Filtrierungen von $M$ und $N$ abhängig. + \item\label{item:vollstaendigkeit-vervollstaendigtes-tensorprodukt} Wir haben kanonische Morphismen + \begin{equation*} + M \otimes_k N \to \varprojlim_{p}(M / M_p) \otimes_k \varprojlim_{q}(N / N_q) \cong \hat{M} \otimes_k \hat{N} + \end{equation*} + und + \begin{equation*} + \hat{M} \otimes_k \hat{N} \to M \widehat{\otimes}_k N. + \end{equation*} + Weiter ist $M \widehat{\otimes}_k N$ kanonisch isomorph zur $(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$-adischen Vervollsändigung von $M \otimes_k N$. + \item Der Ring $A \widehat{\otimes}_k B$ ist vollständig bezüglich der $\mfr$-adischen Topologie, wobei + \begin{equation*} + \mfr = \mfm \widehat{\otimes}_k B + A \widehat{\otimes}_k \mfn. + \end{equation*} + Allgemeiner ist $\widehat{\Tor}^i_k(M, N)$ vollständig bezüglich der der $\mfr$-adischen Topologie. + Es gilt + \begin{equation*} + (A \widehat{\otimes}_k B) / \mfr \cong (A / \mfm) \otimes_k (B / \mfn) + \end{equation*} + und + \begin{equation*} + (M \widehat{\otimes}_k N) / \mfr (M \widehat{\otimes}_k N) \cong (M / \mfm M) \otimes_k (N / \mfn N). + \end{equation*} + Weiter ist $A \widehat{\otimes}_k B$ noethersch und $M \widehat{\otimes}_k N$ ist ein endlich erzeugter $(A \widehat{\otimes}_k B)$-Modul. + Außerdem korrespondieren die Maximalideale in $A \widehat{\otimes}_k B$ mit den Maximalidealen in $A / \mfm \otimes_k B / \mfn$. + \item\label{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-lange-exakte-sequenz} Ist $0 \to M' \to M \to M'' \to 0$ eine kurze exakte Sequenz von endlich erzeugten $A$-Moduln, dann erhalten wir durch die exakten Sequenzen + \begin{align*} + \cdots &\to \Tor^k_n(M / \mfm^p M , N / \mfn^q N) \\ + &\to \Tor^k_n(M'' / \mfm^p M'' , N / \mfn^q N) \\ + &\to \Tor^k_{n - 1}(M' / M' \cap \mfm^p M , N / \mfn^q N) \to \cdots + \end{align*} + eine exakte Sequenz + \begin{equation*} + \cdots \to \widehat{\Tor}^k_n(M, N) \to \widehat{\Tor}^k_n(M'', N) \to \widehat{\Tor}^k_{n - 1}(M', N) \to \cdots. + \end{equation*} + \item\label{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-M-folge} Sei nun $k$ ein regulärer Ring der Dimension $n$ und wir nehmen an, dass $M$ als $k$-Modul betrachtet eine $M$-Folge $\lbrace a_1, \ldots, a_r \rbrace$ besitzt, das heißt eine $M$-requläre Folge von Elementen aus $\Rad(k)$. + Dann gilt für alle $i > n - r$: + \begin{equation*} + \widehat{\Tor}^i_k(M, N) = 0 + \end{equation*} + \end{enumerate} + \begin{proof}\leavevmode + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item \cref{eq:vervollstaendigter-tor-nur-diagonale} gilt, da die Diagonale in $\N \times \N$ eine kofinale Teilmenge ist und die zweite Gleichung ist ebenfalls offensichtlich. + \item Sei $(M'_p)$ eine weitere $\mfm$-stabile Filtrierung auf $M$. + Da $(M_p)$ und $(M'_p)$ die gleiche Topologie auf $M$ definieren, nämlich die $\mfm$-adische (vergleiche {}\cite[Chapitre~III, §3, Proposition~4]{bourbaki2006algebre}), gibt es zu jedem $p \in \N$ ein $p' \in \N$ mit $M_{p'} \subset M'_p$. + Sei + \begin{equation*} + \phi_{m,n} \colon \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \to \Tor^k_i(M / M_m, N / N_n) + \end{equation*} + der kanonische Morphismus. + Ist nun $l \in \N$, so gibt es ein $m \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$ und wir erhalten einen Morphismus + \begin{equation*} + M/M_m \to M/M'_l + \end{equation*} + und damit für alle $n \in \N$ einen Morphismus + \begin{equation*} + \alpha_{m,l,n}\colon \Tor^k_i(M / M_m, N / N_n) \to \Tor^k_i(M / M'_l, N / N_n). + \end{equation*} + Sind $m, m' \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$, $M_{m'} \subset M'_l$ und $M_m \subset M_{m'}$, so ist das Diagramm + \begin{center} + \begin{tikzcd} + M / M_{m'} \ar[d, two heads] \ar[r, two heads] & M / M'_l \ar[d, equal] \\ + M / M_m \ar[r, two heads] & M / M'_l + \end{tikzcd} + \end{center} + offensichtlich kommutativ und damit auch das folgende Diagramm: + \begin{center} + \begin{tikzcd} + \Tor^k_i (M / M_{m'}, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m', l, n}"] \ar[d] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) \ar[d, equal] \\ + \Tor^k_i (M / M_m, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m, l, n}"'] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) + \end{tikzcd} + \end{center} + Wir definieren nun + \begin{equation*} + \psi_{l, n} \colon \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \to \Tor^k_i(M / M'_l, N / N_n) + \end{equation*} + durch $\psi_{l, n} = \alpha_{m, l, n} \circ \phi_{m, n}$, wobei $m \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$. + Diese Definition ist unabhängig von der Wahl von $m$, wie das folgende kommutative Diagramm zeigt: + \begin{center} + \begin{tikzcd} + \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i (M / M_p, N / N_q) \ar[r, "\phi_{m, n}"] \ar[dr, "\phi_{m', n}"'] & \Tor^k_i (M / M_{m'}, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m', l, n}"] \ar[d] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) \ar[d, equal] \\ + &\Tor^k_i (M / M_m, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m, l, n}"'] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) + \end{tikzcd} + \end{center} + Ist nun $l' > l$, also $M'_l \subset M'_{l'}$, dann gibt es ein $m \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$ und damit ist das Diagramm + \begin{center} + \begin{tikzcd} + & M / M_m \ar[dl] \ar[dr]\\ + M / M'_{l'} \ar[rr] & & M / M'_l + \end{tikzcd} + \end{center} + kommutativ und damit auch das folgende Diagramm: + \begin{center} + \begin{tikzcd} + & \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i (M / M_p, N / N_q) \ar[d, "\phi_{m, n}"] \ar[ddl, bend right=15, "\psi_{l',n}"'] \ar[ddr, bend left=15, "\psi_{l,n}"] \\ + & \Tor^k_i (M / M_m, N / N_n) \ar[dl, "\alpha_{m, l', n}"] \ar[dr, "\alpha_{m, l, n}"'] \\ + \Tor^k_i (M / M'_{l'}, N / N_n) \ar[rr] & & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) + \end{tikzcd} + \end{center} + Nach der Definition von $\alpha_{m, l, n}$ ist es offensichtlich, dass $\psi_{l,n}$ auch mit Variationen in $n$ kompatibel ist. + Sei + \begin{equation*} + \varphi_{m,n} \colon \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M'_p, N / N_q) \to \Tor^k_i(M / M'_m, N / N_n) + \end{equation*} + der kanonische Morphismus. + Dann erhalten wir einen eindeutigen Morphismus + \begin{equation*} + \Phi \colon \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \to \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M'_p, N / N_q) + \end{equation*} + mit $\psi_{l,n} = \varphi_{l,n} \circ \Phi$. + Vertauschen wir nun die Rollen der Filtrierungen $(M_p)$ und $(M'_p)$, so erhalten wir einen eindeutigen Morphismus + \begin{equation*} + \Phi^{-1} \colon \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M'_p, N / N_q) \to \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) + \end{equation*} + und das übliche Argument zu universellen Eigenschaften liefert uns, dass diese beiden Morphismen tatsächlich zueinander inverse Isomorphismen sind. + \item Die Morphismen $M \to M / M_p$ und $N \to N / N_q$ liefern wegen der universellen Eigenschaft des projektiven Limes die Morphismen $M \to \varprojlim\limits_p(M / M_p)$ und $N \to \varprojlim\limits_q(N / N_q)$ und wir erhalten einen Morphismus + \begin{equation*} + M \otimes_k N \to \varprojlim_{p}(M / M_p) \otimes_k \varprojlim_{q}(N / N_q) \cong \hat{M} \otimes_k \hat{N} + \end{equation*} + wie gewünscht. + + Die kanonischen Morphismen $\hat{M} \cong \varprojlim\limits_p (M / M_p) \to M / M_p$ und $\hat{N} \cong \varprojlim\limits_q (N / N_q) \to N / N_q$ + liefern uns Morphismen + \begin{equation*} + \hat{M} \otimes_k \hat(N) \to M / M_p \otimes_k N / N_q + \end{equation*} + und die universelle Eigenschaft des projektiven Limes liefert uns wie gewünscht den Morphismus + \begin{equation*} + \hat{M} \otimes_k \hat{N} \to M \widehat{\otimes}_k N. + \end{equation*} + + Nach \cref{item:unabhaengig-von-filtrierung} Können wir zur Berechnung von $M \widehat{\otimes}_k N$ die $\mfm$-adische Filtrierung auf $M$ und die $\mfn$-adische Filtrierung auf $N$ verwenden. + Folglich gilt: + \begin{equation*} + \label{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-ist-vervollstaendigung-des-tensorprodukts}\tag{$\bigcirc$} + \begin{aligned} + M \widehat{\otimes}_k N &\cong \varprojlim_{p, q} (M / \mfm^p M \otimes_k N / \mfn^q N) \\ + &\cong \varprojlim_{p} (M / \mfm^p M \otimes_k N / \mfn^p N) \\ + &\cong \varprojlim_{p} ((M \otimes_k N) / (\mfm^p M \otimes_k N + M \otimes_k \mfn^p N)) \\ + &\cong \varprojlim_{p} ((M \otimes_k N) / (\mfm^p \otimes_k B +A \otimes_k \mfn^p)(M \otimes_k N)) + \end{aligned} + \end{equation*} + Nun gilt offensichtlich + \begin{equation*} + {(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)}^p = \sum_{s + t = p} \mfm^s \otimes_k \mfn^t \supset \mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p. + \end{equation*} + + Sind andererseits $s, t \in \N$ mit $s + t = 2p$, so gilt $s \ge p$ oder $t \ge p$ und damit folgt $\mfm^s \otimes_k \mfn^t \subset \mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p$, also + \begin{equation*} + \mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p \supset \sum_{s + t = 2n} \mfm^s \otimes_k \mfn^t = {(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)}^{2p}. + \end{equation*} + Demnach sind die $(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$-adische Filtrierung auf $M \otimes_k N$ und die Filtrierung ${((\mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p)(M \otimes_k N))}_p$ kofinal und mit \cref{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-ist-vervollstaendigung-des-tensorprodukts} folgt + \begin{equation*} + M \widehat{\otimes}_k N \cong \varprojlim_{p} (M \otimes_k N) / ({(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)}^p(M \otimes_k N)). + \end{equation*} + + \item Da das vervollständigte Tensorprodukt mit Summen kompatibel ist, ist $\mfr$ nach \cref{item:vollstaendigkeit-vervollstaendigtes-tensorprodukt} die $(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$-adische Vervollsändigung von $\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfm$, also ist $A \widehat{\otimes}_k B$ vollständig bezüglich der $\mfr$-adischen Topologie. + Analog sieht man auch, dass $\widehat{\Tor}^k_i(M, N)$ voll ständig bezüglich der $\mfr$-adischen Topologie ist. + Es gilt also auch + \begin{equation*} + (A \widehat{\otimes}_k B) / \mfr \cong (A \otimes _k) / (\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn) + \cong (A / \mfm) \otimes_k (B / \mfn) + \end{equation*} + und + \begin{equation*} + (M \widehat{\otimes}_k N) / \mfr (M \widehat{\otimes}_k N) \cong (M / \mfm M) \otimes_k (N / \mfn N). + \end{equation*} + + Es gilt $\gr(\mfr) \cong \gr(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$ und $\gr(M \widehat{\otimes}_k N) \cong \gr(M \otimes_k N)$. + Da $A$ und $B$ noethersch sind, sind $\mfm$ und $\mfn$ endlich erzeugt, also ist auch $\mfr^n / \mfr^{n + 1}$ endlich erzeugt und damit ist $\gr(\mfr)$ ein endlich erzeugter $\gr(A \widehat{\otimes}_k B)$-Modul. + Folglich sind $\mfr$ und $M \widehat{\otimes}_k N$ bereits endlich erzeugt (siehe {}\cite[Chapter~II, Part~A, Corollary~2 nach Proposition~6]{serre2000local}). + + Da $(A / \mfm) \otimes_k (B / \mfn)$ als Tensorprodukt noetherscher Moduln noethersch ist, ist $A \widehat{\otimes}_k B$ also ebenfalls noethersch (siehe {}\cite[Chapter~II, Part~A, Corollary~3 nach Proposition~6]{serre2000local}). + + Sei $x \in \mfr$, dann konvergiert $1 + x + x^2 + \cdots$ ind $\mfr$ und es gilt $1 + x + x^2 + \cdots = \frac{1}{1 - x}$, das heißt für alle $x \in \mfr$ ist $1 - x \in {(A \widehat{\otimes}_k B)}^\times$. + Da $\mfr$ ein Ideal ist, gilt also insbesondere auch $1 + ax \in {(A \widehat{\otimes}_k B)}^\times$ für alle $a \in A \widehat{\otimes}_k B$ und es folgt $\mfr \subset \Rad(A \widehat{\otimes}_k B)$. + Demnach korrespondieren die Maximalideale in $A \widehat{\otimes}_k B$ mit den Maximalidealen in $A / \mfm \otimes_k B / \mfn$. + \item Die Moduln $M / \mfm^p M$, $M'' / \mfm^p M''$, $M' / M' \cap \mfm^p M$ und $N / \mfn^q N$ sind von endlicher Länge, wie wir in \cref{defn:vervollstaendigtes-tensorprodukt} bereits gesehen haben. + Da sie endlich erzeugt sind, sind sie insbesondere auch artinsch und es folgt, dass auch die folgenden Moduln für alle $n \in \N$ artinsch sind: + \begin{gather*} + \Tor^k_n(M / \mfm^p M , N / \mfn^q N),\\ + \Tor^k_n(M'' / \mfm^p M'' , N / \mfn^q N), \\ + \Tor^k_{n}(M' / M' \cap \mfm^p M , N / \mfn^q N) + \end{gather*} + Also erfüllen sie die \emph{Mittag-Leffler-Bedingung} (siehe {}\cite[Chapter~0, 13.1.2]{EGA}) und mit {}\cite[Chapter~0, Proposition~13.2.2]{EGA} folgt, dass die Sequenz wie gewünscht exakt ist. + \item Wegen + \begin{equation*} + \widehat{\Tor}^k_i(M, N) = \varprojlim_{n}\widehat{\Tor}^k_i(M, N / \mfq^n N) + \end{equation*} + genügt es die Behuptung im Fall $\length_k(N) < \infty$ zu zeigen. + Ist $i > n$, so gilt für alle $p,q \in \N$, dass $\Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) = 0$, also auch $\widehat{\Tor}^k_i(M, N) = 0$. + Dann liefert uns die kurze exakte Sequenz + \begin{equation*} + \label{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-sequenz-multiplikation-mit-a1}\tag{$\ast$} + 0 \longrightarrow M \overset{\cdot a_1}{\longrightarrow} M \to M / a_1 M \to 0 + \end{equation*} + wegen \cref{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-lange-exakte-sequenz} die exakte Sequenz + \begin{equation*} + 0 \longrightarrow \widehat{\Tor}^k_n(M, N) \overset{\cdot a_1}{\longrightarrow} \widehat{\Tor}^k_n(M, N). + \end{equation*} + Da $\length_k(N) < \infty$ wird die Kette + \begin{equation*} + N \supset a_1 N \supset a_1^2 N \supset \cdots + \end{equation*} + stationär, das heißt es gibt ein $n_0 \in \N$ mit der Eigenschaft, dass für alle $n \ge n_0$ gilt: + \begin{equation*} + a_1^n N = a_1^{n+1} N + \end{equation*} + Da $N$ über $A$ endlich erzeugt ist, liefert das Nakayama-Lemma bereits $a_1^{n_0} N = 0$ und damit auch $a_1^{n_0} \in \Ann_k(\widehat{\Tor}^k_n(M, N))$. + Sei $n_0$ minimal mit dieser Eigenschaft. + Angenommen $\widehat{\Tor}^k_n(M, N) \neq 0$, dann gilt $n_0 \ge 1$ und es gibt ein $0 \neq x \in a_1^{n_0 - 1}\widehat{\Tor}^k_n(M, N) \subset \widehat{\Tor}^k_n(M, N)$ mit $a_1 x = 0$ im Widerspruch zur Injektivität der Abbildung $\cdot a_1$, also ist $\widehat{\Tor}^k_n(M, N) = 0$. + Dies zeigt die Behauptung im Fall $r = 1$. + + Im Fall $r > 1$ ist $\lbrace a_2, \ldots, a_r \rbrace$ eine $(M / a_1)$-Folge der Länge $r - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung angewendet auf $M / a_1$ folgt $\widehat{\Tor}^k_i(M / a_1, N)$ = 0 für alle $i > n - (r - 1)$. + Wir erhalten also aus \cref{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-sequenz-multiplikation-mit-a1} die exakte Sequenz + \begin{equation*} + 0 \longrightarrow \widehat{\Tor}^k_{n - r}(M, N) \overset{\cdot a_1}{\longrightarrow} \widehat{\Tor}^k_{n - r}(M, N) + \end{equation*} + und mit dem gleichen Argument wie oben folgt $\widehat{\Tor}^k_{n - r}(M, N) = 0$. + \end{enumerate} + \end{proof} +\end{prop} + +\begin{bem} + Trägt $N$ in \cref{prop:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften}~\cref{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-M-folge} eine natürliche $A$-Modul-Struktur, so kann die $M$-Folge $\lbrace a_1, \ldots, a_r \rbrace$ auch aus Elementen aus $\Rad(A)$ bestehn. + Der Beweis bleibt in diesem Fall identisch. +\end{bem} + +Wir wollen nun den für uns wichtigsten Fall untersuchen, nämlich dass $k$ ein Körper ist, $A \cong B \cong k[[X_1, \ldots, X_n]]$ und $\mfm \cong \mfn \cong (X_1, \ldots, X_n)$. +In diesem Fall ist $\widehat{\Tor}^k_i(A, B) =~0$ für $i > 0$, denn $B$ trägt eine natürliche $A$-Modul-Struktur und $A$ hat die $A$-Folge $\lbrace X_1, \ldots, X_n \rbrace$. +Wie wir bereits gesehen haben, ist $A \widehat{\otimes}_k B$ die $\mfr$-adische Vervollständigung von $A \otimes_k B$ ist, wobei +\begin{equation*} + \mfr = (X_1, \ldots, X_n) \otimes_k B + A \otimes_k (Y_1, \ldots, Y_n). +\end{equation*} +Sei nun $C = k[[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]]$ der formale Potenzreihenring in $2n$ Variablen. +Dann haben wir eine Einbettung +\begin{align*} + \phi \colon A \otimes_k B &\to C\\ + f \otimes g & \mapsto fg +\end{align*} +(siehe {}\cite[Proposition~3.1]{bardavid11aneffective}) und das Bild von $\mfr$ unter dieser Einbettung ist offensichtlich $(X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n)$. +Desweiteren gilt $k[X_1, \ldots, X_n] \subset A$ und $k[Y_1, \ldots, Y_n] \subset B$ und da Polynomringe und formale Potenzreihenringe flach sind, haben wir eine Injektion +\begin{equation*} + k[X_1, \ldots, X_n] \otimes_k k[Y_1, \ldots, Y_n] \hookrightarrow A \otimes_k B \hookrightarrow C, +\end{equation*} +der offenbar dem Morphismus +\begin{align*} + k[X_1, \ldots, X_n] \otimes_k k[Y_1, \ldots, Y_n] &\to C \\ + f \otimes g & \mapsto fg +\end{align*} +entspricht. +Das Bild dieses Morphismus ist bekannterweise $k[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]$, es gilt also $k[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n] \subset \phi(A \otimes_k B)$. +Nun ist aber $C$ die Vervollständigung von $k[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]$ bezüglich $(X_1, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n)$, also folgt bereits +\begin{equation*} + A \widehat{\otimes}_k B \cong C. +\end{equation*} + +\begin{prop} + \label{prop:reduktion-auf-diagonale-diagonale-potenzreihernring} + Sei $k$ ein Körper und sei $A \cong B \cong k[[X_1, \ldots, X_n]]$, und sei $\mfm \cong \mfn \cong (X_1, \ldots, X_n)$. Sei $C$ der formalen Potenzreihenring $k[[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]]$ in $2n$ Variablen. + Sei $M$ (beziehungsweise $N$) ein endlich erzeugter $A$-Modul (beziehungsweise $B$-Modul) mit einer $\mfm$-stabilen Filtrierung $(M_p)$ (beziehungsweise mit einr $\mfn$-stabilen Filtrierung ($N_q$)). + Dann gilt + \begin{equation} + \label{eq:reduktipn-auf-die-diagonale-potenzreihe} + \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A). + \end{equation} + \begin{proof} + Es sei nun $\mfq$ (beziehungsweise $\mfq'$) ein Ideal von $A$ (beziehungsweise $B$) mit $\length_A(A / \mfq) <~\infty$ (beziehungsweise $\length_B(B / \mfq') < \infty$). + Weiter sei $\mfs$ das von $\mfq$ und $\mfq'$ erzeugte Ideal in $C$ und wir statten $M$, $N$, $M \widehat{\otimes}_k N$ jeweils mit der $\mfq$-adischen, $\mfq'$-adischen und $\mfs$-adischen Topologie aus. + Wir betrachten nun die zugehörigen graduierten Moduln $\gr(M)$, $\gr(N)$ und $\gr(M \widehat{\otimes}_k N)$. + Der natürliche Morphismus $M \otimes_k N \to M \widehat{\otimes}_k N$ induziert einen Morphismus + \begin{equation*} + \gr(M) \otimes_k \gr(N) \to \gr(M \widehat{\otimes}_k N). + \end{equation*} + Ist $\mfm$ das eindeutige Maximalideal von $A$, so sind die $\mfs$-adische Filtrierung und die $(\mfm \widehat{\otimes}_k B + A \widehat{\otimes}_k \mfm)$-adische Filtrierung offenbar kofinal, und es folgt + \begin{equation*} + \gr(M \widehat{\otimes}_k N) \cong \gr(M \otimes_k N). + \end{equation*} + Da Tensorprodukte und direkte Summen vertauschen, zeigt dies, dass der obige Morphismus ein Isomorphismus ist. + Also gilt + \begin{equation*} + \dim(M \widehat{\otimes}_k N) = \dim(M) + \dim(N) + \end{equation*} + und + \begin{equation*} + e_\mfs(M \widehat{\otimes}_k N, \dim(M) + \dim(N)) = e_\mfq(M, \dim(M)) \cdot e_{\mfq'}(N, \dim(N)). + \end{equation*} + + Sind + \begin{equation*} + \cdots \to K_1 \to K_0 \to M \to 0 + \end{equation*} + und + \begin{equation*} + \cdots \to L_1 \to L_0 \to N \to 0 + \end{equation*} + jeweils eine $A$-freie und eine $B$-freie Auflösung von $M$ und $N$, so ist ${(\sum_{p + q = n} K_p \widehat{\otimes}_k L_q)}_n$ eine $C$-freie Auflösung von $M \widehat{\otimes}_K N$. + Sei $\mfd = (X_1 - Y_1, \ldots, X_n - Y_n) \subset C$, dann gilt offenbar $A \cong C / \mfd$. + Dann gilt + \begin{equation*} + K_p \otimes_A L_q \cong (K_p \widehat{\otimes}_k L_q) \otimes_C A + \end{equation*} + und wir erhalten die Formel für der Reduktion auf die Diagonale: + \begin{equation*} + \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A) + \end{equation*} + \end{proof} +\end{prop} + +\section{Reguläre Ringe gleicher Charakteristik} +\label{regulaere-ringe-gleicher-charakteristik} + +Sei nun $k$ ein Körper, $A = k[[X_1, \ldots, X_n]]$, $C = A \widehat{\otimes}_k A = k[[X_1, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]]$ und $\mfd = (X_1 - Y_1, \ldots, X_n - Y_n) \subset C$. +Seien $M$ und $N$ zwei endlich erzeugte $A$-Moduln. +Da die Elemente $X_j - Y_j$ offensichtlich eine $C$-reguläre Folge bilden, erhalten wir mit \cref{eq:reduktipn-auf-die-diagonale-potenzreihe} und \cref{kor:isomorphie-koszul-homologie-tor}: +\begin{equation*} + \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(C / \mfd, M \widehat{\otimes}_k N) \cong H_i^C((X_1 - Y_1, \ldots, X_n - Y_n), M \widehat{\otimes}_k N) +\end{equation*} + +Ist $M \otimes_A N$ von endlicher Länge, so auch $\Tor^A_i(M, N)$. +Außerdem ist auch +\begin{equation*} + (M \widehat{\otimes}_k N) / \mfd (M \widehat{\otimes}_k N) \cong M \widehat{\otimes}_k N \otimes C / \mfd \cong M \otimes_k N +\end{equation*} +von endlicher Länge. Nach \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} ist dann die Euler-Poincaré-Charakteristik +\begin{equation*} + \chi(M, N) = \sum_{i = 0}^n {(-1)}^i \length_A(\Tor^A_i(M, N)) +\end{equation*} +gleich der Multiplizität $e_\mfd(M \widehat{\otimes}_k N, n)$ des $C$-Moduls $M \widehat{\otimes}_k N$ bezüglich $\mfd$. +Folglich gilt +\begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item $\chi(M, N) \ge 0$, + \item $\dim(M) + \dim(N) = \dim(M \widehat{\otimes}_k N) \le n$, + \item $\chi(M, N) = 0$, genau dann, wenn $\dim(M) + \dim(N) < n$. +\end{enumerate} + +Dies wollen wir nun auf \emph{reguläre Ringe gleicher Charakteristik} verallgemeinern. + +\begin{defn}[Regulärer Ring gleicher Charakteristik] + \label{defn:regulaere-ringe-gleicher-charakteristik} + Ist $A$ ein Integritätsring, so nennen wir $A$ von \textbf{gleicher Charakteristik}, wenn für alle $\mfp \in \Spec(A)$ die Ringe $A$ und $A / \mfp$ die gleiche Charakteristik haben. + + Ist $A$ ein regulärer Ring und $\mfp \in \Spec(A)$, so ist $A_\mfp$ ein regulärer lokaler Ring und damit ein Integritätsring (siehe {}\cite[Theorem~164]{kaplansky1974commutative}). + Wir nennen $A$ von gleicher Charakteristik, falls für alle $\mfp \in \Spec(A)$ der Ring $A_\mfp$ von gleicher Charakteristik ist. +\end{defn} \begin{thm} - \label{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} - Es gilt $\chi(\bmx, M) = e_{\bmx}(M, r)$. - \begin{proof} - Wir gehen in mehreren Schritten vor: - \begin{enumerate} - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-1} Sei $K = K(\bmx, M)$. Wir definieren eine absteigende Filtrierung auf $K$ durch - \begin{equation*} - {(F^i K)}_p = \bmx^{i - p} K_p. - \end{equation*} - Wenn wir die Komplexe $K$ und $F^i K$ jeweils als direkte Summe ihrer Komponenten $K_p$ und ${(F^i K)}_p$ betrachten, dann ist $F^i K$ eine $\bmx$-stabile Filtrierung auf $K$. - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-2} Sei $\gr(A)$ der zur $\bmx$-adischen Filtrierung auf $A$ gehörige graduierte Ring. - Es gilt $\gr_0(A) = A / \bmx$ und $\gr_1(A) = \bmx / \bmx^2$. - Mit $y_1, \ldots, y_r$ bezeichnen wir die Bilder von $x_1, \ldots, x_r$ in $\gr_1(A)$ und wir schreiben $\bmy = (y_1, \ldots, y_r)$. - Sei $\gr(M)$ der zur $\bmx$-adischen Filtrierung auf $M$ gehörige graduierte $\gr(A)$-Modul. - Dann gilt - \begin{equation*} - \gr(K) \coloneqq \bigoplus_{i \in \Z} F^i K / F^{i + 1} K \cong K(\bmy, \gr(M)), - \end{equation*} - denn - \begin{align*} - {\gr(K)}_p &= \bigoplus_{i \in \Z}{(F^i K)}_p / {(F^{i + 1} K)}_p \\ - &= \bigoplus_{i \in \Z} x^{i - p}K_p / x^{i + 1 - p}K_p \\ - &= \bigoplus_{i \in \Z} x^i K_p / x^{i + 1}K_p \\ - &\cong \bigoplus_{i \in \Z} x^i M^{\binom{r}{p}} / x^{i + 1} M^{\binom{r}{p}} \\ - &\cong {\left(\bigoplus_{i \in \Z} x^i M / x^{i + 1} M \right)}^{\binom{r}{p}} \\ - &= {\gr(M)}^{\binom{r}{p}} \\ - &\cong K_p(\bmy, \gr(M)) - \end{align*} - und dieser Isomorphismus ist offensichtlich kompatibel mit den Randabbildungen der beiden Komplexe. - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-3} Weil $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul ist, ist $\gr(M)$ ein endlich erzeugter $\gr(A)$-Modul. - Also sind auch die Homologiemoduln $H_p(\bmy, \gr(M))$ endlich erzeugte $\gr(A)$-Moduln. - Nach \cref{prop:koszul-homologie-annihilator} gilt $\bmy \subset \Ann_{\gr(A)}(H_p(\bmy, \gr(M)))$, also sind sie sogar endlich erzeugte Moduln über $\gr(A) / \bmy \cong A / \bmx$. - Aus obiger Darstellung von $K_p(\bmy, \gr(M))$ sieht man, dass $\Ann_A(M)$ die Homologiemoduln $H_p(\bmy, \gr(M))$ annuliert, also sind sie sogar als endlich erzeugte $(A/(\bmx + \Ann_A(M)))$-Moduln. - Nach dem gleichen Argument, das wir bereits für die Wohldefiniertheit der Euler-Poincaré-Charakteristik verwendet haben, folgt dann, dass die Homologiemoduln $H_p(\bmy, \gr(M))$ alle endliche Länge haben. - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-4} Da $H_p(\bmy, \gr(M)) = 0$ für $p \notin \lbrace 0, \ldots, r \rbrace$ und wegen - \begin{equation*} - H_p(\bmy, \gr(M)) = \bigoplus_{i \in \Z} H_p(F^i K / F^{i + 1}K) - \end{equation*} - gibt es also ein $m \ge 0$ mit der Eigenschaft, dass $H_p(F^i K / F^{i + 1}K) = 0$ für alle $i > m$ und alle $p \in \Z$. Ohne Einschränkung können wir $m \ge r$ annehmen. - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-5} Wir zeigen nun $H_p(F^i K / F^{i + j} K) = 0$ für alle $p \in \Z$, $i > m$ und $j \ge 0$ durch Induktion über $j$: - Im Fall $j = 0$ ist die Behauptung trivial. - Sei also nun $j \ge 1$ und die Behauptung für $j - 1$ bereits gezeigt. - Wir betrachten folgende kurze exakte Sequenz von Komplexen: - \begin{equation*} - 0 \to F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K \to F^{i}K / F^{i + j}K \to F^{i}K / F^{i + j - 1}K \to 0 - \end{equation*} - Dies liefert uns folgende lange exakte Homologiesequenz: - \begin{align*} - \cdots &\to H_p(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) \to H_p(F^{i}K / F^{i + j}K) \to H_p(F^{i}K / F^{i + j - 1}K) \to \\ - & \to H_{p - 1}(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) \to \cdots - \end{align*} - Nach Voraussetzung ist $j \ge 1$, also ist $i + j - 1 > m$ und damit folgt nach \cref{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-4} $H_p(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) = 0$ für alle $p \in \Z$. - Nach Induktionsvoraussetzung gilt $H_{p - 1}(F^{i + j - 1}K / F^{i + j}K) = 0$ für alle $p \in \Z$, das heißt wir erhalten für alle $p \in \Z$ die kurze exakte Sequenz - \begin{equation*} - 0 \to 0 \to H_p(F^{i}K / F^{i + j}K) \to 0 \to 0, - \end{equation*} - also muss auch $H_p(F^{i}K / F^{i + j}K) = 0$ gelten. - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-6} Seien $Z^i_p$ und $B^i_p$ jeweils die Moduln der Zykel und Ränder in ${(F^i K)}_p$. - Nach \cref{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-5} gilt $H_p(F^i K / \bmx^j {(F^i K)}_p) = 0$ für alle $j \ge 0$, also - \begin{equation*} - Z^i_p \subset B^i_p + \bmx^j {(F^i K)}_p. - \end{equation*} - Damit folgt - \begin{equation*} - Z^i_p \subset \bigcap_{j \in \N} B^i_p +\bmx^j {(F^i K)}_p = \overline{B^i_p}, - \end{equation*} - wobei $\overline{B^i_p}$ den Abschluss von $B^i_p$ bezüglich der $\bmx$-adischen Topologie auf ${(F^i K)}_p$ bezeichnet. - Wegen $\bmx \subset \mfm = \Rad(A)$ ist jeder Untermodul eine endlich erzeugten $A$-Moduls bezüglich der $\bmx$-adischen Topologie abgeschlossen (vergleiche {}\cite[Chapter~II, Part~A, Corrolary~4 nach Theorem~1]{serre2000local}). - Insbesondere ist also $B^i_p$ abgeschlossen und damit folgt $Z^i_p \subset B^i_p$, also $H_p(F^i K) = 0$. - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-7} Betrachte nun die kurze exakte Sequenz von Komplexen - \begin{equation*} - 0 \to F^i K \to K \to K / F^i K \to 0. - \end{equation*} - Diese liefert folgende lange exakte Homologiesequenz: - \begin{equation*} - \cdots \to H_p(F^i K) \to H_p(K) \to H_p(K / F^i K) \to H_{p - 1}(F^i K) \to \cdots - \end{equation*} - Ist $i > m$, so ist $H_p(F^i K) = 0$ für alle $p \in \Z$ und es folgt, dass der natürliche Morphismus - \begin{equation*} - H_p(\bmx, M) = H_p(K) \to H_p(K / F^i K) - \end{equation*} - für alle $p \in \Z$ ein Isomorphismus ist. - - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-8} Wegen $\length_A(M/\bmx M) < \infty$ sind nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} alle Elemente in $\Supp(M) \cap V(\bmx)$ maximale Ideale. - Wegen $V(\bmx^i) = V(\bmx)$ gilt also nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} auch $\length_A(M / \bmx^i M) < \infty$ und damit ist auch - \begin{equation*} - {(K / F^i K)}_p \cong {(M / \bmx^{i - p} M)}^{\binom{r}{p}} - \end{equation*} - von endlicher Länge. Für $i > m$ folgt nach \cref{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-7} also - \begin{align} - \label{eq:euler-poincare-charakteristik} - \begin{aligned} - \chi(\bmx, M) &= \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p\length_A(H_p(K / F^i K)) \\ - &= \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p\length_A({(K / F^i K)}_p) \\ - &=\sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \length_A\left({(M / \bmx^{i - p} M)}^{\binom{r}{p}}\right) \\ - &= \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \binom{r}{p}\length_A((M / \bmx^{i - p} M)) - \end{aligned} - \end{align} - - \item\label{item:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom-9} Wenn $i$ große genug ist, können wir \cref{eq:euler-poincare-charakteristik} zu folgender Gleichung umschreiben: - \begin{equation*} - \chi(\bmx, M) = \sum_{p \in \Z} {(-1)}^p \binom{r}{p} P_{\bmx}(M, i - p). - \end{equation*} - Nach \cref{lem:berechnung-r-facher-differenzenoperator} ist die rechte Seite dieser Gleichung durch - \begin{equation*} - \Delta^r P_{\bmx}(M, i - r) = \Delta^r P_{\bmx}(M) = e_{\bmx}(M, r) - \end{equation*} - gegeben. - \end{enumerate} - \end{proof} + \label{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} + Sei $A$ ein regulärer Ring gleicher Charakteristik und seien $M$ und $N$ zwei endlich erzeugte $A$-Moduln. + Sei außerdem $\mfq$ ein minimales Primideal in $\Supp(M \otimes_A N)$. + Dann gilt + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item $\chi_\mfq(M, N) = \sum_{i = 0}^{\dim(A)} {(-1)}^i \length_A({\Tor^A_i(M, N)}_\mfq) \ge 0$, + \item $\dim(M_\mfq) + \dim(N_\mfq) \le \height(\mfq)$, + \item $\dim(M_\mfq) + \dim(N_\mfq) < \height(\mfq)$ genau dann, wenn $\chi_\mfq(M, N) = 0$. + \end{enumerate} + \begin{proof} + Da $A_\mfq$ regulär ist, gilt $\dim(A_\mfq) = \globdim(A_\mfq)$ und damit folgt + \begin{equation*} + \Tor^{A_\mfq}_i(M_\mfq, N_\mfq) = 0 + \end{equation*} + für alle $i > \dim(A_\mfq)$. + Durch Vervollständigung erhalten wir + \begin{equation*} + {\Tor^A_i(M, N)}_\mfq \cong \Tor^{A_\mfq}_i(M_\mfq, N_\mfq) \cong \Tor^{\hat{A}_\mfq}_i(\hat{M}_\mfq, \hat{N}_\mfq). + \end{equation*} + Wegen $\dim(A) \ge \dim(A_\mfq)$ können wir also annehmen, dass $A$ ein vollständiger noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfq$ ist. + Nach \emph{Cohens Struktursatz} (siehe {}\cite[Theorem~15]{cohen46onthestructure}) ist $A$ dann isomorph zu $k[[X_1, \ldots, X_n]]$, wobei $k = A / \mfq$ und $n = \dim(A)$. + \end{proof} \end{thm} -\begin{kor} - \label{kor:euler-poincare-charakteristik-koszul-komplex-dminesion} - Es gilt $\dim(M) \le r$. Weiter gilt: - \begin{align*} - \chi(\bmx, M) &> 0, \qquad \text{falls } \dim(M) = r \\ - \chi(\bmx, M) &= 0, \qquad \text{falls } \dim(M) < r - \end{align*} - \begin{proof} - Dies folgt direkt aus \cref{thm:dim-gleich-d-gleich-s} und \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom}. - \end{proof} -\end{kor} +\section{Die $\BTor$-Formel} +\label{sec:die-tor-formel} + +Sei $X$ eine algebraische Varietät über dem Körper $k$. +Wir nehmen der Einfachheit halber an, dass $k$ algebraisch abgeschlossen und $X$ irreduzibel ist. +Seien $U$, $V$ und $W$ drei irreduzible Untervarietäten von $X$, wobei $W$ eine irreduzible Komponente von $U \cap V$ ist. +Wir nehmen zusätzlich an, dass der lokale Ring $A$ von $X$ bei $W$ regulär ist. +Da $k$ perfekt ist, ist dies genau dann der Fall, wenn $W$ nicht-leeren Schnitt mit der glatten Punkte von $X$ hat. + +Seien $\mfp_U$ und $\mfp_V$ die Primideale des lokalen Rings $A$, die zu den Untervarietäten $U$ und $V$ gehören. +Nach Voraussetzung ist $A$ regulär und $A / (\mfp_U + \mfp_V)$ ist von endlicher Länge. +Verwenden wir \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik}, so erhalten wir, dass die Euler-Poincaré-Charakteristik +\begin{equation*} + \chi^A(A / \mfp_U, A / \mfp_V) = \sum_{i = 0}^{\dim(X)} {(-1)}^i \length_A(\Tor^A_i(A / \mfp_U, A / \mfp_V)) +\end{equation*} +wohldefiniert und $\ge 0$ ist. + +Die Voraussetungen von \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} sind tatsächlich erfüllt: +$A$ ist regulär von gleicher Charakteristik und für $M = A / \mfp_U$ und $N = A / \mfp_V$ gilt +\begin{equation*} + \Supp(M \otimes_A N) = \Supp(M) \cap \Supp(N) = \lbrace \mfm \rbrace, +\end{equation*} +wobei $\mfm$ das Maximalideal von $A$ ist, denn $M \otimes_A N \cong A / (\mfp_U + \mfp_V)$ ist von endlicher Länge, also sind nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} alle Elemente von $\Supp(M \otimes_A N)$ maximale Ideale. +Also ist $\mfm$ das eindeutige minimale Primideal von $\Supp(M \otimes_A N)$. +Wegen $\dim(X) \ge \dim(A)$ können wir auch tatsächlich bin $\dim(X)$ summieren. + +Nach \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} folgt also auch +\begin{equation*} + \dim(A / \mfp_U) + \dim(A / \mfp_V) \le \dim(A) = \dim(X) - \dim(W), +\end{equation*} +und wegen $\dim(A / \mfp_U) = \dim(U) - \dim(W)$ und $\dim(A / \mfp_V) = \dim(V) - \dim(W)$ folgt damit +\begin{equation} + \label{eq:dimension-intersection} + \dim(U) + \dim(V) \le \dim(X) + \dim(W). +\end{equation} +Im Fall, dass in \cref{eq:dimension-intersection} Gleichheit gilt, sagen wir, dass der Schnitt \textbf{eigentlich} in $W$ ist, beziehungsweise wir sagen, dass sich $U$ und $V$ in $W$ \textbf{eigentlich schneiden}. + +\begin{thm}\leavevmode + \label{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item\label{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-a} Falls sich $U$ und $V$ in $W$ nicht eigentlich schneiden, dann gilt $\chi^A(A / \mfp_u, A / \mfp_V) = 0$. + \item\label{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b} Falls sich $U$ und $V$ in $W$ eigentlich schneiden, so ist $\chi^A(A / \mfp_u, A / \mfp_V) > 0$ und stimmt mit der Schnitt-Multiplizität $i(X, U \cdot V, W)$ von $U$ und $V$ in $W$ im Sinne von Samuel überein. + \end{enumerate} +\end{thm} + +Offensichtlich folgen \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-a} und der erste Teil von \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b} aus \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik}. Den zweiten Teil von \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b} zeigen wir, nachdem wir gezeigt haben, dass die Funktion $I(X, U \cdot V, W) = \chi^A(A / \mfp_u, A / \mfp_V)$ die formalen Eigenschaften einer \enquote{Schnittmultiplizität} erfüllt. + +\section{Zykel auf einer nicht singulären affinen Varietät} +\label{sec:zykel-auf-einer-nicht-singulaeren-affinen-varietaet} + +Sei im Folgenden $X$ eine nicht singuläre affine Varietät der Dimension $n$ und $A$ ihr Koordinatenring. +Ist $a \in \N$ und $M \in K_a(A)$, so ist $z_a(M)$ ein positiver Zykel der Dimension $a$, der genau dann null ist, wenn $\dim(M) < a$. + +Sei nun auch $b \in \N$. +Sind $\alpha = \sum_{i} n_i \mfp_i \in Z_a(A)$ und $\beta = \sum_{j} m_j \mfq_j \in Z_b(A)$, so sagen wir, dass sich $\alpha$ und $\beta$ \textbf{eigentlich schneiden}, falls sich die zu $\mfp_i$ und $\mfq_j$ gehörenden irreduziblen Untervarietäten von $X$ für alle $i, j$ eigentlich schneiden. + +\begin{defn}[Schnittprodukt von Zykeln] + \label{defn:schnittprodukt-von-zykeln} + Seien $a, b \in \N$, $\alpha = \sum_{i} n_i \mfp_i \in Z_a(A)$ und $\beta = \sum_{j} m_j \mfq_j \in Z_b(A)$ zwei Zykel die sich eigentlich schneiden, das heißt für jedes minimale Primideal $\mfr$ in $\Supp(A / \mfp_i \otimes_A A / \mfq_j)$ gilt $\dim(A/\mfr) = c = a + b - \dim(X)$. + Dann definieren wir das \textbf{Schnittprodukt} von $\alpha$ und $\beta$ durch + \begin{equation*} + \alpha \cdot \beta \coloneqq \sum_{i, j} n_i m_j \sum_{\substack{\mfr \in \Supp(A / \mfp_i \otimes_A A / \mfq_j)\\\text{ minimal}}} \chi^{A_\mfr}({(A / \mfp_i)}_\mfr, {(A / \mfq_j)}_\mfr) \mfr \in Z_c(A). + \end{equation*} +\end{defn} + +\begin{prop} + \label{prop:schnitt-zykel} + Seien $a, b, c \in \N$ mit $a + b = n + c$. Seien $M$ und $N$ zwei $A$-Moduln mit $\dim(M) \le a$, $\dim(N) \le b$ und $\dim(M \otimes_A N) \le c$. + Die Zykel $z_a(M)$ und $z_b(N)$ schneiden sich eigentlich und der Schnittzykel + \begin{equation*} + z_a(M) \cdot z_b(N) = \sum_{\substack{\dim(A / \mfp) = a \\ \dim(A / \mfq) = b}} \length_{A_\mfp}(M_\mfp) \length_{A_\mfq}(N_\mfq) \sum_{\substack{\mfr \in \Supp(A / \mfp \otimes_A A / \mfq)\\\text{ minimal}}} \chi^{A_\mfr}({(A / \mfp)}_\mfr, {(A / \mfq)}_\mfr) \mfr + \end{equation*} + stimmt mit dem Zykel + \begin{equation*} + z_c(\Tor^A(M, N)) \coloneqq \sum_{i = 0}^{\dim(A)} {(-1)}^{i} z_c(\Tor^A_i(M, N)) + \end{equation*} + überein. + \begin{proof} + Sei $W$ eine irreduzible Komponente von $X$ der Dimension $c$, die zu dem Primideal $\mfr$ von $A$ korrespondiert. + Nach Definition ist der Koeffizient des Primideals $\mfr$ im Zykel $z_c(\Tor^A(M, N))$ durch + \begin{equation*} + \sum_{i = 0}^{\dim(A)} {(-1)}^i \length_{A_\mfr}({\Tor^A_i(M, N)}_\mfr) = \chi^{A_\mfr}(M_\mfr, N_\mfr) + \end{equation*} + gegeben. + Dieser Koeffizient ist also \enquote{biadditiv} in $M$ und $N$ und nach \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-a} in \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} ist er null, falls $\dim(M) < a$ oder $\dim(N) < b$. + Das gleiche gilt offensichtlich auch für den Koeffizienten von $\mfr$ in $z_a(M) \cdot z_b(N)$. + Wir können uns also auf den Fall $M = A / \mfp$ und $N = A / \mfq$ beschränken, wobei $\mfp$ und $\mfq$ Primideale von $A$ sind, die irreduziblen Untervarietäten $U$ und $V$ von $X$ der Dimensionen $a$ und $b$ entsprechen. + In diesem Fall ist der Koeffizient von $\mfr$ in $z_c(\Tor^A(M, N))$ durch $\chi^{A_\mfr}({(A / \mfp)}_{\mfr}, {(A / \mfq)}_{\mfr})$ gegeben. + \end{proof} +\end{prop} + +\begin{bem}\leavevmode + \begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item \cref{prop:schnitt-zykel} Liefert uns eine einfache Methode, um das Schnittprodukt $\alpha \cdot \beta$ zweier positiver Zykel $\alpha$ und $\beta$ der Dimensionen $a$ und $b$, die sich eigentlich schneiden, zu berechnen: + Wähle Moduln $M$ und $N$ mit $z_a(M) = \alpha$ und $z_b(N) = \beta$, sodass $M \otimes_A N$ die gewünschte Dimension hat (das ist automatisch der Fall, falls $\Supp(M) = \Supp(\alpha)$ und $\Supp(N) = \Supp(\beta)$). + Der Zykel $\alpha \cdot \beta$ ist dann einfach der \enquote{Zykel von $\Tor^A(M, N)$}. + \item Wir können den Begriff der Zykel und \cref{defn:schnittprodukt-von-zykeln} auf algebraische Varietäten erweitern, die nicht notwendigerweise affin sind. + In diesem Fall ersetzen wir Primideale $\mfp$ von $A$ mit $\dim(A / \mfq) = p$ durch irreduzible Untervarietäten von $X$ mit $\codim(Y, X) = p$ und $A$-Moduln durch \emph{kohärente $\mcO_X$-Modulgarben}, wobei $\mcO_X$ die Strukturgarbe von $X$ ist. + Ist $\mcM$ solch eine Modulgarbe mit $\dim(\Supp(\mcM)) \le a$ (was wir manchmal auch als $\dim(\mcM) \le a$ schreiben), so definieren wir auf offensichtliche Weise den Zykel $z_a(\mcM) \in Z_a(X)$. + Auch \cref{prop:schnitt-zykel} gilt dann, wobei die Moduln $\Tor^A_i(M, N)$ durch die Garben $\mcTor^{\mcO_X}_i(\mcM, \mcN)$ ersetzet werden. + \end{enumerate} +\end{bem} + +\section{Eigenschaften des Schnittprodukts} +\label{sec:eigenschaften-des-schnittprodukts} + +In diesem Abschnitt wollen wir zeigen, dass das Schnittprodukt aus \cref{defn:schnittprodukt-von-zykeln} die Fundamentalen Eigenschaften der Schnitttheorie erfüllt. +Da diese Eigenschaften alle lokal sind, können wir annehmen, dass die Varietäten affin und nicht singulär sind. +Dies ermöglicht es uns \cref{prop:schnitt-zykel} anzuwenden. + +Sei also im Folgenden $X$ eine nicht singuläre affine Varietät der Dimension $n$ und $A$ ihr Koordinatenring. + +\begin{description} + \item[Kommutativität] + Dies ist offensichtlich, denn die Bifunktoren $\Tor^A_i(\bullet, \bullet)$ sind symmetrisch. + + \item[Assoziativität] + Seien $z$, $z'$ und $z''$ drei positive Zykel der Dimensionen $a$, $a'$ und $a''$. + Wir nehmen an, dass die Schnittprodukte $z \cdot z'$, $(z \cdot z') \cdot z''$, $z' \cdot z''$ und $z \cdot (z' \cdot z'')$ definiert sind. + Dann müssen wir + \begin{equation*} + (z \cdot z') \cdot z'' = z \cdot (z' \cdot z'') + \end{equation*} + zeigen. + + Sei dazu $M$, $M'$ und $M''$ $A$-Moduln mit $z_a(M) = z$, $z_{a'}(M') = z'$ und $z_{a''}(M'') = z''$ und $\Supp(M) = \Supp(z)$, $\Supp(M') = \Supp(z')$ und $\Supp(M'') = \Supp(z'')$. + + Nach einer \enquote{Assoziativitätsformel} für $\Tor$-Funktoren (siehe {}\cite[s. 347]{cartan1956homological}) erhalten wir die folgenden beiden Spektralsequenzen: + \begin{align} + \Tor^A_p(M, \Tor^A_q(M', M'')) &\Longrightarrow \Tor^A_{p + q}(M, M', M'')\label{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-erste-spektralsequenz} \\ + \Tor^A_p(\Tor^A_q(M, M'), M'') &\Longrightarrow \Tor^A_{p + q}(M, M', M'') \label{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-zweite-spektralsequenz} + \end{align} + Sei $c = a + a' + a'' - 2n$ und $b = a' + a'' - n$. + Da die Schnitte eigentlich sind, gilt $\dim(M' \otimes_A M'') \le b$ und $\dim(M \otimes_A M' \otimes_A M'') \le c$. + Demnach sind die folgenden Zykel wohldefiniert: + \begin{align*} + y_q &= z_b(\Tor^A_q(M', M'')) \\ + x_{p,q} &= z_c(\Tor^A_p(M, \Tor^A_q(M', M''))) \\ + x_i &= z_c(\Tor^A_i(M, M', M'')) + \end{align*} + Da Euler-Poincaré-Charakteristiken unter Spektralsequenzen invariant sind, erhalten wir aus \cref{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-erste-spektralsequenz}: + \begin{equation*} + \sum_{i} {(-1)}^i x_i = \sum_{p,q} {(-1)}^{p+q} x_{p, q} + \end{equation*} + Aber \cref{prop:schnitt-zykel} zeigt + \begin{equation*} + \sum_{p} {(-1)}^p x_{p, q} = z \cdot y_q \quad \text{und} \quad \sum_{q} {(-1)}^q y_q = z' \cdot z''. + \end{equation*} + Folglich gilt + \begin{equation*} + \sum_{i} {(-1)}^i x_i = z \cdot (z' \cdot z''). + \end{equation*} + Wenden wir das gleiche Argument mit \cref{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-zweite-spektralsequenz} an, so erhalten wir + \begin{equation*} + \sum_{i} {(-1)}^i x_i = (z \cdot z') \cdot z'', + \end{equation*} + und damit die gewünschte Assoziativitätsformel. + \item[Produktformel] + Sei $X'$ eine weitere nicht singuläre affine Varietät der Dimension $n'$ und $A'$ ihr Koordinatenring. + Seien $z_1$ und $z_2$ (beziehungsweise $z_1'$ und $z_2'$) zwei Zykel auf $X$ (beziehungsweise $X'$) und wir nehmen an, dass $z_1 \cdot z_2$ und $z_1' \cdot z_2'$ definiert sind. Dann schneiden sich $z_1 \times z_1'$ und $z_2 \times z_2'$ eigentlich auf $X \times_{\Spec(k)} X'$ und es gilt + \begin{equation} + (z_1 \times z_1') \cdot (z_2 \times z_2') = (z_1 \cdot z_2) \times (z_1' \cdot z_2'). + \end{equation} + Um dies zu zeigen, können wir annehmen, dass die Zykel positiv sind. + Seien $M_1$ und $M_2$ zwei $A$-Moduln, die zu den Zykeln $z_1$ und $z_2$ korrespondieren und seien $M_1'$ und $M_2'$ zwei $A'$-Moduln, die zu den Zykel $z_1'$ und $z_2'$ korrespondieren. + Man prüft leicht, dass der zum $(A \otimes_k A')$-Modul $M_1 \otimes_k M_1'$ assozierte Zykel gleich $z_1 \times z_1'$ (tatsächlich kann man dies als Definition des Produkts von Zykeln verwenden). + Die Produktformel, die wir zeigen wollen, folgt dann aus der \enquote{Künneth Formel}: + \begin{equation*} + \Tor^{A \otimes_k A'}_h(M_1 \otimes_k M_1', M_2 \otimes_k M_2') = \bigoplus_{i + j = h} \Tor^A_i(M_1, M_2) \otimes_k \Tor^{A'}_j(M_1', M_2'). + \end{equation*} + \item[Reduktion auf die Diagonale] + Sei $\Delta$ die Diagonale in $X \times_{\Spec(k)} X$. + Sind $z_1$ und $z_2$ zwei Zykel auf $X$, die sich eigentlich schneiden, so müssen wir die Formel + \begin{equation} + z_1 \cdot z_2 = (z_1 \times z_2) \cdot \Delta \label{eq:reduktion-auf-die-diagonale-schnittprodukt} + \end{equation} + zeigen. + Wir können wieder annehmen, dass $z_1$ und $z_2$ positiv sind. + Sei $B = A \otimes_k A$ der Koordinatenring von $X \times_{\Spec(k)} X$ und seien $M_1$ und $M_2$ zwei $A$-Moduln, die zu den Zykeln $z_1$ und $z_2$ korrespondieren. + Dann gilt nach \cref{eq:reduktion-auf-die-diagonale-affiner-fall} + \begin{equation*} + \Tor^A_i(M_1, M_2) = \Tor^B_i(M_1 \otimes_k M_2, A). + \end{equation*} + \cref{eq:reduktion-auf-die-diagonale-schnittprodukt} folgt dann durch Bilden der alternierenden Summe der Zykel auf beiden seiten der obigen Gleichung. +\end{description} + +Wir wollen nun den Rest von \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} zeigen. + +\begin{proof}[Beweis des zweiten Teils von \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet}~\cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b}] + Wir müssen also zeigen, dass die Funktionen $I$ und $i$ übereinstimmen. + Dazu betrachten wir zunächst den Fall, dass $U$ ein vollständiger Durchschnitt in $W$ ist, das heißt das Ideal $\mfp_U$ wird von $h$ Elementen $x_1, \ldots, x_h$ erzeugt und es gilt $h = \dim(X) - \dim(U) = \dim(V) - \dim(W)$. + $\bmx = (x_1, \ldots, x_h)$ ist also eine $A$-reguläre Folge. + Nach \cref{kor:isomorphie-koszul-homologie-tor} gilt also + \begin{equation*} + \chi^A(A / \mfp_U, A / \mfp_V) = \sum_{i = 0}^{\dim(A)}{(-1)}^i \length_A(H_i(\bmx, A / \mfp_V)) + \end{equation*} + und \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} liefert uns + \begin{equation*} + \chi^A(A / \mfp_U, A / \mfp_V) = e_{\bmx}(A / \mfp_V). + \end{equation*} + Nach {}\cite[s. 83]{samuel1967methodes} gilt aber $e_{\bmx}(A / \mfp_V) = i(X, U \cdot V, W)$ und das zeigt $I = i$ in diesem Fall. + + Der allgemeine Fall reduziert sich auf diesen, indem wir die \emph{Reduktion auf die Diagonale} verwenden, denn sie ist sowohl für $i$, also auch für $I$ gültig. + Da die Diagonale $\Delta$ nicht singulär ist, is sie lokal ein vollständiger Durchschnitt und die Voraussetzungen des vorherigen Falls sind erfüllt. +\end{proof} + +\section{Ausblick} +\label{sec:Ausblick} + +Wir haben im Verlauf dieser Arbeit hauptsächlich darauf hingearbeitet, \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} zu beweisen. +Als wesentlichen Schritt dazu, haben wir \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} gezeigt. +Die Einschränkung in \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} auf reguläre Ringe gleicher Charakteristik wirkt allerdings etwas speziell und es ist deswegen natürlich zu vermuten, dass die Aussage dieses Theorems auch für beliebige reguläre Ringe gilt. + +Serre selbst hat die Aussage zumindest in etwas allgemeinerer Form gezeigt, nämlich für den Fall unverzweigter regulärer Ringe ungleicher Charakteristik (siehe {}\cite[Chapter~V, Part~B, Theorem~2]{serre2000local}). + +Die zweite Aussage des Theorems, die \enquote{Dimensionsformel} wurde von Serre sogar im Fall beliebiger regulärer Ringe gezeigt (siehe {}\cite[Chapter~V, Part~B, Theorem~3]{serre2000local}). + +Die erste Aussage des Theorems, die Nicht-Negativität von $\chi(M, N)$, wurde im Fall beliebiger regulärer Ringe 1996 von Ofer Gabber gezeigt (siehe {}\cite{roberts1998recent}). +Der Beweis ist tatsächlich relativ kompliziert und verwendet Methoden der algebraischen Geometrie wie die Auflösung von Singularitäten. + +Die eine Implikation der dritten Aussage des Theorems, nämlich +\begin{equation*} + \dim(M) + \dim(N) < \dim(A) \Longrightarrow \chi(M, N) = 0, +\end{equation*} +wurde für den Fall beliebiger regulärer Ringe 1985 von Paul C. Roberts gezeigt (siehe {}\cite{roberts1998multiplicities}). +Die Frage, ob die umgekehrte Implikation ebenfalls gilt, ist bis heute ein offenes Problem. \ No newline at end of file diff --git a/chapters/chapter4.tex b/chapters/chapter4.tex deleted file mode 100644 index 636f5c8..0000000 --- a/chapters/chapter4.tex +++ /dev/null @@ -1,1071 +0,0 @@ -% -*- root: ../Ausarbeitung.tex -*- - -\chapter{Multiplizitäten} -\label{cha:multiplizitaeten} - -In diesem Kapitel wollen wir die Serre’s Schnittmultiplizität von Zykeln mit Hilfe der $\Tor$-Formel definieren und insbesondere auch das Hauptresultat zu dieser Formel beweisen. -Als äußerst wichtiges Werkzeug dazu werden wir das Prinzip der \emph{Reduktion auf die Diagonale} vorstellen. - -\section{Die Multiplizität eines Moduls} -\label{sec:die-multiplizitaet-eines-moduls} -Im Folgenden wollen wir den Begriff der \emph{Multiplizität} eines Moduls einführen. -Dazu Führen wir zunächst die Gruppe der \emph{Zykel} eines Rings ein. - -\begin{defn}[Gruppe der Zykel eines Rings] - \label{defn:gruppe-der-zykel-eines-rings} - Sei $A$ ein noetherscher Ring. - Die freie abelsche Gruppe $Z(A) = \bigoplus_{\Spec(A)} \Z$ heißt \textbf{Gruppe der Zykel} von $A$. - Ihre Elemente werden \textbf{Zykel} genannt. - Wir nennen einen Zykel $Z$ \textbf{positiv}, falls er von der Form - \begin{equation*} - Z = \sum_{\mfp \in \Spec(A)} n(\mfp) \mfp - \end{equation*} - mit $n(\mfp) > 0$ für alle $\mfp \in \Spec(A)$ ist. -\end{defn} - -\begin{defn} - \label{defn:gruppe-der-zykel-eines-rings-der-dimension} - Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring der Dimension $n$. - Für alle $p \in \N$ sei $Z_p(A)$ die Untergruppe von $Z(A)$, die von den Primidealen $\mfp \in \Spec(A)$ mit $\dim(A / \mfp) =~p$ erzeugt wird. - Wir nennen $\Z_p(A)$ die \textbf{Gruppe der Zykel} von $A$ der Dimension $p$. - Offensichtlich gilt $Z(A) = \bigoplus_{p = 0}^n Z_p(A)$. -\end{defn} - -Ist $A$ ein noetherscher Ring, so bezeichnen wir im Folgenden die abelsche Kategorie der endlich erzeugten $A$-Moduln mit $K(A)$ und die abelsche Kategorie der endlich erzeugten $A$-Moduln von Dimension $\le p$ mit $K_p(A)$. - -\begin{lem} - Sei $A$ ein noetherscher Ring und $0 \to M \to N \to P \to 0$ eine kurze exakte Sequenz in $K(A)$. - Sind $M$ und $P$ in $K_p(A)$, so auch $N$. - \begin{proof} - Lokalisieren liefert sofort $\Supp(N) = \Supp(M) \cup \Supp(P)$, also - \begin{align*} - \dim_A(N) &= \sup_{\mfp \in \Supp(N)} \dim(A / \mfp) \\ - &= \sup_{\mfp \in \Supp(M) \cup \Supp(P)} \dim(A / \mfp) \\ - &= \max(\dim_A(M), \dim_A(P)). - \end{align*} - \end{proof} -\end{lem} - - -\begin{lem} - \label{lem:aufsteigende-folge-von-untermoduln-laenge} - Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring und sei $M \in K_p(A)$. - Sei weiter $\mfq$ ein Ideal von $A$ mit $\dim(A / \mfq) = p$. - Dann ist $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) < \infty$. - - Ist $0 = M_0 \subset \ldots \subset M_s = M$ eine aufsteigende Folge von Untermoduln von $M$ mit $M_i / M_{i - 1} \cong A / \mfr_i$ für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, s \rbrace$, für gewisse $\mfr_i \in \Spec(A)$, dann sind genau $\length_{A_\mfq}(M_\mfq)$ dieser $M_i / M_{i - 1}$ von der Form $A / \mfq$. - \begin{proof} - Ist $\mfq \notin \Supp(M)$, so gilt $M_\mfq = 0$ und damit $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) = 0 < \infty$. - Ist $\mfp \in \Supp(M)$, so gilt wegen $\dim_A(M) \le p$: - \begin{equation*} - \dim(A / \mfq) = p = \sup_{\mfp \in \Supp(M)} \dim(A / \mfp) = \dim_A(M) - \end{equation*} - Insbesondere gibt es kein $\mfp \in \Supp(M)$ mit $\mfp \subsetneq \mfq$. - Nun folgt - \begin{align*} - \Supp(M_\mfq) &= \Spec(A_\mfq / (\Ann_{A_\mfq}(M_\mfq))) \\ - &= \Spec({(A / \Ann_A(M))}_\mfq) \\ - &= \lbrace \mfp A_\mfq \mid \mfp \in \Supp(M) \wedge \mfp \subset \mfq \rbrace \\ - &= \lbrace \mfq A_\mfq \rbrace, - \end{align*} - also enthält $\Supp(M_\mfq)$ nur das eindeutige Maximalideal von $A_\mfq$. - Mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt also $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) < \infty$. - - Aus der aufsteigenden Folge von Untermoduln von $M$ erhalten wir durch Lokalisieren an $\mfq$: - \begin{equation*} - 0 = {M_0}_{\mfq} \subset \ldots \subset {M_s}_{\mfq} = M_\mfq - \end{equation*} - Dabei gilt - \begin{equation*} - {M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq \cong {(M_i / M_{i - 1})}_\mfq \cong {(A / \mfr_i)}_\mfq, - \end{equation*} - also ist ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq$ genau dann $0$, wenn $(A \setminus \mfq) \cap \mfr_i \neq \emptyset$, also wenn $\mfr_i \not\subset \mfq$. - Wir wollen nun $\mfr_i \in \Supp(M)$ zeigen. - Dazu betrachten wir die kurzen exakten Sequenzen - \begin{equation*} - 0 \to {M_{j - 1}}_{\mfr_i} \to {M_{j}}_{\mfr_i} \to {(M_j / M_{j - 1})}_{\mfr_i} \to 0. - \end{equation*} - Diese zeigen, dass ${M_j}_{\mfr_i} = 0$ genau dann gilt, wenn ${M_{j - 1}}_{\mfr_i} = 0$ und ${(M_j / M_{j - 1})}_{\mfr_i} = 0$. - Wir wissen aber - \begin{equation*} - {(M_i / M_{i - 1})}_{\mfr_i} = {(A / \mfr_i)}_{\mfr_i} = \Quot(A / \mfr_i) \neq 0, - \end{equation*} - also folgt für alle $j \ge i$ induktiv ${M_j}_{\mfr_i} \neq 0$ und insbesondere $M_{\mfr_i} \neq 0$, also $\mfr_i \in \Supp(M)$. - Ist ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq \neq 0$, so haben wir oben bereits gesehen, dass $\mfr_i \subset \mfq$ gilt. - Aber wegen $\mfr_i \in \Supp(M)$ und weil $\mfq$ das einzige Primideal in $\Supp(M)$ ist, das in $\mfq$ enthalten ist, folgt bereits $\mfr_i = \mfq$. - Folglich gilt für alle ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq \neq 0$ bereits ${M_i}_\mfq / {M_{i - 1}}_\mfq = \Quot(A / \mfq)$ und insbesondere sind sie einfache $A_\mfq$-Moduln. - Durch Weglassen von gleichen Untermoduln erhalten wir also eine Kompositionsreihe von $M_\mfq$ über $A_\mfq$, deren Länge die Anzahl $k$ der Indizes $i \in \lbrace 1, \ldots, s \rbrace$ mit $M_i / M_{i - 1} \cong A / \mfq$ ist. - Demnach gilt auch $\length_{A_\mfq}(M_\mfq) = k$. - \end{proof} -\end{lem} - -\begin{defn} - Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring. - Dann definieren wir folgende Funktion: - \begin{align*} - z_p \colon K_p(A) &\to Z_p(A) \\ - M & \mapsto \sum_{\substack{\mfq \in \Spec(A)\\\dim(A / \mfq) = p}} \length_{A_\mfq}(M_\mfq) \mfq - \end{align*} - Wir nennen $z_p(M)$ den zu $M$ gehörigen \textbf{Zykel} der Dimension $p$. - Da die Länge von $A$-Moduln additiv auf kurzen exakten Sequenzen ist, ist es auch die Funktion $z_p$. - Ist $M \in K_{p - 1}(A)$ und $\mfq \in \Spec(A)$ mit $\dim(A / \mfq) = p$, so gilt $\mfq \notin \Supp(M)$, da $\dim(M) < p$. - Also folgt $z_p(M) = 0$ das heißt die funktion $z_p$ ist null auf ganz $K_{p - 1}(A)$. -\end{defn} - -\begin{bem} - Ist $A$ ein noetherscher lokaler Integritätsring der Dimension $n$, so ist $\mfq = (0)$ das einzige Primideal von $A$ mit $\dim(A / \mfq) = n$. - Folglich gilt $Z_n(A) \cong \Z$. - Ist $M \in K_n(A)$, so gilt - \begin{equation*} - z_n(M) = \length_{A_{(0)}}(M_{(0)}) = \dim_{\Quot(A)}(M \otimes_A \Quot(A)) = \rk(M). - \end{equation*} -\end{bem} - -\begin{defn}[Multiplizität eines Moduls] - Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$. - Sei $\mfa \subset \mfm$ ein Ideal von $A$ mit $\length_A(A / \mfa) < \infty$. - Ist $M \neq 0$ ein endlich erzeugter $A$-Modul, dann gilt insbesondere $\length_A(M / \mfa M) < \infty$ und mit \cref{thm:dim-gleich-d-gleich-s} folgt $\deg(P_\mfa(M)) = \dim(M)$. - Wir nennen dann $e_\mfa(M) \coloneqq e_\mfa(M, \dim(M))$ die \textbf{Multiplizität} von $M$ bezüglich $\mfa$. - Allgemeiner betrachten wir $e_\mfa(M, p)$ für $\dim(M) \le p$. - Dies liefert uns eine Funktion - \begin{align*} - e_\mfa(\bullet, p) \colon K_p(A) &\to \N \\ - M & \mapsto e_\mfa(M, p), - \end{align*} - die nach \cref{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet} additiv auf kurzen exakten Sequenzen ist. - Per Definition ist sie null auf $K_{p - 1}(A)$. - Ist $\mfa = \mfm$, so nennen wir $e_\mfa(M) = e_\mfm(M)$ die \textbf{Multiplizität} von $M$. - Insbesondere heißt $e_\mfm(A)$ die \textbf{Multiplizität} des lokalen Rings $A$. -\end{defn} - -\begin{lem} - Ist $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$ und $\mfa \subset \mfm$ ein Ideal von $A$ mit $\length_A(A / \mfa) < \infty$ und $M \in K_p(A)$, so gilt folgende \emph{Additivitäts-Formel}: - \begin{equation*} - e_\mfa(M, p) = \sum_{\substack{\mfq \in \Spec(A)\\\dim(A / \mfq) = p}} \length_{A_\mfq}(M_\mfq) e_\mfa(A / \mfq, p). - \end{equation*} - \begin{proof} - Es gibt einen aufsteigende Folge $0 = M_0 \subset \ldots \subset M_s = M$ von Untermoduln von $M$ mit $M_i / M_{i - 1} \cong A / \mfr_i$ für alle $i \in \lbrace 1, \ldots, s \rbrace$, für gewisse $\mfr_i \in \Spec(A)$ (siehe {}\cite[Chapter~I, Corollary~2 nach Proposition~5]{serre2000local}). - Wir wollen nun durch Induktion über $s$ zeigen, dass - \begin{equation*} - e_\mfa(M_s, p) = \sum_{i = 1}^s e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p) - \end{equation*} - gilt. - Wegen $M_1 = M_1 / M_0$ haben wir im Fall $s = 1$ - \begin{equation*} - e_\mfa(M_1, p) = e_\mfa(M_1 / M_0, p) = \sum_{i = 1}^1 e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p). - \end{equation*} - Sei nun also $s > 1$ und die Behauptung bereits für $s - 1$ gezeigt. - Wir betrachten die kurze exakte Sequenz - \begin{equation*} - 0 \to M_{s - 1} \to M_s \to M_s / M_{s - 1} \to 0. - \end{equation*} - Mit \cref{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet} und der Induktionsvoraussetzung folgt dann - \begin{align*} - e_\mfa(M_s, p) &= e_\mfa(M_{s - 1}, p) + e_\mfa(M_s / M_{s - 1}, p) \\ - &= \sum_{i = 1}^{s - 1} e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p) + e_\mfa(M_s / M_{s - 1}, p) \\ - &= \sum_{i = 1}^s e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p). - \end{align*} - Wie bereits im Beweis von \cref{lem:aufsteigende-folge-von-untermoduln-laenge} gesehen, gilt $\mfr_i \in \Supp(M)$ und damit folgt $\dim(A / \mfr_i) \le p$. - Ist $\dim(A / \mfr_i) < p$, so ist $e_\mfa(M_i / M_{i - 1}, p) = 0$, also folgt mit \cref{lem:aufsteigende-folge-von-untermoduln-laenge} - \begin{equation*} - e_\mfa(M, p) = \sum_{\substack{\mfq \in \Spec(A)\\\dim(A / \mfq) = p}} \length_{A_\mfq}(M_\mfq) e_\mfa(A / \mfq, p). - \end{equation*} - \end{proof} -\end{lem} - -\begin{bem} - Sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring der Dimension $n$ mit maximalem Ideal $\mfm$ und $\bmx = (x_1, \ldots, x_n) \subset \mfm$ mit $\length_A(A / \bmx A) < \infty$. - Ist $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul, dann gilt $\length_A(M / \bmx M) < \infty$ und nach \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} gilt - \begin{equation*} - e_{\bmx}(M, n) = \chi(\bmx, M) = \sum_{i = 0}^n {(-1)}^i h_i(\bmx, M), - \end{equation*} - wobei $h_i(\bmx, M)$ die Länge der $i$-ten Homologiegruppe des Koszul-Komplexes $K(\bmx, M)$ ist. -\end{bem} - -\section{Reduktion auf die Diagonale} -\label{sec:reduktion-auf-die-diagonale} - -Im Folgenden wollen wir das Verfahren der \emph{Reduktion auf die Diagonale} einführen. - -Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten von $\A^n_k$, so ist die algebraische Menge $V \cap W = V(I(V) + I(W))$ im allgemeinen nicht irreduzibel. Deswegen interessieren wir uns im Folgenden für eine irreduzible Komponente davon. - -\begin{prop} - \label{prop:dimension-von-irreduzibler-komponente-von-schnitt} - Sei $k$ ein Körper. - Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten von $\A^n_k$ und ist $T$ eine irreduzible Komponente von $V \cap W$, dann gilt - \begin{equation*} - \codim(T) \le \codim(V) + \codim(W) - \end{equation*} - Oder in algebraischer Sprache ausgedrückt: - Sind $\mfp', \mfp'' \in \Spec(k[X_1, \ldots, X_n])$ und ist $\mfp$ ein minimales Element in $V(\mfp' + \mfp'')$, dann gilt - \begin{equation*} - \height(\mfp) \le \height(\mfp') + \height(\mfp''). - \end{equation*} -\end{prop} - -Um dies zu beweisen benötigen wir mehrere Lemmata: - -\begin{lem} - \label{lem:elemente-minimaler-primideale-sind-nullteiler} - Sei $A$ ein Ring und $\mfp$ ein minimales Primideal von $A$. - Dann sind alle Elemente von $\mfp$ Nullteiler in $A$. - \begin{proof} - Ist $R = 0$, so ist die Aussage trivial, sei also im Folgenden $R \neq 0$. - Ist $B \subset A$, so bezeichnen wir das Komplement von $B$ in $A$ mit $\overline{B}$. - Sei $\mcZ(A)$ die Menge der Nullteiler von $A$ und sei $S$ die multiplikative Menge $\overline{\mfp} \cdot \overline{\mcZ(A)}$. - Es gilt $0 \notin S$, denn sonst wäre $0 = ab$ mit $a \in \overline{\mfp}$ und $b \in \overline{\mcZ(A)}$. - Dann gilt aber $b \in \mcZ(A)$ im Widerspruch zu $b \in \overline{\mcZ(A)}$. - Demnach gilt $R_S \neq 0$ und es gibt ein Primideal $\mfq'$ von $R_S$. - Dieses entspricht einem Primideal $\mfq$ von $R$ mit $\mfq \cap S = \emptyset$, also $\mfq \subset \overline{S}$. - Wegen $R \neq 0$ gilt $1 \notin \mcZ(A)$ und da $\mfp$ prim ist, gilt $1 \notin \mfp$. - Es folgt $S \supset \overline{\mfp} \cup \overline{\mcZ(A)}$ und damit $\overline{S} \subset \mfp \cap \mcZ(A)$. - Insgemsamt erhalten wir also - \begin{equation*} - \mfq \subset \overline{S} \subset \mfp \cap \mcZ(A). - \end{equation*} - - Da $\mfp$ aber ein minimales Primideal ist, gilt bereits - \begin{equation*} - \mfp = \mfq \subset \mcZ(A). - \end{equation*} - \end{proof} -\end{lem} - -\begin{lem} - \label{lem:dimension-tensor-produkt-modulo-minimales-primideal} - Seien $A'$ und $A''$ integre endlich erzeugte $k$-Algebren. - Für jedes minimale Primideal $\mfp$ von $A' \otimes_k A''$ gilt dann - \begin{equation*} - \dim((A' \otimes_k A'') / \mfp) = \dim(A' \otimes_k A'') = \dim(A') + \dim(A''). - \end{equation*} - \begin{proof} - Nach dem noetherschen Normalisierungssatz gibt es $B' = k[X_1, \ldots, X_n]$ und $B'' = k[Y_1, \ldots, Y_m]$ mit der Eigenschaft, $A'$ ganz über $B'$ und $A''$ ganz über $B''$ sind. - Nach dem Going Up Theorem gilt dann $\dim(A') = \dim(B')$ und $\dim(A'') = \dim(B'')$. Weiter gilt - \begin{equation*} - B' \otimes_k B'' = k[X_1, \ldots, X_n] \otimes_k k[Y_1, \ldots, Y_m] \cong k[X_1, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_m], - \end{equation*} - \begin{equation*} - \dim(B' \otimes_k B'') = n + m = \dim(B') + \dim(B''). - \end{equation*} - Ist $a \in A'$, so gibt es eine Ganzheitsgleichung - \begin{equation*} - a^r + \alpha_{r - 1} a^{r - 1} + \cdots + \alpha_1 a + \alpha_0 = 0 - \end{equation*} - mit gewissen $\alpha_i \in B'$. - Ist nun $b \in A''$, dann gilt - \begin{align*} - & {(a \otimes b)}^r + {(\alpha_{r - 1} \otimes b)(a \otimes b)}^{r - 1} + \cdots + (\alpha_1 \otimes b^{r - 1})(a \otimes b) + \alpha_0 \otimes b^r \\ - =& (a^r + \alpha_{r - 1} a^{r - 1} + \cdots + \alpha_1 a + \alpha_0) \otimes b^r = 0. - \end{align*} - Also ist $a \otimes b$ ganz über $B' \otimes_k A''$. - Da alle Elemente aus $A' \otimes_k A''$ Summen von Elementen der Form $a \otimes b$ sind, ist folglich $A' \otimes_k A''$ ganz über $B' \otimes_k A''$. - Das gleiche Argument zeigt nun, dass $B' \otimes_k A''$ ganz über $B' \otimes_k B''$ ist und wegen der Transitivität der Ganzheit folgt, dass $A' \otimes_k A''$ ganz über $B' \otimes_k B''$ ist. - - Seien nun $K', K'', L', L''$ jeweils die Quotientenkörper von $A', A'', B', B''$. - Dann haben wir folgendes kommutative Diagramm von Injektionen: - \begin{center} - \begin{tikzcd} - 0 \ar[r] & L' \otimes_k L'' \ar[r] &K' \otimes_k K'' \\ - 0 \ar[r] & B' \otimes_k B'' \ar[u] \ar[r] & A' \otimes_k A'' \ar[u] \\ - & 0 \ar[u] & 0 \ar[u] - \end{tikzcd} - \end{center} - Da $K'$ ist als $L'$-Vektorraum frei über $L'$ und $K''$ ist als $L''$-Vektorraum frei über $L''$. - Da Tensorprodukte und direkte Summen vertauschen, ist also $K' \otimes_k K''$ frei über $L' \otimes_k L''$. - Insbesondere ist $K' \otimes_k K''$ ein torsionsfreier $B' \otimes_k B''$-Modul. - Betrachte nun $x \in \mfp \cap B' \otimes_k B''$. - Da $\mfp$ ein minimales Primideal ist, $x$ nach \cref{lem:elemente-minimaler-primideale-sind-nullteiler} ein Nullteiler in $A' \otimes_k A''$, also gibt es ein $0 \neq y \in A' \otimes_k A''$ mit $xy = 0$. - Wäre $x \neq 0$, so wäre also $y \in K' \otimes_k K''$ ein $B' \otimes_k B''$-Torsionselement, aber $K' \otimes_k K''$ ist torsionsfrei. - Folglich gilt $\mfp \cap B' \otimes_k B'' = 0$ und damit ist $(A' \otimes_k A'') / \mfp$ ganz über $(B' \otimes_k B'') / (\mfp \cap B' \otimes_k B'') = B' \otimes_k B''$. - Das Going Up Theorem liefert uns nun - \begin{align*} - \dim((A' \otimes_k A'') / \mfp) &= \dim(B' \otimes_k B'') \\ - &= \dim(B') + \dim(B'')\\ - &= \dim(A') + \dim(A''). - \end{align*} - \end{proof} -\end{lem} - -\begin{lem} - \label{lem:lemma-fuer-reduktion-auf-die-diagonale} - Sei $k$ ein Körper und $A$ eine $k$-Algebra. - Sei außerdem $C = A \otimes_k A$ und sei $\phi \colon C \to A$ der durch $\phi(a \otimes b) = ab$ definierte Homomorphismus. Dann gilt: - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item Der Kern $\mfd$ von $\phi$ ist das Ideal von $C$, das von den Elementen der Form - \begin{equation*} - 1 \otimes a - a \otimes 1, \qquad a \in A - \end{equation*} - erzeugt wird. - \item Sind $\mfp'$ und $\mfp''$ zwei Ideale von $A$, dann ist das Bild des Ideals $\mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp''$ unter $\phi$ gleich $\mfp' + \mfp''$. - \end{enumerate} - \begin{proof}\leavevmode - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item Es ist klar, dass $1 \otimes a - a \otimes 1$ für alle $a \in A$ in $\mfd$ enthalten ist. - Sei umgekehrt $\sum_{i=1}^{n}a_i \otimes b_i \in \mfd$, also $\sum_{i = 1}^n a_i b_i = 0$. - Dann gilt: - \begin{align*} - - \sum_{i = 1}^n (1 \otimes a_i - a_i \otimes 1)(1 \otimes b_i) &= \sum_{i = 1}^n (a_i \otimes 1 - 1 \otimes a_i)(1 \otimes b_i) \\ - &= \sum_{i = 1}^n (a_i \otimes 1)(1 \otimes b_i) - (1 \otimes a_i)(1 \otimes b_i) \\ - &= \sum_{i = 1}^n a_i \otimes b_i - 1 \otimes a_i b_i \\ - &= \sum_{i = 1}^n a_i \otimes b_i - \end{align*} - Also ist $\sum_{i=1}^{n}a_i \otimes b_i$ im von den Elementen $a_i \otimes b_i$ erzeugten Ideal enthalten. - \item Sind $a' \in \mfp'$ und $a'' \in \mfp''$, so gilt \begin{equation*} - \phi(a' \otimes 1 + 1 \otimes a'') = \phi(a' \otimes 1) + \phi(1 \otimes a'') = a' + a''. - \end{equation*} - Es folgt also - \begin{equation*} - \phi(\mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp'') \supset \mfp' + \mfp''. - \end{equation*} - Sind umgekehrt $a' = \sum_{i = 1}^n a_i' \otimes b_i' \in \mfp' \otimes_k A$ und $a'' = \sum_{i = 1}^m b_i'' \otimes a_i'' \in A \otimes_k \mfp''$, so gilt - \begin{equation*} - \phi(a' + a'') = \phi\left(\sum_{i = 1}^n a_i' \otimes b_i' + \sum_{i = 1}^m b_i'' \otimes a_i''\right) = \underbrace{\sum_{i = 1}^n a_i' b_i'}_{\in \mfp'} + \underbrace{\sum_{i = 1}^m b_i'' a_i'}_{\in \mfp''} \in \mfp' + \mfp''. - \end{equation*} - Es folgt also auch - \begin{equation*} - \phi(\mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp'') \subset \mfp' + \mfp''. - \end{equation*} - \end{enumerate} - \end{proof} -\end{lem} - -Wir können nun \cref{prop:dimension-von-irreduzibler-komponente-von-schnitt} beweisen: -\begin{proof}[Beweis von \cref{prop:dimension-von-irreduzibler-komponente-von-schnitt}] - Sei $A = k[X_1, \ldots, X_n]$, $C = A \otimes_k A$, $D = A / \mfp' \otimes_k A / \mfp''$ und $\mfr = \mfp' \otimes_k A + A \otimes_k \mfp''$. - Sei außerdem $\phi$ wie in \cref{lem:lemma-fuer-reduktion-auf-die-diagonale} und $\mfd$ der Kern von $\phi$. - Wir haben folgende kurze exakte Sequenz: - \begin{equation*} - 0 \to \mfr \to C \to D \to 0 - \end{equation*} - Das Primideal $\mfP = \phi^{-1}(\mfp)$ ein minimales Primideal in $V(\mfd + \mfr)$, denn $(0) \subset \mfp$ und angenommen $\mfP'$ ein Primideal in $V(\mfd + \mfr)$, das in $\mfP$ enthalten ist, so gilt - \begin{equation*} - \mfp = \phi(\mfP) \supset \phi(\mfP') \supset \mfp' + \mfp''. - \end{equation*} - Da $\phi(\mfP')$ wegen der Surjektivität von $\phi$ ein Primideal ist, und weil $\mfp$ ein minimales Primideal in $V(\mfp' + \mfp'')$ ist, folgt - \begin{equation*} - \mfP' = \phi^{-1}(\phi(\mfP')) + \ker(\phi) = \phi^{-1}(\mfp) + \ker(\phi) = \mfP. - \end{equation*} - Sei $\mfd'$ das Bild von $\mfd$ in $D$, dann entsprechen die Elemente aus $V(\mfd')$ wegen der obigen kurzen exakten Sequenz genau den Elementen in $V(\mfd + \mfr)$. - Das Bild $\mfQ$ von $\mfP$ in $D$ ist also ein minimales Primideal in $V(\mfd')$. - Nach \cref{lem:lemma-fuer-reduktion-auf-die-diagonale} wird $\mfd$ von den $n$ Elementen $1 \otimes X_i - X_i \otimes 1$ erzeugt. - Die minimale Anzahl von Erzeugern von $\mfd'$ ist also $\le n$ und, da $\mfQ$ ein minimales Primideal über $\mfd'$ ist, folgt $\height(\mfQ) \le n$. - Sei $\mfQ_0$ ein minimales primideal von $D$, das in $\mfQ$ enthalten ist, dann gilt $\height(\mfQ / \mfQ_0) \le n$. - Nach \cref{lem:dimension-tensor-produkt-modulo-minimales-primideal} gilt - \begin{equation*} - \dim(D / \mfQ_0) = \dim(A / \mfp') + \dim(A / \mfp''). - \end{equation*} - Da $D$ eine endlich erzeugte $k$-Algebra ist, ist es auch $D / \mfQ_0$ eine endlich erzeugte $k$-Algebra, und da $\mfq_0$ prim ist, ist $D / \mfQ_0$ sogar integer. - Für Primideale $\mfq$ von $D/\mfQ_0$ gilt also - \begin{equation*} - \height(\mfq) + \dim((D / \mfQ_0) / \mfq) = \dim(D / \mfQ_0) - \end{equation*} - (vergleiche {}\cite[Chapter~III, Part~D, Proposition~15]{serre2000local}). - Insbesondere gilt - \begin{equation*} - \height(\mfQ / \mfQ_0) = \dim(D / \mfQ_0) - \dim((D / \mfQ_0)/(\mfQ / \mfQ_0)) = \dim(D / \mfQ_0) - \dim(D / \mfQ). - \end{equation*} - Nach Konstruktion gilt $A / \mfp \cong D / \mfQ$ und wir erhalten insgemsamt - \begin{equation*} - n \ge \height(\mfQ / \mfQ_0) = \dim(A / \mfp') + \dim(A / \mfp'') - \dim(A / \mfp), - \end{equation*} - also - \begin{equation*} - n - \dim(A / \mfp) \le n - \dim(A / \mfp') + n - \dim(A / \mfp''). - \end{equation*} - Da $A$ eine integre endlich erzeugte $k$-Algebra ist, folgt - \begin{equation*} - \height(\mfp) \le \height(\mfp') + \height(\mfp''). - \end{equation*} -\end{proof} - -Der obige Beweis basiert auf dem Ersetzen des Tripels $(A; \mfp', \mfp'')$ durch das Tripel $(A \otimes_k A; \mfd, \mfr)$. Dieses Verfahren wird \textbf{Reduktion auf die Diagonale} genannt. Es ist das algebraische Analogon zur Mengentheoretischen Formel $V \cap W = (V \times W) \cap \Delta$. - -Ist nämlich $k$ ein algebraisch abgeschlossener Körper und sind $U$ und $V$ algebraische Mengen in $\A_k^n$ und ist $\Delta$ die Diagonale in $\A^n_k \times_{\Spec(k)} \A^n_k \cong \A^{2n}_k$, dann gilt nach Definition $\Delta \cong \A^n_k$ und dieser Isomorphismus identifiziert $(U \times_{\Spec(k)} V) \cap \Delta$ mit $U \cap V$. -Seien $A = k[X_1, \ldots, X_n]$, $U = V(\mfp)$, $V = V(\mfq)$ und $\Delta = \Spec((A \otimes_k A) / \mfd)$, wobei $\mfd$ der Kern des surjektiven Homomorphismus -\begin{align*} - \phi \colon A \otimes_k A &\to A \\ - a \otimes b &\mapsto ab -\end{align*} -ist. -Sei außerdem $\mfd'$ das Bild von $\mfd$ in $A / \mfp \otimes_k A / \mfq$. -Dann sind -\begin{equation*} - A / \mfp \otimes_A A / \mfq \cong A / (\mfp + \mfp) -\end{equation*} -und -\begin{equation*} - (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) \otimes_{(A \otimes_k A)} (A \otimes_k A) / \mfd \cong (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) / \mfd' -\end{equation*} -jeweils die Koordinatenringe von $U \cap V$ und $(U \times_{\Spec(k)} V) \cap \Delta$. -Die obige Aussage übersetzt sich dann auf folgende Weise in algebraische Sprache: -\begin{equation} - (A \otimes_k A) / \mfd \cong A -\end{equation} -\begin{equation} - A / \mfp \otimes_A A / \mfq \cong (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) \otimes_{(A \otimes_k A)} A \cong (A / \mfp \otimes_k A / \mfp) \otimes_{(A \otimes_k A)} (A \otimes_k A) / \mfd -\end{equation} -Diese Formel verallgemeinert sich auf folgende Weise: Sei $k$ ein Körper, $A$ eine $k$-Algebra, $B = A \otimes_k A$, $\mfd$ das von $a \otimes 1 - 1 \otimes a$, $a \in A$ erzeugte Indeal in $B$ und seien $M$ und $N$ zwei $A$-Moduln. -Dann ist $B / \mfd$ eine zu $A$ isomorphe $k$-Algebra und $A$ erhält dadurch eine $B$-Modulstruktur. -Die Assoziativitätsformel des $\Tor$-Funktors (siehe {}\cite[Chapter~IX, Theorem~2.8]{cartan1956homological}) liefert uns die natürlichen Isomorphismen -\begin{equation} - \Tor^B_n(M \otimes_k N, A) \cong \Tor^A_n(M, N). \label{eq:reduktion-auf-die-diagonale-affiner-fall} -\end{equation} -Ist also -\begin{equation*} - \cdots \to L_1 \to L_0 \to A \to 0 -\end{equation*} -eine $B$-projektive Auflösung, dann erhalten wir natürliche Isomorphismen -\begin{equation*} - \Tor^A_n(M, N) \cong H_n((M \otimes_k N) \otimes_B L_{\bullet}). -\end{equation*} -Im Fall $A = k[X_1, \ldots, X_n]$ ist $\mfd$ das von $X_i - 1 \otimes 1 - X_i$, $i \in \lbrace 1, \ldots, n \rbrace$ erzeugte Ideal. Offensichtlich ist $\bmX = {(X_i - 1 \otimes 1 - X_i)}_{i \in \lbrace 1, \ldots, n \rbrace}$ eine $B$-reguläre Folge und es gilt -\begin{equation*} - H^B_0(\bmX, B) = B / \mfd \cong A. -\end{equation*} -Mit \cref{prop:koszul-komplex-modul-null-bedingun} folgt also, dass $K^B(\bmX, B)$ eine $B$-freie und damit $B$-projektive Auflösung von $A$ ist. -Es folgt -\begin{equation} -\label{eq:tor-koszul} - \Tor^A_n(M, N) \cong H_n((M \otimes_k N) \otimes_B K^B(\bmX, B)) = H_n^B(\bmX, M\otimes_k N). -\end{equation} - -Wir wollen \cref{eq:tor-koszul} im Folgenden auf vervollständigte Tensorprodukte verallgemeinern. - -\section{Vervollständigte Tensorprodukte} -\label{sec:vervollständigte-tensorprodukte} - -\begin{defn}[Vervollständigtes Tensorproduk] - \label{defn:vervollstaendigtes-tensorprodukt} - Sei $k$ ein noetherscher Ring und seien $A$ und $B$ noethersche $k$-Algebren. - Seien $\mfm, \mfn$ Ideale von $A$, beziehungsweise $B$ mit der Eigenschaft, dass $A/\mfm$ und $B/\mfn$ $k$-Moduln von endlicher Länge sind. - Sei $M$ (beziehungsweise $N$) ein endlich erzeugter $A$-Modul (beziehungsweise $B$-Modul) mit einer $\mfm$-stabilen Filtrierung $(M_p)$ (beziehungsweise mit einr $\mfn$-stabilen Filtrierung ($N_q$)). - Wegen $V(\mfm) = V(\mfm^p)$ und $V(\mfn) = V(\mfn^q)$ folgt mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge}, dass auch $A/\mfm^p$ und $B/\mfn^q$ von endlicher Länge über $k$ sind. - Wegen $\mfm^p \subset \Ann_A(M / \mfm^p M)$ und $\mfn^q \subset \Ann_B(N / \mfn^q N)$ ist $M / \mfm^p M$ ein endlich erzeugter $(A / \mfm^p)$-Modul und $N / \mfn^q N$ ein endlich erzeugter $(B / \mfn^q)$-Modul. - Demnach sind sie $k$-Moduln von endlicher Länge und wegen $M_p \supset \mfm^p M$ und $N_q \supset \mfn^q N$ sind auch $M / M_p$ und $N / N_q$ von endlicher Länge über $k$. - - Für alle $i \in \N$ bilden die Moduln $\Tor^k_i(M/M_p, N/N_q)$ ein projektives System und wir definieren die \textbf{vervollständigten $\BTor$-Funktoren} durch - \begin{equation} - \widehat{\Tor}_i^k(M, N) = \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q). - \end{equation} - Im Fall $i = 0$ erhalten wir das \textbf{vervollständigte Tensorprodukt} - \begin{equation} - M \widehat{\otimes}_k N = \varprojlim_{(p, q)} (M / M_p \otimes_k N / N_q). - \end{equation} -\end{defn} - -Wir geben nun einige Eigenschaften der soeben definierten abelschen Gruppen an: - -\begin{prop} - \label{prop:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften} - Sei $k$ ein noetherscher Ring und seien $A$ und $B$ noethersche $k$-Algebren. - Seien $\mfm, \mfn$ Ideale von $A$, beziehungsweise $B$ mit der Eigenschaft, dass $A/\mfm$ und $B/\mfn$ $k$-Moduln von endlicher Länge sind. - Sei $M$ (beziehungsweise $N$) ein endlich erzeugter $A$-Modul (beziehungsweise $B$-Modul) mit einer $\mfm$-stabilen Filtrierung $(M_p)$ (beziehungsweise mit einr $\mfn$-stabilen Filtrierung ($N_q$)). - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item Es gilt - \begin{equation} - \label{eq:vervollstaendigter-tor-nur-diagonale} - \widehat{\Tor}^k_i(M, N) \cong \varprojlim_{p} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_p) - \end{equation} - und - \begin{align*} - \widehat{\Tor}^k_i(M, N) &\cong \varprojlim_{p} \varprojlim_{q}\Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \\ - &\cong \varprojlim_{q}\varprojlim_{p}\Tor^k_i(M / M_p, N / N_q). - \end{align*} - \item\label{item:unabhaengig-von-filtrierung} Die Moduln $\widehat{\Tor}^k_i(M, N)$ sind nicht von den gewählten stabilen Filtrierungen von $M$ und $N$ abhängig. - \item\label{item:vollstaendigkeit-vervollstaendigtes-tensorprodukt} Wir haben kanonische Morphismen - \begin{equation*} - M \otimes_k N \to \varprojlim_{p}(M / M_p) \otimes_k \varprojlim_{q}(N / N_q) \cong \hat{M} \otimes_k \hat{N} - \end{equation*} - und - \begin{equation*} - \hat{M} \otimes_k \hat{N} \to M \widehat{\otimes}_k N. - \end{equation*} - Weiter ist $M \widehat{\otimes}_k N$ kanonisch isomorph zur $(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$-adischen Vervollsändigung von $M \otimes_k N$. - \item Der Ring $A \widehat{\otimes}_k B$ ist vollständig bezüglich der $\mfr$-adischen Topologie, wobei - \begin{equation*} - \mfr = \mfm \widehat{\otimes}_k B + A \widehat{\otimes}_k \mfn. - \end{equation*} - Allgemeiner ist $\widehat{\Tor}^i_k(M, N)$ vollständig bezüglich der der $\mfr$-adischen Topologie. - Es gilt - \begin{equation*} - (A \widehat{\otimes}_k B) / \mfr \cong (A / \mfm) \otimes_k (B / \mfn) - \end{equation*} - und - \begin{equation*} - (M \widehat{\otimes}_k N) / \mfr (M \widehat{\otimes}_k N) \cong (M / \mfm M) \otimes_k (N / \mfn N). - \end{equation*} - Weiter ist $A \widehat{\otimes}_k B$ noethersch und $M \widehat{\otimes}_k N$ ist ein endlich erzeugter $(A \widehat{\otimes}_k B)$-Modul. - Außerdem korrespondieren die Maximalideale in $A \widehat{\otimes}_k B$ mit den Maximalidealen in $A / \mfm \otimes_k B / \mfn$. - \item\label{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-lange-exakte-sequenz} Ist $0 \to M' \to M \to M'' \to 0$ eine kurze exakte Sequenz von endlich erzeugten $A$-Moduln, dann erhalten wir durch die exakten Sequenzen - \begin{align*} - \cdots &\to \Tor^k_n(M / \mfm^p M , N / \mfn^q N) \\ - &\to \Tor^k_n(M'' / \mfm^p M'' , N / \mfn^q N) \\ - &\to \Tor^k_{n - 1}(M' / M' \cap \mfm^p M , N / \mfn^q N) \to \cdots - \end{align*} - eine exakte Sequenz - \begin{equation*} - \cdots \to \widehat{\Tor}^k_n(M, N) \to \widehat{\Tor}^k_n(M'', N) \to \widehat{\Tor}^k_{n - 1}(M', N) \to \cdots. - \end{equation*} - \item\label{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-M-folge} Sei nun $k$ ein regulärer Ring der Dimension $n$ und wir nehmen an, dass $M$ als $k$-Modul betrachtet eine $M$-Folge $\lbrace a_1, \ldots, a_r \rbrace$ besitzt, das heißt eine $M$-requläre Folge von Elementen aus $\Rad(k)$. - Dann gilt für alle $i > n - r$: - \begin{equation*} - \widehat{\Tor}^i_k(M, N) = 0 - \end{equation*} - \end{enumerate} - \begin{proof}\leavevmode - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item \cref{eq:vervollstaendigter-tor-nur-diagonale} gilt, da die Diagonale in $\N \times \N$ eine kofinale Teilmenge ist und die zweite Gleichung ist ebenfalls offensichtlich. - \item Sei $(M'_p)$ eine weitere $\mfm$-stabile Filtrierung auf $M$. - Da $(M_p)$ und $(M'_p)$ die gleiche Topologie auf $M$ definieren, nämlich die $\mfm$-adische (vergleiche {}\cite[Chapitre~III, §3, Proposition~4]{bourbaki2006algebre}), gibt es zu jedem $p \in \N$ ein $p' \in \N$ mit $M_{p'} \subset M'_p$. - Sei - \begin{equation*} - \phi_{m,n} \colon \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \to \Tor^k_i(M / M_m, N / N_n) - \end{equation*} - der kanonische Morphismus. - Ist nun $l \in \N$, so gibt es ein $m \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$ und wir erhalten einen Morphismus - \begin{equation*} - M/M_m \to M/M'_l - \end{equation*} - und damit für alle $n \in \N$ einen Morphismus - \begin{equation*} - \alpha_{m,l,n}\colon \Tor^k_i(M / M_m, N / N_n) \to \Tor^k_i(M / M'_l, N / N_n). - \end{equation*} - Sind $m, m' \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$, $M_{m'} \subset M'_l$ und $M_m \subset M_{m'}$, so ist das Diagramm - \begin{center} - \begin{tikzcd} - M / M_{m'} \ar[d, two heads] \ar[r, two heads] & M / M'_l \ar[d, equal] \\ - M / M_m \ar[r, two heads] & M / M'_l - \end{tikzcd} - \end{center} - offensichtlich kommutativ und damit auch das folgende Diagramm: - \begin{center} - \begin{tikzcd} - \Tor^k_i (M / M_{m'}, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m', l, n}"] \ar[d] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) \ar[d, equal] \\ - \Tor^k_i (M / M_m, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m, l, n}"'] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) - \end{tikzcd} - \end{center} - Wir definieren nun - \begin{equation*} - \psi_{l, n} \colon \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \to \Tor^k_i(M / M'_l, N / N_n) - \end{equation*} - durch $\psi_{l, n} = \alpha_{m, l, n} \circ \phi_{m, n}$, wobei $m \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$. - Diese Definition ist unabhängig von der Wahl von $m$, wie das folgende kommutative Diagramm zeigt: - \begin{center} - \begin{tikzcd} - \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i (M / M_p, N / N_q) \ar[r, "\phi_{m, n}"] \ar[dr, "\phi_{m', n}"'] & \Tor^k_i (M / M_{m'}, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m', l, n}"] \ar[d] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) \ar[d, equal] \\ - &\Tor^k_i (M / M_m, N / N_n) \ar[r, "\alpha_{m, l, n}"'] & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) - \end{tikzcd} - \end{center} - Ist nun $l' > l$, also $M'_l \subset M'_{l'}$, dann gibt es ein $m \in \N$ mit $M_m \subset M'_l$ und damit ist das Diagramm - \begin{center} - \begin{tikzcd} - & M / M_m \ar[dl] \ar[dr]\\ - M / M'_{l'} \ar[rr] & & M / M'_l - \end{tikzcd} - \end{center} - kommutativ und damit auch das folgende Diagramm: - \begin{center} - \begin{tikzcd} - & \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i (M / M_p, N / N_q) \ar[d, "\phi_{m, n}"] \ar[ddl, bend right=15, "\psi_{l',n}"'] \ar[ddr, bend left=15, "\psi_{l,n}"] \\ - & \Tor^k_i (M / M_m, N / N_n) \ar[dl, "\alpha_{m, l', n}"] \ar[dr, "\alpha_{m, l, n}"'] \\ - \Tor^k_i (M / M'_{l'}, N / N_n) \ar[rr] & & \Tor^k_i (M / M'_l, N / N_n) - \end{tikzcd} - \end{center} - Nach der Definition von $\alpha_{m, l, n}$ ist es offensichtlich, dass $\psi_{l,n}$ auch mit Variationen in $n$ kompatibel ist. - Sei - \begin{equation*} - \varphi_{m,n} \colon \varprojlim_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M'_p, N / N_q) \to \Tor^k_i(M / M'_m, N / N_n) - \end{equation*} - der kanonische Morphismus. - Dann erhalten wir einen eindeutigen Morphismus - \begin{equation*} - \Phi \colon \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) \to \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M'_p, N / N_q) - \end{equation*} - mit $\psi_{l,n} = \varphi_{l,n} \circ \Phi$. - Vertauschen wir nun die Rollen der Filtrierungen $(M_p)$ und $(M'_p)$, so erhalten wir einen eindeutigen Morphismus - \begin{equation*} - \Phi^{-1} \colon \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M'_p, N / N_q) \to \varprojlim\limits_{(p, q)} \Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) - \end{equation*} - und das übliche Argument zu universellen Eigenschaften liefert uns, dass diese beiden Morphismen tatsächlich zueinander inverse Isomorphismen sind. - \item Die Morphismen $M \to M / M_p$ und $N \to N / N_q$ liefern wegen der universellen Eigenschaft des projektiven Limes die Morphismen $M \to \varprojlim\limits_p(M / M_p)$ und $N \to \varprojlim\limits_q(N / N_q)$ und wir erhalten einen Morphismus - \begin{equation*} - M \otimes_k N \to \varprojlim_{p}(M / M_p) \otimes_k \varprojlim_{q}(N / N_q) \cong \hat{M} \otimes_k \hat{N} - \end{equation*} - wie gewünscht. - - Die kanonischen Morphismen $\hat{M} \cong \varprojlim\limits_p (M / M_p) \to M / M_p$ und $\hat{N} \cong \varprojlim\limits_q (N / N_q) \to N / N_q$ - liefern uns Morphismen - \begin{equation*} - \hat{M} \otimes_k \hat(N) \to M / M_p \otimes_k N / N_q - \end{equation*} - und die universelle Eigenschaft des projektiven Limes liefert uns wie gewünscht den Morphismus - \begin{equation*} - \hat{M} \otimes_k \hat{N} \to M \widehat{\otimes}_k N. - \end{equation*} - - Nach \cref{item:unabhaengig-von-filtrierung} Können wir zur Berechnung von $M \widehat{\otimes}_k N$ die $\mfm$-adische Filtrierung auf $M$ und die $\mfn$-adische Filtrierung auf $N$ verwenden. - Folglich gilt: - \begin{equation*} - \label{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-ist-vervollstaendigung-des-tensorprodukts}\tag{$\bigcirc$} - \begin{aligned} - M \widehat{\otimes}_k N &\cong \varprojlim_{p, q} (M / \mfm^p M \otimes_k N / \mfn^q N) \\ - &\cong \varprojlim_{p} (M / \mfm^p M \otimes_k N / \mfn^p N) \\ - &\cong \varprojlim_{p} ((M \otimes_k N) / (\mfm^p M \otimes_k N + M \otimes_k \mfn^p N)) \\ - &\cong \varprojlim_{p} ((M \otimes_k N) / (\mfm^p \otimes_k B +A \otimes_k \mfn^p)(M \otimes_k N)) - \end{aligned} - \end{equation*} - Nun gilt offensichtlich - \begin{equation*} - {(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)}^p = \sum_{s + t = p} \mfm^s \otimes_k \mfn^t \supset \mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p. - \end{equation*} - - Sind andererseits $s, t \in \N$ mit $s + t = 2p$, so gilt $s \ge p$ oder $t \ge p$ und damit folgt $\mfm^s \otimes_k \mfn^t \subset \mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p$, also - \begin{equation*} - \mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p \supset \sum_{s + t = 2n} \mfm^s \otimes_k \mfn^t = {(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)}^{2p}. - \end{equation*} - Demnach sind die $(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$-adische Filtrierung auf $M \otimes_k N$ und die Filtrierung ${((\mfm^p \otimes_k B + A \otimes_k \mfn^p)(M \otimes_k N))}_p$ kofinal und mit \cref{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-ist-vervollstaendigung-des-tensorprodukts} folgt - \begin{equation*} - M \widehat{\otimes}_k N \cong \varprojlim_{p} (M \otimes_k N) / ({(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)}^p(M \otimes_k N)). - \end{equation*} - - \item Da das vervollständigte Tensorprodukt mit Summen kompatibel ist, ist $\mfr$ nach \cref{item:vollstaendigkeit-vervollstaendigtes-tensorprodukt} die $(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$-adische Vervollsändigung von $\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfm$, also ist $A \widehat{\otimes}_k B$ vollständig bezüglich der $\mfr$-adischen Topologie. - Analog sieht man auch, dass $\widehat{\Tor}^k_i(M, N)$ voll ständig bezüglich der $\mfr$-adischen Topologie ist. - Es gilt also auch - \begin{equation*} - (A \widehat{\otimes}_k B) / \mfr \cong (A \otimes _k) / (\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn) - \cong (A / \mfm) \otimes_k (B / \mfn) - \end{equation*} - und - \begin{equation*} - (M \widehat{\otimes}_k N) / \mfr (M \widehat{\otimes}_k N) \cong (M / \mfm M) \otimes_k (N / \mfn N). - \end{equation*} - - Es gilt $\gr(\mfr) \cong \gr(\mfm \otimes_k B + A \otimes_k \mfn)$ und $\gr(M \widehat{\otimes}_k N) \cong \gr(M \otimes_k N)$. - Da $A$ und $B$ noethersch sind, sind $\mfm$ und $\mfn$ endlich erzeugt, also ist auch $\mfr^n / \mfr^{n + 1}$ endlich erzeugt und damit ist $\gr(\mfr)$ ein endlich erzeugter $\gr(A \widehat{\otimes}_k B)$-Modul. - Folglich sind $\mfr$ und $M \widehat{\otimes}_k N$ bereits endlich erzeugt (siehe {}\cite[Chapter~II, Part~A, Corollary~2 nach Proposition~6]{serre2000local}). - - Da $(A / \mfm) \otimes_k (B / \mfn)$ als Tensorprodukt noetherscher Moduln noethersch ist, ist $A \widehat{\otimes}_k B$ also ebenfalls noethersch (siehe {}\cite[Chapter~II, Part~A, Corollary~3 nach Proposition~6]{serre2000local}). - - Sei $x \in \mfr$, dann konvergiert $1 + x + x^2 + \cdots$ ind $\mfr$ und es gilt $1 + x + x^2 + \cdots = \frac{1}{1 - x}$, das heißt für alle $x \in \mfr$ ist $1 - x \in {(A \widehat{\otimes}_k B)}^\times$. - Da $\mfr$ ein Ideal ist, gilt also insbesondere auch $1 + ax \in {(A \widehat{\otimes}_k B)}^\times$ für alle $a \in A \widehat{\otimes}_k B$ und es folgt $\mfr \subset \Rad(A \widehat{\otimes}_k B)$. - Demnach korrespondieren die Maximalideale in $A \widehat{\otimes}_k B$ mit den Maximalidealen in $A / \mfm \otimes_k B / \mfn$. - \item Die Moduln $M / \mfm^p M$, $M'' / \mfm^p M''$, $M' / M' \cap \mfm^p M$ und $N / \mfn^q N$ sind von endlicher Länge, wie wir in \cref{defn:vervollstaendigtes-tensorprodukt} bereits gesehen haben. - Da sie endlich erzeugt sind, sind sie insbesondere auch artinsch und es folgt, dass auch die folgenden Moduln für alle $n \in \N$ artinsch sind: - \begin{gather*} - \Tor^k_n(M / \mfm^p M , N / \mfn^q N),\\ - \Tor^k_n(M'' / \mfm^p M'' , N / \mfn^q N), \\ - \Tor^k_{n}(M' / M' \cap \mfm^p M , N / \mfn^q N) - \end{gather*} - Also erfüllen sie die \emph{Mittag-Leffler-Bedingung} (siehe {}\cite[Chapter~0, 13.1.2]{EGA}) und mit {}\cite[Chapter~0, Proposition~13.2.2]{EGA} folgt, dass die Sequenz wie gewünscht exakt ist. - \item Wegen - \begin{equation*} - \widehat{\Tor}^k_i(M, N) = \varprojlim_{n}\widehat{\Tor}^k_i(M, N / \mfq^n N) - \end{equation*} - genügt es die Behuptung im Fall $\length_k(N) < \infty$ zu zeigen. - Ist $i > n$, so gilt für alle $p,q \in \N$, dass $\Tor^k_i(M / M_p, N / N_q) = 0$, also auch $\widehat{\Tor}^k_i(M, N) = 0$. - Dann liefert uns die kurze exakte Sequenz - \begin{equation*} - \label{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-sequenz-multiplikation-mit-a1}\tag{$\ast$} - 0 \longrightarrow M \overset{\cdot a_1}{\longrightarrow} M \to M / a_1 M \to 0 - \end{equation*} - wegen \cref{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-lange-exakte-sequenz} die exakte Sequenz - \begin{equation*} - 0 \longrightarrow \widehat{\Tor}^k_n(M, N) \overset{\cdot a_1}{\longrightarrow} \widehat{\Tor}^k_n(M, N). - \end{equation*} - Da $\length_k(N) < \infty$ wird die Kette - \begin{equation*} - N \supset a_1 N \supset a_1^2 N \supset \cdots - \end{equation*} - stationär, das heißt es gibt ein $n_0 \in \N$ mit der Eigenschaft, dass für alle $n \ge n_0$ gilt: - \begin{equation*} - a_1^n N = a_1^{n+1} N - \end{equation*} - Da $N$ über $A$ endlich erzeugt ist, liefert das Nakayama-Lemma bereits $a_1^{n_0} N = 0$ und damit auch $a_1^{n_0} \in \Ann_k(\widehat{\Tor}^k_n(M, N))$. - Sei $n_0$ minimal mit dieser Eigenschaft. - Angenommen $\widehat{\Tor}^k_n(M, N) \neq 0$, dann gilt $n_0 \ge 1$ und es gibt ein $0 \neq x \in a_1^{n_0 - 1}\widehat{\Tor}^k_n(M, N) \subset \widehat{\Tor}^k_n(M, N)$ mit $a_1 x = 0$ im Widerspruch zur Injektivität der Abbildung $\cdot a_1$, also ist $\widehat{\Tor}^k_n(M, N) = 0$. - Dies zeigt die Behauptung im Fall $r = 1$. - - Im Fall $r > 1$ ist $\lbrace a_2, \ldots, a_r \rbrace$ eine $(M / a_1)$-Folge der Länge $r - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung angewendet auf $M / a_1$ folgt $\widehat{\Tor}^k_i(M / a_1, N)$ = 0 für alle $i > n - (r - 1)$. - Wir erhalten also aus \cref{eq:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-sequenz-multiplikation-mit-a1} die exakte Sequenz - \begin{equation*} - 0 \longrightarrow \widehat{\Tor}^k_{n - r}(M, N) \overset{\cdot a_1}{\longrightarrow} \widehat{\Tor}^k_{n - r}(M, N) - \end{equation*} - und mit dem gleichen Argument wie oben folgt $\widehat{\Tor}^k_{n - r}(M, N) = 0$. - \end{enumerate} - \end{proof} -\end{prop} - -\begin{bem} - Trägt $N$ in \cref{prop:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften}~\cref{item:vervollstaendigtes-tensorprodukt-eigenschaften-M-folge} eine natürliche $A$-Modul-Struktur, so kann die $M$-Folge $\lbrace a_1, \ldots, a_r \rbrace$ auch aus Elementen aus $\Rad(A)$ bestehn. - Der Beweis bleibt in diesem Fall identisch. -\end{bem} - -Wir wollen nun den für uns wichtigsten Fall untersuchen, nämlich dass $k$ ein Körper ist, $A \cong B \cong k[[X_1, \ldots, X_n]]$ und $\mfm \cong \mfn \cong (X_1, \ldots, X_n)$. -In diesem Fall ist $\widehat{\Tor}^k_i(A, B) =~0$ für $i > 0$, denn $B$ trägt eine natürliche $A$-Modul-Struktur und $A$ hat die $A$-Folge $\lbrace X_1, \ldots, X_n \rbrace$. -Wie wir bereits gesehen haben, ist $A \widehat{\otimes}_k B$ die $\mfr$-adische Vervollständigung von $A \otimes_k B$ ist, wobei -\begin{equation*} - \mfr = (X_1, \ldots, X_n) \otimes_k B + A \otimes_k (Y_1, \ldots, Y_n). -\end{equation*} -Sei nun $C = k[[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]]$ der formale Potenzreihenring in $2n$ Variablen. -Dann haben wir eine Einbettung -\begin{align*} - \phi \colon A \otimes_k B &\to C\\ - f \otimes g & \mapsto fg -\end{align*} -(siehe {}\cite[Proposition~3.1]{bardavid11aneffective}) und das Bild von $\mfr$ unter dieser Einbettung ist offensichtlich $(X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n)$. -Desweiteren gilt $k[X_1, \ldots, X_n] \subset A$ und $k[Y_1, \ldots, Y_n] \subset B$ und da Polynomringe und formale Potenzreihenringe flach sind, haben wir eine Injektion -\begin{equation*} - k[X_1, \ldots, X_n] \otimes_k k[Y_1, \ldots, Y_n] \hookrightarrow A \otimes_k B \hookrightarrow C, -\end{equation*} -der offenbar dem Morphismus -\begin{align*} - k[X_1, \ldots, X_n] \otimes_k k[Y_1, \ldots, Y_n] &\to C \\ - f \otimes g & \mapsto fg -\end{align*} -entspricht. -Das Bild dieses Morphismus ist bekannterweise $k[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]$, es gilt also $k[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n] \subset \phi(A \otimes_k B)$. -Nun ist aber $C$ die Vervollständigung von $k[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]$ bezüglich $(X_1, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n)$, also folgt bereits -\begin{equation*} - A \widehat{\otimes}_k B \cong C. -\end{equation*} - -\begin{prop} - \label{prop:reduktion-auf-diagonale-diagonale-potenzreihernring} - Sei $k$ ein Körper und sei $A \cong B \cong k[[X_1, \ldots, X_n]]$, und sei $\mfm \cong \mfn \cong (X_1, \ldots, X_n)$. Sei $C$ der formalen Potenzreihenring $k[[X_y, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]]$ in $2n$ Variablen. - Sei $M$ (beziehungsweise $N$) ein endlich erzeugter $A$-Modul (beziehungsweise $B$-Modul) mit einer $\mfm$-stabilen Filtrierung $(M_p)$ (beziehungsweise mit einr $\mfn$-stabilen Filtrierung ($N_q$)). - Dann gilt - \begin{equation} - \label{eq:reduktipn-auf-die-diagonale-potenzreihe} - \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A). - \end{equation} - \begin{proof} - Es sei nun $\mfq$ (beziehungsweise $\mfq'$) ein Ideal von $A$ (beziehungsweise $B$) mit $\length_A(A / \mfq) <~\infty$ (beziehungsweise $\length_B(B / \mfq') < \infty$). - Weiter sei $\mfs$ das von $\mfq$ und $\mfq'$ erzeugte Ideal in $C$ und wir statten $M$, $N$, $M \widehat{\otimes}_k N$ jeweils mit der $\mfq$-adischen, $\mfq'$-adischen und $\mfs$-adischen Topologie aus. - Wir betrachten nun die zugehörigen graduierten Moduln $\gr(M)$, $\gr(N)$ und $\gr(M \widehat{\otimes}_k N)$. - Der natürliche Morphismus $M \otimes_k N \to M \widehat{\otimes}_k N$ induziert einen Morphismus - \begin{equation*} - \gr(M) \otimes_k \gr(N) \to \gr(M \widehat{\otimes}_k N). - \end{equation*} - Ist $\mfm$ das eindeutige Maximalideal von $A$, so sind die $\mfs$-adische Filtrierung und die $(\mfm \widehat{\otimes}_k B + A \widehat{\otimes}_k \mfm)$-adische Filtrierung offenbar kofinal, und es folgt - \begin{equation*} - \gr(M \widehat{\otimes}_k N) \cong \gr(M \otimes_k N). - \end{equation*} - Da Tensorprodukte und direkte Summen vertauschen, zeigt dies, dass der obige Morphismus ein Isomorphismus ist. - Also gilt - \begin{equation*} - \dim(M \widehat{\otimes}_k N) = \dim(M) + \dim(N) - \end{equation*} - und - \begin{equation*} - e_\mfs(M \widehat{\otimes}_k N, \dim(M) + \dim(N)) = e_\mfq(M, \dim(M)) \cdot e_{\mfq'}(N, \dim(N)). - \end{equation*} - - Sind - \begin{equation*} - \cdots \to K_1 \to K_0 \to M \to 0 - \end{equation*} - und - \begin{equation*} - \cdots \to L_1 \to L_0 \to N \to 0 - \end{equation*} - jeweils eine $A$-freie und eine $B$-freie Auflösung von $M$ und $N$, so ist ${(\sum_{p + q = n} K_p \widehat{\otimes}_k L_q)}_n$ eine $C$-freie Auflösung von $M \widehat{\otimes}_K N$. - Sei $\mfd = (X_1 - Y_1, \ldots, X_n - Y_n) \subset C$, dann gilt offenbar $A \cong C / \mfd$. - Dann gilt - \begin{equation*} - K_p \otimes_A L_q \cong (K_p \widehat{\otimes}_k L_q) \otimes_C A - \end{equation*} - und wir erhalten die Formel für der Reduktion auf die Diagonale: - \begin{equation*} - \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A) - \end{equation*} - \end{proof} -\end{prop} - -\section{Reguläre Ringe gleicher Charakteristik} -\label{regulaere-ringe-gleicher-charakteristik} - -Sei nun $k$ ein Körper, $A = k[[X_1, \ldots, X_n]]$, $C = A \widehat{\otimes}_k A = k[[X_1, \ldots, X_n, Y_1, \ldots, Y_n]]$ und $\mfd = (X_1 - Y_1, \ldots, X_n - Y_n) \subset C$. -Seien $M$ und $N$ zwei endlich erzeugte $A$-Moduln. -Da die Elemente $X_j - Y_j$ offensichtlich eine $C$-reguläre Folge bilden, erhalten wir mit \cref{eq:reduktipn-auf-die-diagonale-potenzreihe} und \cref{kor:isomorphie-koszul-homologie-tor}: -\begin{equation*} - \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(C / \mfd, M \widehat{\otimes}_k N) \cong H_i^C((X_1 - Y_1, \ldots, X_n - Y_n), M \widehat{\otimes}_k N) -\end{equation*} - -Ist $M \otimes_A N$ von endlicher Länge, so auch $\Tor^A_i(M, N)$. -Außerdem ist auch -\begin{equation*} - (M \widehat{\otimes}_k N) / \mfd (M \widehat{\otimes}_k N) \cong M \widehat{\otimes}_k N \otimes C / \mfd \cong M \otimes_k N -\end{equation*} -von endlicher Länge. Nach \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} ist dann die Euler-Poincaré-Charakteristik -\begin{equation*} - \chi(M, N) = \sum_{i = 0}^n {(-1)}^i \length_A(\Tor^A_i(M, N)) -\end{equation*} -gleich der Multiplizität $e_\mfd(M \widehat{\otimes}_k N, n)$ des $C$-Moduls $M \widehat{\otimes}_k N$ bezüglich $\mfd$. -Folglich gilt -\begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item $\chi(M, N) \ge 0$, - \item $\dim(M) + \dim(N) = \dim(M \widehat{\otimes}_k N) \le n$, - \item $\chi(M, N) = 0$, genau dann, wenn $\dim(M) + \dim(N) < n$. -\end{enumerate} - -Dies wollen wir nun auf \emph{reguläre Ringe gleicher Charakteristik} verallgemeinern. - -\begin{defn}[Regulärer Ring gleicher Charakteristik] - \label{defn:regulaere-ringe-gleicher-charakteristik} - Ist $A$ ein Integritätsring, so nennen wir $A$ von \textbf{gleicher Charakteristik}, wenn für alle $\mfp \in \Spec(A)$ die Ringe $A$ und $A / \mfp$ die gleiche Charakteristik haben. - - Ist $A$ ein regulärer Ring und $\mfp \in \Spec(A)$, so ist $A_\mfp$ ein regulärer lokaler Ring und damit ein Integritätsring (siehe {}\cite[Theorem~164]{kaplansky1974commutative}). - Wir nennen $A$ von gleicher Charakteristik, falls für alle $\mfp \in \Spec(A)$ der Ring $A_\mfp$ von gleicher Charakteristik ist. -\end{defn} - -\begin{thm} - \label{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} - Sei $A$ ein regulärer Ring gleicher Charakteristik und seien $M$ und $N$ zwei endlich erzeugte $A$-Moduln. - Sei außerdem $\mfq$ ein minimales Primideal in $\Supp(M \otimes_A N)$. - Dann gilt - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item $\chi_\mfq(M, N) = \sum_{i = 0}^{\dim(A)} {(-1)}^i \length_A({\Tor^A_i(M, N)}_\mfq) \ge 0$, - \item $\dim(M_\mfq) + \dim(N_\mfq) \le \height(\mfq)$, - \item $\dim(M_\mfq) + \dim(N_\mfq) < \height(\mfq)$ genau dann, wenn $\chi_\mfq(M, N) = 0$. - \end{enumerate} - \begin{proof} - Da $A_\mfq$ regulär ist, gilt $\dim(A_\mfq) = \globdim(A_\mfq)$ und damit folgt - \begin{equation*} - \Tor^{A_\mfq}_i(M_\mfq, N_\mfq) = 0 - \end{equation*} - für alle $i > \dim(A_\mfq)$. - Durch Vervollständigung erhalten wir - \begin{equation*} - {\Tor^A_i(M, N)}_\mfq \cong \Tor^{A_\mfq}_i(M_\mfq, N_\mfq) \cong \Tor^{\hat{A}_\mfq}_i(\hat{M}_\mfq, \hat{N}_\mfq). - \end{equation*} - Wegen $\dim(A) \ge \dim(A_\mfq)$ können wir also annehmen, dass $A$ ein vollständiger noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfq$ ist. - Nach \emph{Cohens Struktursatz} (siehe {}\cite[Theorem~15]{cohen46onthestructure}) ist $A$ dann isomorph zu $k[[X_1, \ldots, X_n]]$, wobei $k = A / \mfq$ und $n = \dim(A)$. - \end{proof} -\end{thm} - -\section{Die $\BTor$-Formel} -\label{sec:die-tor-formel} - -Sei $X$ eine algebraische Varietät über dem Körper $k$. -Wir nehmen der Einfachheit halber an, dass $k$ algebraisch abgeschlossen und $X$ irreduzibel ist. -Seien $U$, $V$ und $W$ drei irreduzible Untervarietäten von $X$, wobei $W$ eine irreduzible Komponente von $U \cap V$ ist. -Wir nehmen zusätzlich an, dass der lokale Ring $A$ von $X$ bei $W$ regulär ist. -Da $k$ perfekt ist, ist dies genau dann der Fall, wenn $W$ nicht-leeren Schnitt mit der glatten Punkte von $X$ hat. - -Seien $\mfp_U$ und $\mfp_V$ die Primideale des lokalen Rings $A$, die zu den Untervarietäten $U$ und $V$ gehören. -Nach Voraussetzung ist $A$ regulär und $A / (\mfp_U + \mfp_V)$ ist von endlicher Länge. -Verwenden wir \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik}, so erhalten wir, dass die Euler-Poincaré-Charakteristik -\begin{equation*} - \chi^A(A / \mfp_U, A / \mfp_V) = \sum_{i = 0}^{\dim(X)} {(-1)}^i \length_A(\Tor^A_i(A / \mfp_U, A / \mfp_V)) -\end{equation*} -wohldefiniert und $\ge 0$ ist. - -Die Voraussetungen von \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} sind tatsächlich erfüllt: -$A$ ist regulär von gleicher Charakteristik und für $M = A / \mfp_U$ und $N = A / \mfp_V$ gilt -\begin{equation*} - \Supp(M \otimes_A N) = \Supp(M) \cap \Supp(N) = \lbrace \mfm \rbrace, -\end{equation*} -wobei $\mfm$ das Maximalideal von $A$ ist, denn $M \otimes_A N \cong A / (\mfp_U + \mfp_V)$ ist von endlicher Länge, also sind nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} alle Elemente von $\Supp(M \otimes_A N)$ maximale Ideale. -Also ist $\mfm$ das eindeutige minimale Primideal von $\Supp(M \otimes_A N)$. -Wegen $\dim(X) \ge \dim(A)$ können wir auch tatsächlich bin $\dim(X)$ summieren. - -Nach \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} folgt also auch -\begin{equation*} - \dim(A / \mfp_U) + \dim(A / \mfp_V) \le \dim(A) = \dim(X) - \dim(W), -\end{equation*} -und wegen $\dim(A / \mfp_U) = \dim(U) - \dim(W)$ und $\dim(A / \mfp_V) = \dim(V) - \dim(W)$ folgt damit -\begin{equation} - \label{eq:dimension-intersection} - \dim(U) + \dim(V) \le \dim(X) + \dim(W). -\end{equation} -Im Fall, dass in \cref{eq:dimension-intersection} Gleichheit gilt, sagen wir, dass der Schnitt \textbf{eigentlich} in $W$ ist, beziehungsweise wir sagen, dass sich $U$ und $V$ in $W$ \textbf{eigentlich schneiden}. - -\begin{thm}\leavevmode - \label{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item\label{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-a} Falls sich $U$ und $V$ in $W$ nicht eigentlich schneiden, dann gilt $\chi^A(A / \mfp_u, A / \mfp_V) = 0$. - \item\label{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b} Falls sich $U$ und $V$ in $W$ eigentlich schneiden, so ist $\chi^A(A / \mfp_u, A / \mfp_V) > 0$ und stimmt mit der Schnitt-Multiplizität $i(X, U \cdot V, W)$ von $U$ und $V$ in $W$ im Sinne von Samuel überein. - \end{enumerate} -\end{thm} - -Offensichtlich folgen \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-a} und der erste Teil von \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b} aus \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik}. Den zweiten Teil von \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b} zeigen wir, nachdem wir gezeigt haben, dass die Funktion $I(X, U \cdot V, W) = \chi^A(A / \mfp_u, A / \mfp_V)$ die formalen Eigenschaften einer \enquote{Schnittmultiplizität} erfüllt. - -\section{Zykel auf einer nicht singulären affinen Varietät} -\label{sec:zykel-auf-einer-nicht-singulaeren-affinen-varietaet} - -Sei im Folgenden $X$ eine nicht singuläre affine Varietät der Dimension $n$ und $A$ ihr Koordinatenring. -Ist $a \in \N$ und $M \in K_a(A)$, so ist $z_a(M)$ ein positiver Zykel der Dimension $a$, der genau dann null ist, wenn $\dim(M) < a$. - -Sei nun auch $b \in \N$. -Sind $\alpha = \sum_{i} n_i \mfp_i \in Z_a(A)$ und $\beta = \sum_{j} m_j \mfq_j \in Z_b(A)$, so sagen wir, dass sich $\alpha$ und $\beta$ \textbf{eigentlich schneiden}, falls sich die zu $\mfp_i$ und $\mfq_j$ gehörenden irreduziblen Untervarietäten von $X$ für alle $i, j$ eigentlich schneiden. - -\begin{defn}[Schnittprodukt von Zykeln] - \label{defn:schnittprodukt-von-zykeln} - Seien $a, b \in \N$, $\alpha = \sum_{i} n_i \mfp_i \in Z_a(A)$ und $\beta = \sum_{j} m_j \mfq_j \in Z_b(A)$ zwei Zykel die sich eigentlich schneiden, das heißt für jedes minimale Primideal $\mfr$ in $\Supp(A / \mfp_i \otimes_A A / \mfq_j)$ gilt $\dim(A/\mfr) = c = a + b - \dim(X)$. - Dann definieren wir das \textbf{Schnittprodukt} von $\alpha$ und $\beta$ durch - \begin{equation*} - \alpha \cdot \beta \coloneqq \sum_{i, j} n_i m_j \sum_{\substack{\mfr \in \Supp(A / \mfp_i \otimes_A A / \mfq_j)\\\text{ minimal}}} \chi^{A_\mfr}({(A / \mfp_i)}_\mfr, {(A / \mfq_j)}_\mfr) \mfr \in Z_c(A). - \end{equation*} -\end{defn} - -\begin{prop} - \label{prop:schnitt-zykel} - Seien $a, b, c \in \N$ mit $a + b = n + c$. Seien $M$ und $N$ zwei $A$-Moduln mit $\dim(M) \le a$, $\dim(N) \le b$ und $\dim(M \otimes_A N) \le c$. - Die Zykel $z_a(M)$ und $z_b(N)$ schneiden sich eigentlich und der Schnittzykel - \begin{equation*} - z_a(M) \cdot z_b(N) = \sum_{\substack{\dim(A / \mfp) = a \\ \dim(A / \mfq) = b}} \length_{A_\mfp}(M_\mfp) \length_{A_\mfq}(N_\mfq) \sum_{\substack{\mfr \in \Supp(A / \mfp \otimes_A A / \mfq)\\\text{ minimal}}} \chi^{A_\mfr}({(A / \mfp)}_\mfr, {(A / \mfq)}_\mfr) \mfr - \end{equation*} - stimmt mit dem Zykel - \begin{equation*} - z_c(\Tor^A(M, N)) \coloneqq \sum_{i = 0}^{\dim(A)} {(-1)}^{i} z_c(\Tor^A_i(M, N)) - \end{equation*} - überein. - \begin{proof} - Sei $W$ eine irreduzible Komponente von $X$ der Dimension $c$, die zu dem Primideal $\mfr$ von $A$ korrespondiert. - Nach Definition ist der Koeffizient des Primideals $\mfr$ im Zykel $z_c(\Tor^A(M, N))$ durch - \begin{equation*} - \sum_{i = 0}^{\dim(A)} {(-1)}^i \length_{A_\mfr}({\Tor^A_i(M, N)}_\mfr) = \chi^{A_\mfr}(M_\mfr, N_\mfr) - \end{equation*} - gegeben. - Dieser Koeffizient ist also \enquote{biadditiv} in $M$ und $N$ und nach \cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-a} in \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} ist er null, falls $\dim(M) < a$ oder $\dim(N) < b$. - Das gleiche gilt offensichtlich auch für den Koeffizienten von $\mfr$ in $z_a(M) \cdot z_b(N)$. - Wir können uns also auf den Fall $M = A / \mfp$ und $N = A / \mfq$ beschränken, wobei $\mfp$ und $\mfq$ Primideale von $A$ sind, die irreduziblen Untervarietäten $U$ und $V$ von $X$ der Dimensionen $a$ und $b$ entsprechen. - In diesem Fall ist der Koeffizient von $\mfr$ in $z_c(\Tor^A(M, N))$ durch $\chi^{A_\mfr}({(A / \mfp)}_{\mfr}, {(A / \mfq)}_{\mfr})$ gegeben. - \end{proof} -\end{prop} - -\begin{bem}\leavevmode - \begin{enumerate}[label = (\alph*)] - \item \cref{prop:schnitt-zykel} Liefert uns eine einfache Methode, um das Schnittprodukt $\alpha \cdot \beta$ zweier positiver Zykel $\alpha$ und $\beta$ der Dimensionen $a$ und $b$, die sich eigentlich schneiden, zu berechnen: - Wähle Moduln $M$ und $N$ mit $z_a(M) = \alpha$ und $z_b(N) = \beta$, sodass $M \otimes_A N$ die gewünschte Dimension hat (das ist automatisch der Fall, falls $\Supp(M) = \Supp(\alpha)$ und $\Supp(N) = \Supp(\beta)$). - Der Zykel $\alpha \cdot \beta$ ist dann einfach der \enquote{Zykel von $\Tor^A(M, N)$}. - \item Wir können den Begriff der Zykel und \cref{defn:schnittprodukt-von-zykeln} auf algebraische Varietäten erweitern, die nicht notwendigerweise affin sind. - In diesem Fall ersetzen wir Primideale $\mfp$ von $A$ mit $\dim(A / \mfq) = p$ durch irreduzible Untervarietäten von $X$ mit $\codim(Y, X) = p$ und $A$-Moduln durch \emph{kohärente $\mcO_X$-Modulgarben}, wobei $\mcO_X$ die Strukturgarbe von $X$ ist. - Ist $\mcM$ solch eine Modulgarbe mit $\dim(\Supp(\mcM)) \le a$ (was wir manchmal auch als $\dim(\mcM) \le a$ schreiben), so definieren wir auf offensichtliche Weise den Zykel $z_a(\mcM) \in Z_a(X)$. - Auch \cref{prop:schnitt-zykel} gilt dann, wobei die Moduln $\Tor^A_i(M, N)$ durch die Garben $\mcTor^{\mcO_X}_i(\mcM, \mcN)$ ersetzet werden. - \end{enumerate} -\end{bem} - -\section{Eigenschaften des Schnittprodukts} -\label{sec:eigenschaften-des-schnittprodukts} - -In diesem Abschnitt wollen wir zeigen, dass das Schnittprodukt aus \cref{defn:schnittprodukt-von-zykeln} die Fundamentalen Eigenschaften der Schnitttheorie erfüllt. -Da diese Eigenschaften alle lokal sind, können wir annehmen, dass die Varietäten affin und nicht singulär sind. -Dies ermöglicht es uns \cref{prop:schnitt-zykel} anzuwenden. - -Sei also im Folgenden $X$ eine nicht singuläre affine Varietät der Dimension $n$ und $A$ ihr Koordinatenring. - -\begin{description} - \item[Kommutativität] - Dies ist offensichtlich, denn die Bifunktoren $\Tor^A_i(\bullet, \bullet)$ sind symmetrisch. - - \item[Assoziativität] - Seien $z$, $z'$ und $z''$ drei positive Zykel der Dimensionen $a$, $a'$ und $a''$. - Wir nehmen an, dass die Schnittprodukte $z \cdot z'$, $(z \cdot z') \cdot z''$, $z' \cdot z''$ und $z \cdot (z' \cdot z'')$ definiert sind. - Dann müssen wir - \begin{equation*} - (z \cdot z') \cdot z'' = z \cdot (z' \cdot z'') - \end{equation*} - zeigen. - - Sei dazu $M$, $M'$ und $M''$ $A$-Moduln mit $z_a(M) = z$, $z_{a'}(M') = z'$ und $z_{a''}(M'') = z''$ und $\Supp(M) = \Supp(z)$, $\Supp(M') = \Supp(z')$ und $\Supp(M'') = \Supp(z'')$. - - Nach einer \enquote{Assoziativitätsformel} für $\Tor$-Funktoren (siehe {}\cite[s. 347]{cartan1956homological}) erhalten wir die folgenden beiden Spektralsequenzen: - \begin{align} - \Tor^A_p(M, \Tor^A_q(M', M'')) &\Longrightarrow \Tor^A_{p + q}(M, M', M'')\label{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-erste-spektralsequenz} \\ - \Tor^A_p(\Tor^A_q(M, M'), M'') &\Longrightarrow \Tor^A_{p + q}(M, M', M'') \label{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-zweite-spektralsequenz} - \end{align} - Sei $c = a + a' + a'' - 2n$ und $b = a' + a'' - n$. - Da die Schnitte eigentlich sind, gilt $\dim(M' \otimes_A M'') \le b$ und $\dim(M \otimes_A M' \otimes_A M'') \le c$. - Demnach sind die folgenden Zykel wohldefiniert: - \begin{align*} - y_q &= z_b(\Tor^A_q(M', M'')) \\ - x_{p,q} &= z_c(\Tor^A_p(M, \Tor^A_q(M', M''))) \\ - x_i &= z_c(\Tor^A_i(M, M', M'')) - \end{align*} - Da Euler-Poincaré-Charakteristiken unter Spektralsequenzen invariant sind, erhalten wir aus \cref{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-erste-spektralsequenz}: - \begin{equation*} - \sum_{i} {(-1)}^i x_i = \sum_{p,q} {(-1)}^{p+q} x_{p, q} - \end{equation*} - Aber \cref{prop:schnitt-zykel} zeigt - \begin{equation*} - \sum_{p} {(-1)}^p x_{p, q} = z \cdot y_q \quad \text{und} \quad \sum_{q} {(-1)}^q y_q = z' \cdot z''. - \end{equation*} - Folglich gilt - \begin{equation*} - \sum_{i} {(-1)}^i x_i = z \cdot (z' \cdot z''). - \end{equation*} - Wenden wir das gleiche Argument mit \cref{eq:assoziativitaet-schnittprodukt-zweite-spektralsequenz} an, so erhalten wir - \begin{equation*} - \sum_{i} {(-1)}^i x_i = (z \cdot z') \cdot z'', - \end{equation*} - und damit die gewünschte Assoziativitätsformel. - \item[Produktformel] - Sei $X'$ eine weitere nicht singuläre affine Varietät der Dimension $n'$ und $A'$ ihr Koordinatenring. - Seien $z_1$ und $z_2$ (beziehungsweise $z_1'$ und $z_2'$) zwei Zykel auf $X$ (beziehungsweise $X'$) und wir nehmen an, dass $z_1 \cdot z_2$ und $z_1' \cdot z_2'$ definiert sind. Dann schneiden sich $z_1 \times z_1'$ und $z_2 \times z_2'$ eigentlich auf $X \times_{\Spec(k)} X'$ und es gilt - \begin{equation} - (z_1 \times z_1') \cdot (z_2 \times z_2') = (z_1 \cdot z_2) \times (z_1' \cdot z_2'). - \end{equation} - Um dies zu zeigen, können wir annehmen, dass die Zykel positiv sind. - Seien $M_1$ und $M_2$ zwei $A$-Moduln, die zu den Zykeln $z_1$ und $z_2$ korrespondieren und seien $M_1'$ und $M_2'$ zwei $A'$-Moduln, die zu den Zykel $z_1'$ und $z_2'$ korrespondieren. - Man prüft leicht, dass der zum $(A \otimes_k A')$-Modul $M_1 \otimes_k M_1'$ assozierte Zykel gleich $z_1 \times z_1'$ (tatsächlich kann man dies als Definition des Produkts von Zykeln verwenden). - Die Produktformel, die wir zeigen wollen, folgt dann aus der \enquote{Künneth Formel}: - \begin{equation*} - \Tor^{A \otimes_k A'}_h(M_1 \otimes_k M_1', M_2 \otimes_k M_2') = \bigoplus_{i + j = h} \Tor^A_i(M_1, M_2) \otimes_k \Tor^{A'}_j(M_1', M_2'). - \end{equation*} - \item[Reduktion auf die Diagonale] - Sei $\Delta$ die Diagonale in $X \times_{\Spec(k)} X$. - Sind $z_1$ und $z_2$ zwei Zykel auf $X$, die sich eigentlich schneiden, so müssen wir die Formel - \begin{equation} - z_1 \cdot z_2 = (z_1 \times z_2) \cdot \Delta \label{eq:reduktion-auf-die-diagonale-schnittprodukt} - \end{equation} - zeigen. - Wir können wieder annehmen, dass $z_1$ und $z_2$ positiv sind. - Sei $B = A \otimes_k A$ der Koordinatenring von $X \times_{\Spec(k)} X$ und seien $M_1$ und $M_2$ zwei $A$-Moduln, die zu den Zykeln $z_1$ und $z_2$ korrespondieren. - Dann gilt nach \cref{eq:reduktion-auf-die-diagonale-affiner-fall} - \begin{equation*} - \Tor^A_i(M_1, M_2) = \Tor^B_i(M_1 \otimes_k M_2, A). - \end{equation*} - \cref{eq:reduktion-auf-die-diagonale-schnittprodukt} folgt dann durch Bilden der alternierenden Summe der Zykel auf beiden seiten der obigen Gleichung. -\end{description} - -Wir wollen nun den Rest von \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} zeigen. - -\begin{proof}[Beweis des zweiten Teils von \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet}~\cref{item:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet-b}] - Wir müssen also zeigen, dass die Funktionen $I$ und $i$ übereinstimmen. - Dazu betrachten wir zunächst den Fall, dass $U$ ein vollständiger Durchschnitt in $W$ ist, das heißt das Ideal $\mfp_U$ wird von $h$ Elementen $x_1, \ldots, x_h$ erzeugt und es gilt $h = \dim(X) - \dim(U) = \dim(V) - \dim(W)$. - $\bmx = (x_1, \ldots, x_h)$ ist also eine $A$-reguläre Folge. - Nach \cref{kor:isomorphie-koszul-homologie-tor} gilt also - \begin{equation*} - \chi^A(A / \mfp_U, A / \mfp_V) = \sum_{i = 0}^{\dim(A)}{(-1)}^i \length_A(H_i(\bmx, A / \mfp_V)) - \end{equation*} - und \cref{thm:euler-poincare-charakteristik-gleich-samuel-polynom} liefert uns - \begin{equation*} - \chi^A(A / \mfp_U, A / \mfp_V) = e_{\bmx}(A / \mfp_V). - \end{equation*} - Nach {}\cite[s. 83]{samuel1967methodes} gilt aber $e_{\bmx}(A / \mfp_V) = i(X, U \cdot V, W)$ und das zeigt $I = i$ in diesem Fall. - - Der allgemeine Fall reduziert sich auf diesen, indem wir die \emph{Reduktion auf die Diagonale} verwenden, denn sie ist sowohl für $i$, also auch für $I$ gültig. - Da die Diagonale $\Delta$ nicht singulär ist, is sie lokal ein vollständiger Durchschnitt und die Voraussetzungen des vorherigen Falls sind erfüllt. -\end{proof} - -\section{Ausblick} -\label{sec:Ausblick} - -Wir haben im Verlauf dieser Arbeit hauptsächlich darauf hingearbeitet, \cref{thm:tor-formel-gibt-schnitt-multiplizitaet} zu beweisen. -Als wesentlichen Schritt dazu, haben wir \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} gezeigt. -Die Einschränkung in \cref{thm:tor-formel-regulaerer-ring-gleicher-charakteristik} auf reguläre Ringe gleicher Charakteristik wirkt allerdings etwas speziell und es ist deswegen natürlich zu vermuten, dass die Aussage dieses Theorems auch für beliebige reguläre Ringe gilt. - -Serre selbst hat die Aussage zumindest in etwas allgemeinerer Form gezeigt, nämlich für den Fall unverzweigter regulärer Ringe ungleicher Charakteristik (siehe {}\cite[Chapter~V, Part~B, Theorem~2]{serre2000local}). - -Die zweite Aussage des Theorems, die \enquote{Dimensionsformel} wurde von Serre sogar im Fall beliebiger regulärer Ringe gezeigt (siehe {}\cite[Chapter~V, Part~B, Theorem~3]{serre2000local}). - -Die erste Aussage des Theorems, die Nicht-Negativität von $\chi(M, N)$, wurde im Fall beliebiger regulärer Ringe 1996 von Ofer Gabber gezeigt (siehe {}\cite{roberts1998recent}). -Der Beweis ist tatsächlich relativ kompliziert und verwendet Methoden der algebraischen Geometrie wie die Auflösung von Singularitäten. - -Die eine Implikation der dritten Aussage des Theorems, nämlich -\begin{equation*} - \dim(M) + \dim(N) < \dim(A) \Longrightarrow \chi(M, N) = 0, -\end{equation*} -wurde für den Fall beliebiger regulärer Ringe 1985 von Paul C. Roberts gezeigt (siehe {}\cite{roberts1998multiplicities}). -Die Frage, ob die umgekehrte Implikation ebenfalls gilt, ist bis heute ein offenes Problem. \ No newline at end of file diff --git a/chapters/einleitung.tex b/chapters/einleitung.tex new file mode 100644 index 0000000..fc05bc4 --- /dev/null +++ b/chapters/einleitung.tex @@ -0,0 +1,68 @@ +% -*- root: ../Ausarbeitung.tex -*- + +\chapter{Einleitung} +\label{cha:einleitung} + +Die Schnitmultiplizitäten aus der algebraischen Geometrie im Sinne von Pierre Samuel stimmen mit einer \enquote{Euler-Poincaré-Charakteristik} von bestimmten $\Tor$-Funktoren überein. +Die moderne Schnitttheorie verwendet diese \enquote{$\Tor$-Formel} deswegen für die Definition des Schnittprodukts (siehe zum Besipiel {}\cite{fulton1998intersection}). + +Diese Arbeit folgt in vielen Punkten den Ausführungen von Jean-Pierre Serre in {}\cite{serre2000local}, allerdings werden etliche Resultate weggelassen, die bereits aus der kommutativen Algebra bekannt sein sollten. +Stattdessen werden die für die $\Tor$-Formel wichtigen Resultate in größerem Detail behandelt. + +\cref{cha:hilbert-samuel-polynome} gibt einen Überblick über Samuel’s Begriff der Multiplizität eines Ideals $\mfq$ bezüglich eines endlich erzeugten Moduls $M$, das eine bestimmte Endlichkeitsbedingung erfüllt, nämlich $\length_A(M / \mfq M) < \infty$. +Dazu werden das \emph{Hilbert-Polynom} und das \emph{Samuel-Polynom} betrachtet. +Dies führt schließlich zum Hauptresultat der Dimensionstheorie von endlich erzeugten Moduln über lokalen noetherschen Ringen, nämlich, dass der Grad des Samuel-Polynoms bezüglich eines solchen Modul gerade der Dimension des Moduls entspricht. + +Darauf folgend führt \cref{cha:der-koszul-komplex} den \emph{Koszul-Komplex} ein. +Ein wesentliches Resultat ist dabei, dass man die Funktoren $\Tor^A_i(A / \bmx, M)$ für einen $A$-Modul $M$ im Fall, dass $\bmx$ eine $M$-reguläre Folge ist, mit Hilfe eines bestimmten Koszul-Komplexes berechnen kann. +Für das Hauptergebnis dieses Kapitels betrachten wir die Samuel-Multiplizität $e_\mfq(M, r)$ des Ideals $\mfq$ des noetherschen lokalen Rings $A$ bezüglich des endlich erzeugten $A$-Moduls $M$. Dabei muss $\mfq$ im Maximalideal von $A$ enthalten sein und die Endlichkeitsbedingung $\length_A(M / \mfq M) < \infty$ erfüllen. +In diesem Fall gilt dann +\begin{equation*} + \tag{$\ast$}\label{eq:einleitung-samuel-koszul} + e_\mfq(M, r) = \sum_{i = 0}^r \length_A(H_i(\bmx, M)), +\end{equation*} +wobei die $H_i(\bmx, M)$ die Homologiemoduln des zu $M$ und $\bmx$ gehörigen Koszul-Komplexes sind. + +In \cref{cha:multiplizitaeten} soll nun die $\Tor$-Formel untersucht werden. +Dazu werden zunächst die \emph{Gruppe der Zykel} eines Rings und die Multiplizität eines Moduls eingeführt. + +Die \emph{Reduktion auf die Diagonale} stellt für fast alle folgenden Ergebnisse ein sehr wichtiges Prinzip dar, deswegen wird sie beispielhaft im Fall affiner irreduzibler Varietäten erläutert. +Mit ihrer Hilfe wird in diesem Fall die \enquote{Dimensionsformel} der algebraischen Geometrie gezeigt: Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten eines affinen Raums und ist $T$ eine irreduzible Komponente von $V \cap W$, so gilt +\begin{equation*} + \codim(T) \le \codim(V) + \codim(W). +\end{equation*} + +Da die Reduktion auf die Diagonale im Folgenden auch im allgemeineren Fall von formalen Potenzreihenringen über einem Körper benötigt wird, wird nun der dafür notwendige Begriff des \emph{vervollständigten Tensorprodukts} $\widehat{\otimes}$ eingeführt und die Formel für die Reduktion auf die Diagonale in diesem Fall gezeigt: +\begin{equation*} + \tag{$\ast\ast$}\label{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen} + \Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A), +\end{equation*} +wobei $k$ ein Körper, $A$ ein formaler Potenzreihenring über $k$ und $C = A \widehat{\otimes}_k A$ ist und $M$ und $N$ endlich erzeugte $A$-Moduln sind. + +Mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen} kann man für einen formalen Potenzreihenring $A$ der Dimension $n$ über einem Körper $k$ und zwei endlich erzeugte $A$-Moduln $M$ und $N$ mit $\length_A(M \otimes_k N) < \infty$ Folgendes zeigen: +\begin{enumerate}[label = (\alph*)] + \item $\dim(M) + \dim(N) \le n$ (\enquote{Dimensionsformel}). + \item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) \ge 0$. + \item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) = 0$ genau dann, wenn $\dim(M) + \dim(N) < n$. +\end{enumerate} +Unter Verwendung von \emph{Cohens Struktursatz} für vollständige reguläre lokale Ringe gleicher Charakteristik kann man dieses Theorem nun auch auf den Fall verallgemeinern, dass $A$ ein regulärer Ring gleicher Charakteristik ist. +Dies führt zu der Vermutung, dass die Aussage sogar für beliebige regulärer Ringe gültig ist. +\cref{sec:Ausblick} gibt einen kurzen Überblick darüber, welche Resultate in diesem Zusammenhang bereits bewiesen wurden. + +Praktischerweise genügt aber der Fall regulärer Ringe gleicher Charakteristik für die Anwendung in der algebraischen Geometrie, denn is $X$ eine nicht singuläre algebraische Varietät über einem Körper $k$ und ist $W$ eine irreduzible Untervarietät von $X$, so ist der lokale Ring von $X$ bei $W$ regulär von gleicher Charakteristik. + +Seien $U$ und $V$ irreduzible Untervarietäten von $X$ und $W$ eine irreduzible Komponente von $U \cap V$, in der sich $U$ und $V$ eigentlich schneiden, das heißt +\begin{equation*} + \dim(U) + \dim(V) = \dim(X) + \dim(W). +\end{equation*} +Seien außerdem $A$, $A_U$ und $A_V$ die lokalen Ringe von $X$, $U$ und $V$ bei $W$. +Bezeichnet $i(X, U \cdot V, W)$ die Schnittmultiplizität im Sinne von Samuel, dann gilt +\begin{equation*} + \tag{$\ast\ast\ast$}\label{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet} + i(X, U \cdot V, W) = \chi^A(A_V, A_W). +\end{equation*} +Diese Formel wird mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-samuel-koszul} und der Reduktion auf die Diagonale bewiesen. +Wie bereits erwähnt, wird \cref{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet} in der modernen Schnittheorie sogar als Definition der Schnittmultiplizität verwendet. + +Die Eigenschaften dieser Schnittmultiplizität folgen nun auf natürliche Weise aus den Eigenschaften der $\Tor$-Funktoren. +So folgt zum Beispiel die Kommutativität direkt aus der Symmetrie der $\Tor$-Funktoren und die Assoziativität aus der Assoziativitätsformel für $\Tor$-Funktoren, die durch zwei Spektralsequenzen gegeben ist.