Korrekturen bis Koszul-Komplex

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\chapter{Einleitung}
\label{cha:einleitung}
\chapter{Hilbert-Samuel-Polynome}
\label{cha:hilbert-samuel-polynome}
Die Schnitmultiplizitäten aus der algebraischen Geometrie im Sinne von Samuel stimmen mit einer \enquote{Euler-Poincaré-Charakteristik} von bestimmten $\Tor$-Funktoren überein.
Die moderne Schnitttheorie verwendet diese \enquote{$\Tor$-Formel} deswegen für die Definition des Schnittprodukts (siehe zum Besipiel {}\cite{fulton1998intersection}).
In diesem Kapitel wollen Samuels Begriff der Multiplizität eines Ideals bezüglich eines Moduls einführen.
Insbesondere werden wir das Hauptresultat der Dimensionstheorie endlich erzeugter Moduln über noetherschen lokalen Ringen beweisen.
Diese Arbeit folgt in vielen Punkten den Ausführungen von Jean-Pierre Serre in {}\cite{serre2000local}, allerdings werden etliche Resultate weggelassen, die bereits aus der kommutativen Algebra bekannt sein sollten.
Stattdessen werden die für die $\Tor$-Formel wichtigen Resultate in größerem Detail behandelt.
\section{Ganzzahlige Polynome}
\label{sec:ganzzahlige-polynome}
\cref{cha:hilbert-samuel-polynome} gibt einen Überblick über Pierre Samuels Begriff der Multiplizität eines Ideals, das eine bestimmte Endlichkeitsbedingung erfüllt bezüglich eines endlich erzeugten Moduls, das eine bestimmte Endlichkeitsbedingung erfüllt, nämlich $\length_A(M / \mfq M) < \infty$.
Dazu werden das \emph{Hilbert-Polynom} und das \emph{Samuel-Polynom} betrachtet.
Als Ergebnis erhalten wir das Hauptresultat der Dimensionstheorie von endlich erzeugten Moduln über lokalen noetherschen Ringen, nämlich, dass der Grad des Samuel-Polynoms bezüglich eines solchen Modul gerade der Dimension des Moduls entspricht.
\begin{defn}[Binomialpolynom]
\label{defn:binomialpolynom}
Für $k \in \N$ definieren wir das \textbf{$\bm{k}$-te Binomialpolynom} durch
\begin{equation*}
Q_k(X) = \binom{X}{k} = \frac{1}{k!} \prod_{i = 1}^k (X - k + i) \in \Q[X].
\end{equation*}
Offensichtlich bilden die Binomialpolynome eine $\Q$-Basis von $\Q[X]$.
\end{defn}
Darauf folgend führt \cref{cha:der-koszul-komplex} den \emph{Koszul-Komplex} ein.
Ein wesentliches Resultat ist dabei, dass man die Funktoren $\Tor^A_i(A / \bmx, M)$ für einen $A$-Modul $M$ im Fall, dass $\bmx$ eine $M$-reguläre Folge ist, mit Hilfe eines bestimmten Koszul-Komplexes berechnen kann.
Für das Hauptergebnis dieses Kapitels betrachten wir die Samuel-Multiplizität $e_\mfq(M, r)$ des Ideals $\mfq$ des noetherschen lokalen Rings $A$ bezüglich des endlich erzeugten $A$-Moduls $M$. Dabei muss $\mfq$ im Maximalideal von $A$ enthalten sein und die Endlichkeitsbedingung $\length_A(M / \mfq M) < \infty$ erfüllen.
In diesem Fall gilt dann
\begin{defn}[Differenzenoperator]
\label{defn:differenzenoperator}
Sei $Z$ eine abelsche Gruppe und $A \subset \Q$ mit der Eigenschaft
\begin{equation*}
n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A.
\end{equation*}
Dann definieren wir den \textbf{Differenzenoperator} $\Delta$ durch:
\begin{align*}
\Delta\colon \map(A,Z) &\to \map(A,Z)\\
f &\mapsto (\Delta f \colon A \to Z,\, n \mapsto f(n+1) - f(n))
\end{align*}
Offensichtlich ist $\Delta$ ein Homomorphismus abelscher Gruppen.
\end{defn}
\begin{lem}
\label{lem:berechnung-r-facher-differenzenoperator}
Sei $Z$ eine abelsche Gruppe, $A\subset \Q$ mit der Eigenschaft
\begin{equation*}
n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A
\end{equation*}
und $f\colon A \to Z$ eine Abbildung.
Sind $n \in \Q$ und $r\in \N$ mit $n - r \in A$, so gilt
\begin{equation*}
\Delta^r f(n - r) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p).
\end{equation*}
\begin{proof}
Wir beweisen die Behauptung durch Induktion über $r$. Ist $r = 0$, so gilt
\begin{equation*}
\Delta^r f(n - r) = f(n) = {(-1)}^0 \binom{0}{0} f(n - 0) = \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p).
\end{equation*}
Sei also nun $r > 0$ und die Behauptung für $r - 1$ bewiesen, dann gilt:
\begin{align*}
\Delta^r f(n - r) &= \Delta^{r-1} \Delta f(n - r)\\
&= \Delta^{r-1} \Delta f((n - 1) - (r - 1))\\
&= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} \Delta f((n - 1) - p)\\
&= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} \Big(f\big((n - 1) - p + 1\big) - f((n - 1) - p\big)\Big)\\
&= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p) - \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p - 1)\\
&= \sum_{p = 0}^{r - 1} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p} f(n - p) + \sum_{p = 1}^{r} {(-1)}^p \binom{r - 1}{p - 1} f(n - p)\\
&= \sum_{p = 0}^{r} {(-1)}^p \left(\binom{r - 1}{p} + \binom{r - 1}{p - 1}\right) f(n - p)\\
&= \sum_{p = 0}^r {(-1)}^p \binom{r}{p} f(n - p)
\end{align*}
\end{proof}
\end{lem}
\begin{lem}
\label{lem:differenzenoperator-binomialpolynom}
Für $k \in \N$ mit $k > 0$ gilt
\begin{equation*}
\Delta Q_k = Q_{k - 1}.
\end{equation*}
\begin{proof}
Es gilt
\begin{equation*}
\Delta Q_k(n) = Q_k(n + 1) - Q_k(n) = \binom{n + 1}{k} - \binom{n}{k} = \binom{n}{k - 1} = Q_{k - 1}(n).
\end{equation*}
\end{proof}
\end{lem}
\begin{deflem}[Ganzzahliges Polynom]
\label{deflem:ganzzahliges-polynom}
Ein Polynom $f \in \Q[X]$ heißt \textbf{ganzzahlig}, wenn die folgenden äquivalenten Bedingungen gelten:
\begin{enumerate}[label = (\alph*)]
\item $f$ ist eine $\Z$-Linearkombination von Binomialpolynomen $Q_k$.
\item Für alle $z \in \Z$ gilt $f(z) \in \Z$.
\item Es gibt ein $z_0 \in \Z$ mit der Eigenschaft, dass $f(z) \in \Z$ für alle $z \ge z_0$.
\item $\Delta f$ besitzt die Eigenschaft aus (a) und es gibt mindestens ein $z \in \Z$ mit $f(z) \in \Z$.
\end{enumerate}
Ist $f$ solch ein Polynom, dann bezeichnen wir mit $e_k(f)$ den Koeffizienten von $Q_k$ in der Darstellung $f = \sum_{n \in \N} e_k Q_k$.
\begin{proof}[Beweis der Äquivalenz]
Die Implikationen (a) $\Rightarrow$ (b) $\Rightarrow$ (c) und (a) $\Rightarrow$ (d) sind klar.
Sei also umgekehrt (d) wahr. Da die Binomialpolynome $Q_k$ eine Basis von $\Q[X]$ bilden, gibt es eine eindeutige Darstellung $f = \sum_{k \in \N} e_k Q_k$ mit ${(e_k)}_{k \in \N} \in \Q^{(\N)}$.
Es gilt also $\Delta f = \sum_{k > 0} e_k Q_{k - 1}$ und weil auch die Darstellung von $\Delta f$ eindeutig ist und $\Delta f$ (a) erfüllt, folgt $e_k \in \Z$ für $k > 0$.
Da es mindestens ein $z \in \Z$ mit $f(z) \in \Z$ gibt, folgt auch $e_0 \in \Z$.
Also sind (a) und (d) äquivalent.
Um die Implikation (c) $\Rightarrow$ (a) zu zeigen, nutzen wir Induktion über den Grad von $f$.
Ist $f$ vom Grad $0$, so ist $f$ konstant und wegen (c) gilt dann $f \in \Z$ und damit (a).
Sei also nun $f$ vom Grad $d > 0$ und die Behauptung wahr für Polynome vom Grad $< d$.
Offensichtlich gilt $\deg \Delta f < \deg f$ und auch $\Delta f$ erfüllt (c).
Also erfüllt $\Delta f$ (a) und damit erfüllt $f$ (d).
\end{proof}
\end{deflem}
Ist $f \in \Q[X]$ ein ganzzahliges Polynom, dann gilt für $k > 0$ offensichtlich $e_k(f) = e_{k - 1}(\Delta f)$.
Insbesondere ist $e_k(f)$ für $\deg(f) \le k$ das konstante Polynom $\Delta^k f$ und es gilt
\begin{equation*}
\tag{$\ast$}\label{eq:einleitung-samuel-koszul}
e_\mfq(M, r) = \sum_{i = 0}^r \length_A(H_i(\bmx, M)),
f(X) = e_k(f) \frac{X^k}{k!} + g(x),
\end{equation*}
wobei die $H_i(\bmx, M)$ die Homologiemoduln des zu $M$ und $\bmx$ gehörigem Koszul-Komplexes sind.
In \cref{cha:multiplizitaeten} soll nun die $\Tor$-Formel untersucht werden.
Dazu werden zunächst die \emph{Gruppe der Zykel} eines Rings und die Multiplizität eines Moduls eingeführt.
Die \emph{Reduktion auf die Diagonale} stellt für fast alle folgenden Ergebnisse ein sehr wichtiges Prinzip dar, deswegen wird sie beispielhaft im Fall affiner irreduzibler Varietäten erläutert.
Mit ihrer Hilfe wird in diesem Fall die \enquote{Dimensionsformel} der algebraischen Geometrie gezeigt: Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten eines affinen Raums und ist $T$ eine irreduzible Komponente von $V \cap W$, so gilt
wobei $g(x) \in \Q[X]$ mit $\deg(g) < k$.
Ist $\deg(f) = k$, so gilt
\begin{equation*}
\codim(T) \le \codim(V) + \codim(W).
f(n) \sim e_k(f) \frac{n^k}{k!} \qquad \text{für } n \to \infty.
\end{equation*}
Es folgt, dass $e_k(f)$ genau dann $> 0$ ist, wenn es ein $z_0 \in \Z$ gibt, sodass $f(z) > 0$ für alle $z \ge z_0$ gilt.
\section{Polynomartige Funktionen}
\label{sec:polynomartige-funktionen}
Im Folgenden sei $A \subset \Z$ mit der Eigenschaft
\begin{equation*}
n \in A \Longrightarrow n + 1 \in A.
\end{equation*}
Da die Reduktion auf die Diagonale im Folgenden auch im allgemeineren Fall von formalen Potenzreihenringen über einem Körper benötigt wird, wird nun der dafür notwendige Begriff des \emph{vervollständigten Tensorprodukts} $\widehat{\otimes}$ eingeführt und die Formel für die Reduktion auf die Diagonale in diesem Fall gezeigt:
\begin{equation*}
\tag{$\ast\ast$}\label{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen}
\Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A),
\end{equation*}
wobei $k$ ein Körper, $A$ ein formaler Potenzreihenring über $k$ und $C = A \widehat{\otimes}_k A$ ist und $M$ und $N$ endlich erzeugte $A$-Moduln sind.
\begin{defn}[Polynomartige Funktion]
\label{defn:polynomartige-funktionen}
Eine Funktion $f\colon A \to \Z$ heißt \textbf{polynomartig}, wenn es ein Polynom $P_f \in \Q[X]$ gibt, das folgende Eigenschaft erfüllt:
Es gibt ein $m \in \Z$ mit der Eigenschaft $f(n) = P_f(n)$ für alle $n \ge m$.
Gibt es solch ein Polynom, so ist es offensichtlich eindeutig durch $f$ bestimmt und ganzzahlig.
Wenn $k$ der Grad von $P_f$ ist, so sagen wir auch, dass $f$ Grad $k$ hat und schreiben $e_k(f)$ anstatt von $e_k(P_f)$.
\end{defn}
Mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen} kann man für einen formalen Potenzreihenring $A$ der Dimension $n$ über einem Körper $k$ und zwei endlich erzeugte $A$-Moduln $M$ und $N$ mit $\length_A(M \otimes_k N) < \infty$ Folgendes zeigen:
\begin{lem}
\label{lem:kritreium-fuer-polynomartig}
Sei $f\colon A \to \Z$ eine Abbildung, dann sind folgende Aussagen äquivalent:
\begin{enumerate}[label = (\alph*)]
\item $f$ ist polynomartig vom Grad $\le r$.
\item $\Delta f$ ist polynomartig vom Grad $\le r - 1$.
\item Für alle $s \ge r + 1$ gibt es ein $m \in \Z$, sodass für alle $n \ge m$ gilt: $\Delta^s f(n) = 0$.
\end{enumerate}
\begin{proof}
Die Implikationen (a) $\Rightarrow$ (b) $\Rightarrow$ (c) sind klar.
Sei also nun (b) wahr.
Sei $R = \sum_{k \in \N} e_k(P_{\Delta f}) Q_{k+1}$, dann ist $R$ vom Grad $\le r$ und es gilt $\Delta R = P_{\Delta f}$.
Betrachte die Abbildung $g \colon A \to \Z,\, z \mapsto f(z) - R(z)$.
Für $z$ groß genug gilt dann:
\begin{equation*}
\Delta g(z) = \Delta f(z) -\Delta R(z) = \Delta f(z) - P_{\Delta f}(z) = 0
\end{equation*}
Das bedeutet, für $z$ groß genug ist $g(z) = e_0 \in \Z$ und es folgt $f(z) = R(n) + e_0$ für $z$ groß genug.
Also ist $f$ polynomartig vom Grad $\le r$.
Die Implikation (c) $\Rightarrow$ (a) folgt durch Induktion über $r$ und Verwendung der Implikation (b) $\Rightarrow$ (a).
\end{proof}
\end{lem}
\section{Das Hilbert-Polynom}
\label{sec:das-hilbert-polynom}
Im Folgenden sei nun $H=\bigoplus_{n \in \N} H_n$ ein graduierter Ring mit folgenden Eigenschaften:
\begin{enumerate}[label = (\alph*)]
\item $\dim(M) + \dim(N) \le n$ (\enquote{Dimensionsformel}).
\item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) \ge 0$.
\item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) = 0$ genau dann, wenn $\dim(M) + \dim(N) < n$.
\item $H_0$ ist artinsch.
\item $H$ wird von $H_0$ und einer endlichen Anzahl an Elementen $x_1,\ldots,x_r \in H_1$ erzeugt.
\end{enumerate}
Unter Verwendung von \emph{Cohens Struktursatz} für vollständige reguläre lokale Ringe gleicher Charakteristik kann man dieses Theorem nun auch auf den Fall verallgemeinern, dass $A$ ein regulärer Ring gleicher Charakteristik ist.
Dies führt zu der Vermutung, dass die Aussage sogar für beliebige regulärer Ringe gültig ist.
\cref{sec:Ausblick} gibt einen kurzen Überblick darüber, welche Resultate in diesem Zusammenhang bereits beweisen wurden.
Es gilt dann $H \cong H_0[X_1,\ldots,X_r]/I$, wobei $I \subset H_0[X_1,\ldots,X_r]$ ein homogenes Ideal ist.
Da $H_0[X_1,\ldots,X_r]$ nach dem Hilbertschen Basissatz noethersch ist, ist es also auch $H$.
Praktischerweise genügt aber der Fall regulärer Ringe gleicher Charakteristik für die Anwendung in der algebraischen geometrie, denn is $X$ eine nicht singuläre algebraische Varietät über einem Körper $k$ und ist $W$ eine irreduzible Untervarietät von $X$, so ist der lokale Ring von $X$ bei $W$ regulär von gleicher Charakteristik.
Seien $U$ und $V$ irreduzible Untervarietäten von $X$ und $W$ eine irreduzible Komponente von $U \cap V$, in der sich $U$ ind $V$ eigentlich schneiden, das heißt
Sei $M = \bigoplus_{n \in \N} M_n$ ein endlich erzeugter graduierter $H$-Modul.
$M$ ist noethersch, also ist für alle $n \in \N$ der $H$-Untermodul $M_{\ge n} \coloneqq \bigoplus_{i \ge n} M_n$ endlich erzeugt.
Nun gilt aber $M_n \cong M_{\ge n}/M_{\ge n+1}$, also ist auch $M_n$ ein endlich erzeugter $H$-Modul und damit auch ein endlich erzeugter $H/\Ann(M_n)$- Modul.
Es gilt $\bigoplus_{n \ge 1} H_n \subset \Ann(M_{\ge n}/M_{\ge_{n+1}})$, also haben wir folgende Surjektion:
\begin{equation*}
\dim(U) + \dim(V) = \dim(X) + \dim(W).
H_0 \cong H/\left(\bigoplus_{n\ge 1}H_n\right) \twoheadrightarrow H/\Ann(M_{\ge n}/M_{\ge n+1}) \cong H/\Ann(M_n).
\end{equation*}
Seien außerdem $A$, $A_U$ und $A_V$ die lokalen Ringe von $X$, $U$ und $V$ bei $W$.
Bezeichnet $i(X, U \cdot V, W)$ die Schnittmultiplizität im Sinne von Samuel, dann gilt
\begin{equation*}
\tag{$\ast\ast\ast$}\label{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet}
i(X, U \cdot V, W) = \chi^A(A_V, A_W).
\end{equation*}
Diese Formel wird mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-samuel-koszul} und der Reduktion auf die Diagonale bewiesen.
Wie bereits erwähnt, wird \cref{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet} in der modernen Schnittheorie sogar als Definition der Schnittmultiplizität verwendet.
Folglich ist $M_n$ ein endlich erzeugter $H_0$-Modul und somit artinsch und noethersch.
Folglich ist er von endlicher Länge und wir können folgende Abbildung definieren:
\begin{align*}
\chi(M,\bullet) \colon \N &\to \N \\
n &\mapsto \chi(M,n) \coloneqq \length_{H_0}(M_n)
\end{align*}
Dabei ist $\length_{H_0}(M_n)$ die Länge von $M_n$ als $H_0$-Modul.
Die Eigenschaften dieser Schnittmultiplizität folgen nun auf natürliche Weise aus den Eigenschaften der $\Tor$-Funktoren.
So folgt zum Beispiel die Kommutativität direkt aus der Symmetrie der $\Tor$-Funktoren und die Assoziativität aus der Assoziativitätsformel für $\Tor$-Funktoren, die durch zwei Spektralsequenzen gegeben ist.
\begin{thm}[Hilbert]
\label{thm:hilbert-polynomial}
Die Abbildung $\chi(M,\bullet)$ ist polynomartig vom Grad $\le r-1$.
\begin{proof}
Da jeder endlich erzeugte graduierte $H$-Modul auch ein endlich erzeugter graduierter $H_0[X_1,\ldots,X_r]$-Modul ist, dürfen wir $H = H_0[X_1,\ldots,X_r]$ annehmen.
Wir beweisen die Behauptung nun durch Induktion über $r$.
Im Fall $r = 0$ ist $M$ ein endlich erzeugter $H_0$-Modul und damit von endlicher Länge.
Es gilt $M_n = 0$ für große $n$ und damit ist $\chi(M,\bullet)$ polynomartig vom Grad $-\infty < -1$.
Wir nehmen nun $r > 0$ an und, dass die Behauptung für $r - 1$ bereits gezeigt wurde.
Seien $N$ und $R$ der Kern und der Kokern des Endomorphismus $\Phi\colon M \to M,\, m \mapsto X_r \cdot m$.
Das sind graduierte Moduln und wir erhalten die folgenden exakten Sequenzen:
\begin{equation*}
0 \to N_n \to M_n \overset{\Phi}{\to}M_{n+1} \to R_{n+1} \to 0
\end{equation*}
Es folgt
\begin{equation*}
\Delta\chi(M,n) = \chi(M,n+1) - \chi(M,n) = \chi(R,n+1) -\chi(N,n).
\end{equation*}
Wegen $X_r R = X_r N = 0$ können wir $R$ und $N$ als graduierte $H_0[X_1,\ldots,X_{r-1}]$-Moduln betrachten.
Nach der Induktionsvoraussetzung sind dann $\chi(R,\bullet)$ und $\chi(N,\bullet)$ polynomartige Funktionen vom Grad $\le r-2$, also auch $\Delta\chi(M,\bullet)$.
Nach \cref{lem:kritreium-fuer-polynomartig} ist dann $\chi(M,\bullet)$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$.
\end{proof}
\end{thm}
\begin{nota}
\label{nota:hilbert-polynomial}
Das Polynom $P_{\chi(M,\bullet)}$ heißt \textbf{Hilbert-Polynom} und wird auch mit $Q(M)$ bezeichnet.
Seinen Wert bei einer ganzen Zahl $n$ schreiben wir auch als $Q(M,n)$.
Offensichtlich gilt $Q(M) = 0$ genau dann, wenn $\length_{H_0}(M) < \infty$.
\end{nota}
\section{Das Samuel-Polynom}
\label{sec:das-samuel-polynom}
Im Folgenden sei $A$ ein noetherscher kommutativer Ring und $M$ ein endlich erzeugter $A$-Modul.
\begin{lem}
\label{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge}
Es gilt $\length_A(M) < \infty$ genau dann, wenn alle Elemente in $\Supp(M)$ maximale Ideale sind.
\begin{proof}
{}\cite[Corollary~2.17]{eisenbud2004commutative}.
\end{proof}
\end{lem}
Sei nun $\mfq$ ein Ideal von $A$.
Da $A$ noethersch ist, wird $\mfq$ von $r$ Elementen $x_1,\ldots,x_r$ erzeugt.
Wir nehmen zusätzlich Folgendes an:
\begin{equation}
\label{eq:laenge-kleiner-unendlich}
\length_{A}(M/\mfq M) < \infty.
\end{equation}
Wegen $\Supp(M) \cap V(\mfq) = \Supp(M/\mfq M)$ ist das nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} äquivalent zu:
\begin{equation}
\label{eq:elemente-in-supp}
\text{Alle Elemente in }\Supp(M) \cap V(\mfq)\text{ sind maximale Ideale.}
\end{equation}
Sei weiter $(M_i)$ eine $\mfq$-stabile Filtrierung auf $M$, das heißt
\begin{align*}
&M = M_0 \supset M_1 \supset \ldots,\\
&M_i \supset \mfq M_{i-1},\\
&M_i = \mfq M_{i-1} \text{ für große i.}
\end{align*}
Wegen $V(\mfq) = V(\mfq^n)$ für alle $n > 0$ sind die $A$-Moduln $M/\mfq^n M$ von endlicher Länge und wegen $M_n \supset \mfq^n M$ auch die $A$-Moduln $M/M_n$.
Demnach ist die Abbildung
\begin{align*}
f_M \colon \N &\to \N \\
n &\mapsto \length_{A}(M/M_n)
\end{align*}
wohldefiniert.
\begin{thm}[Samuel]
\label{thm:samuel-polynom}
Die Abbildung $f_M$ ist polynomartig vom Grad $\le r$.
\begin{proof}
Wir können $\Ann(M) = 0$ annehmen:
Sei $A' = A/\Ann(M)$ und $\mfq'$ das Bild von $\mfq$ in $A'$.
Dann ist $(M_i)$ auch eine $\mfq'$-stabile Filtrierung auf $M$ als $A'$-Modul und es gilt offensichtlich $\length_A(M/M_n) = \length_{A'}(M/M_n)$ und $\Ann_{A'}(M) = 0$.
Nach \cref{eq:elemente-in-supp} sind dann alle Elemente in $V(\mfq)$ maximale Ideale, also ist $A/\mfq$ artinsch.
Der zu $\mfq$ assozierte graduierte Ring
\begin{equation*}
H = \gr(A) = \bigoplus_{n\in \N} \mfq^n/\mfq^{n+1}
\end{equation*}
wird von $H_0 = A/\mfq$ und den Elementen $x_1,\ldots,x_r$ erzeugt.
Weiter ist
\begin{equation*}
\gr(M) = \bigoplus_{n\in \N} M_n/M_{n+1}
\end{equation*}
ein graduierte $H$-Modul.
Nach Voraussetzung gibt es ein $n_0\in \N$ mit $M_{n+1} = \mfq M_n$ für alle $n \ge n_0$, also wird $\gr(M)$ von
\begin{equation*}
M_0/M_1 \oplus \cdots \oplus M_{n_0}/M_{n_0+1}
\end{equation*}
erzeugt.
Für alle $i\in \N$ ist wegen der Injektion $M_i/M_{i+1} \hookrightarrow M/M_{i+1}$, und weil $M/M_{i+1}$ noethersch is, auch $M_i/M_{i+1}$ noethersch.
Insbesondere ist also $M_i/M_{i+1}$ ein endlich erzeugter $A$-Modul und wegen $\mfq \subset \Ann(M_i/M_{i+1})$ auch ein endlich erzeugter $A/\mfq$-Modul.
Also ist $\gr(M)$ ebenfalls ein endlich erzeugter $A/\mfq$-Modul und damit insbesondere ein endlich erzeugter $\gr(A)$-Modul.
Nach \cref{thm:hilbert-polynomial} ist dann die Abbildung $\chi(\gr(M),\bullet)$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$.
Es gilt
\begin{align*}
\Delta f_M(n) &= \length_A(M/M_{n+1}) - \length_A(M/M_n) \\
&= \length_A(M_n/M_{n+1}) \\
&= \length_{A / \mfq}(M_n/M_{n+1}) \\
&= \chi(\gr(M), n),
\end{align*}
also ist $\Delta f_M$ polynomartig vom Grad $\le r - 1$ und nach \cref{lem:kritreium-fuer-polynomartig} ist $f_M$ dann polynomartig vom Grad $\le r$.
\end{proof}
\end{thm}
\begin{bem}
\label{bem:samuel-polynom}
Das Polynom $P_{f_M}$ heißt \textbf{Samuel-Polynom} und wird im Folgenden auch mit $P((M_i))$ bezeichnet.
Seinen Wert bei einer ganzen Zahl $n$ schreiben wir auch als $P((M_i),n)$.
Der Beweis von \cref{thm:samuel-polynom} zeigt
\begin{equation}
\label{eq:zusammenhang-hilbert-samuel}
\Delta P((M_i)) = Q(\gr(M)),
\end{equation}
wobei $\gr(M)$ der zur Filtrierung $(M_i)$ assozierte graduierte Modul ist.
Ist $(M_i)$ die $\mfq$-adische Filtrierung auf $M$, so schreiben wir auch $P_\mfq(M)$ anstatt von $P((\mfq^i M))$.
Das nächste Lemma liefert einen Zusammenhang zwischen dem allgemeinen und dem $\mfq$-adischen Fall:
\end{bem}
\begin{lem}
\label{lem:samuel-polynom-allgemein-und-q-adisch}
Es gilt \begin{equation*}
P_\mfq(M) = P((M_i)) + R,
\end{equation*}
wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(M)) - 1$ mit führendem Koeffizienten $\ge 0$ ist.
\begin{proof}
Sei $m \ge 0$, sodass $M_{n+1} = \mfq M_n$ für alle $n \ge m$.
Für alle $n \ge 0$ gilt dann
\begin{equation*}
\mfq^{n+m} M \subset M_{n+m} = \mfq^n M_m \subset \mfq^n M \subset M_n,
\end{equation*}
also gilt für große $n$:
\begin{equation*}
P_\mfq(M, n+m) \ge P((M_i), n+m) \ge P_\mfq(M, n) \ge P((M_i), n)
\end{equation*}
Demnach müssen $P_\mfq(M)$ und $P((M_i))$ den gleichen führende Term haben.
Außerdem folgt für große $n$ auch $P_\mfq(M, n) - P((M_i), n) \ge 0$, das bedeutet der führende Koeffizient von $P_\mfq(M) - P((M_i))$ muss $\ge 0$ sein.
\end{proof}
\end{lem}
\begin{prop}
\label{prop:samuel-polynom-additivitaet}
Ist
\begin{equation*}
0 \to N \to M \to P \to 0
\end{equation*}
eine kurze exakte Sequenz von $A$-Moduln mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, $\length_A(N / \mfq N) < \infty$ und $\length_A(P / \mfq P) < \infty$, dann gilt
\begin{equation*}
P_\mfq(M) = P_\mfq(N) + P_\mfq(P) - R,
\end{equation*}
wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(N)) - 1$ ist, dessen führender Koeffizient $\ge 0$ ist.
\begin{proof}
Sei $N_i = \mfq^i M \cap N$.
Nach dem Lemma von Artin-Rees (siehe {}\cite[Lemma~5.1]{eisenbud2004commutative}) ist $(N_i)$ eine $\mfq$-stabile Filtrierung auf $N$ und wir haben für alle $n \ge 0$ eine kurze exakte Sequenz
\begin{equation*}
0 \to N / N_n \to M / \mfq^n M \to P / \mfq^n P \to 0.
\end{equation*}
Demnach gilt für alle $n \ge 0$
\begin{equation*}
\length_A(M / \mfq^n M) = \length_A(N / N_n) + \length_A(P / \mfq^n P),
\end{equation*}
also
\begin{equation*}
P_\mfq(M) = P_\mfq((N_i)) + P_\mfq(P).
\end{equation*}
Nach \cref{lem:samuel-polynom-allgemein-und-q-adisch} gilt
\begin{equation*}
P((N_i)) = P_\mfq(N) + R,
\end{equation*}
wobei $R \in \Q[X]$ ein Polynom vom Grad $\le \deg(P_\mfq(N)) - 1$ ist, dessen führender Koeffizient $\ge 0$ ist.
Dies zeigt die Behauptung.
\end{proof}
\end{prop}
\begin{nota}
\label{nota:samuel-polynom-koeffizient}
Ist $d$ eine ganze Zahl $\ge \deg(P_\mfq(M))$, dann bezeichnen wir mit $e_\mfq(M, d)$ die ganze Zahl $\Delta^d P_\mfq(M)$.
Es gilt:
\begin{align*}
e_\mfq(M, d) &= 0 \qquad \text{falls } d > \deg(P_\mfq(M)) \\
e_\mfq(M, d) &\ge 1 \qquad \text{falls } d = \deg(P_\mfq(M))
\end{align*}
Ist $d = \deg(P_\mfq(M))$, so gilt außerdem
\begin{equation}
P_\mfq(M, n) \sim e_\mfq(M, d) \frac{n^d}{d!} \qquad \text{für } n \to \infty.
\end{equation}
\end{nota}
\begin{kor}
\label{kor:samuel-polynom-koeffizient-additivitaet}
Ist
\begin{equation*}
0 \to N \to M \to P \to 0
\end{equation*}
eine kurze exakte Sequenz von $A$-Moduln mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, $\length_A(N / \mfq N) < \infty$ und $\length_A(P / \mfq P) < \infty$, dann gilt für $d \ge \deg(P_\mfq(M))$:
\begin{equation*}
e_\mfq(M, d) = e_\mfq(N, d) + e_\mfq(P, d)
\end{equation*}
\begin{proof}
Dies folgt unmittelbar aus \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet}.
\end{proof}
\end{kor}
\begin{prop}
\label{prop:samuel-polynom-grad-unabhaengig-von-q}
Sind $\mfq, \mfq'$ Ideale von $A$ mit $\length_A(M/\mfq M) < \infty$ und $\length_A(M/\mfq' M) <~\infty$ und gilt zusätzlich
\begin{equation*}
\Supp(M) \cap V(\mfq) = \Supp(M) \cap V(\mfq'),
\end{equation*}
dann gilt
\begin{equation*}
\deg(P_\mfq(M)) = \deg(P_{\mfq'}(M)).
\end{equation*}
\begin{proof}
Wie im Beweis von \cref{thm:samuel-polynom} können wir $\Ann(M) = 0$ annehmen, also gilt
\begin{equation*}
V(\mfq) = \{\mfm_1,\ldots,\mfm_s\} = V(\mfq'),
\end{equation*}
wobei die $\mfm_i$ maximale Ideal von $A$ sind.
Dann gibt es eine ganze Zahl $m > 0$ mit $\mfq^m \subset \mfq'$ und für alle $n \ge 0$ folgt $\mfq^{nm} \subset {\mfq'}^n$.
Für große $n$ gilt demnach
\begin{equation*}
P_\mfq(M, mn) \ge P_{\mfq'}(M,n)
\end{equation*}
und es folgt $\deg P_\mfq(M) \ge \deg P_{\mfq'}(M)$.
Durch Vertauschen der Rollen von $\mfq$ und $\mfq'$ erhalten wir auch $\deg P_\mfq(M) \le \deg P_{\mfq'}(M)$ und damit $\deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfq'}(M)$.
\end{proof}
\end{prop}
\section{Dimensionstheorie noetherscher lokaler Ringe}
\label{sec:dimensionstheorie-noetherscher-lokaler-ringe}
Im Folgenden sei $A$ ein noetherscher lokaler Ring mit maximalem Ideal $\mfm$.
Sei außerdem $M \neq 0$ ein endlich erzeugter $A$-Modul und $\mfq \subset \mfm$ ein Ideal in $A$ mit $\length_A(M / \mfq M) < \infty$.
Wir bezeichnen mit $d(M)$ den Grad von $P_\mfq(M)$.
Diese Definition ist unabhängig von der Wahl von $\mfq$ mit den obigen Eigenschaften, denn ist $\mfq'$ ein weiteres solches Polynom, dann gilt nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge}
\begin{equation*}
\Supp(M) \cap V(\mfq') = \Supp(M / \mfq' M) = \lbrace \mfm \rbrace = \Supp(M / \mfq M) = \Supp(M) \cap V(\mfq).
\end{equation*}
Nach \cref{prop:samuel-polynom-grad-unabhaengig-von-q} folgt also $\deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfq'}(M)$.
Weiter bezeichnen wir mit $s(M)$ die kleinste natürliche Zahl $n$ mit der Eigenschaft, dass es $x_1, \ldots, x_n \in \mfm$ gibt, sodass $\length_A(M / (x_1, \ldots, x_n) M)$ endlich ist.
Wir wollen nun $\dim(M) = d(M) = s(M)$ zeigen. Dies ist das Hauptresultat der Dimensionstheorie endlich erzeugter Moduln über noetherschen lokalen Ringen.
\begin{lem}
\label{lem:d-kleinergleich-s}
Es gilt $d(M) \le s(M)$.
\begin{proof}
Nach der Definition von $s(M)$ gibt es ein Ideal $\mfa \subset \mfm$ von $A$, das von $s(M)$ Elementen erzeugt wird, mit $\length_A(M / \mfa M) < \infty$.
Demnach gilt
\begin{equation*}
d(M) = \deg P_\mfq(M) = \deg P_{\mfa}(M)
\end{equation*}
und nach \cref{thm:samuel-polynom} folgt $d(M) \le s(M)$.
\end{proof}
\end{lem}
\begin{lem}
\label{lem:dim-kleinergleich-d}
Es gilt $\dim(M) \le d(M)$.
\begin{proof}
Wir zeigen die Behauptung durch Induktion über $d(M)$.
Im Fall $d(M) = 0$ ist $P_\mfq(M)$ konstant.
Es gibt ein $k \in \N$, mit der Eingeschaft, dass $P_\mfq(M, n) = \length_A(M / \mfq^n M)$ für alle $n \ge k $ gilt, also gilt $\length_A(M / \mfq^n M) = \length_A(M / \mfq^{n + 1} M)$ für alle $n \ge k$.
Betrachte nun folgende kurze exakte Sequenz:
\begin{equation*}
0 \to \mfq^n M / \mfq^{n + 1} M \to M / \mfq^{n + 1} M \to M / \mfq^n M \to 0
\end{equation*}
Da die Länge auf kurzen exakten Sequenzen additiv ist, folgt also $\length_A(\mfq^n M / \mfq^{n + 1} M) =~0$ und damit $\mfq^n M / \mfq^{n + 1} M = 0$, also $\mfq^n M \cong \mfq^{n + 1} M$.
Wegen $\mfq \subset \mfm = \Rad(A)$ gilt nach dem Nakayama Lemma $\mfq^n M = 0$ für alle $n \ge k$.
Sei nun $\mfp \in \Supp(M)$, dann gilt $\mfp \supset \Ann_A(M) \supset \mfq^k$.
Da $\mfp$ prim ist, folgt $\mfp \supset \mfq$ und damit $\mfp \in \Supp(M / \mfq M)$.
Nach Voraussetzung ist aber $\length_A(M / \mfq M) < \infty$, mit \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} folgt also, dass $\mfp$ maximal ist.
Demnach sind alle Primideale von $A/\Ann_A(M)$ maximal und folglich gilt
\begin{equation*}
\dim(M) = \dim(A/\Ann_A(M)) = 0.
\end{equation*}
Sei nun also $d(M) = n \ge 1$ und die Behauptung bereits für $n - 1$ gezeigt.
Sei nun $\mfp_0 \in \Supp(M)$ minimal mit $\dim(M) = \dim(A/\mfp_0)$.
Dann gibt es einen Untermodul $N$ von $M$ mit $N \cong A/\mfp_0$ (siehe {}\cite[Chapter~I, Theorem~1]{serre2000local}).
Nach \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet}
gilt dann $d(N) \le d(M)$, wir können also $M = A / \mfp_0$ annehmen.
Angenommen es gilt $\dim(M) > d(M)$.
Dann gibt es eine echt aufsteigende Kette von Primidealen
\begin{equation*}
\mfp_0 \subsetneq \mfp_1 \subsetneq \cdots \subsetneq \mfp_k
\end{equation*}
mit $k > d(M)$.
Sei $x \in \mfp_1 \setminus \mfp_0$, dann gilt
\begin{equation*}
\dim(M / xM) \ge k - 1 > d(M) - 1.
\end{equation*}
Betrachte nun den Homomorphismus
\begin{equation*}
\cdot x \colon M \to M,\, m \mapsto xm.
\end{equation*}
Da $\mfp_0$ prim ist, ist $M = A / \mfp_0$ ein Integritätsring und damit ist $\cdot x$ injektiv.
Somit erhalten wir folgende kurze exakte Sequenz:
\begin{equation*}
0 \to M \overset{\cdot x} \to M \to M / xM \to 0
\end{equation*}
Nach \cref{prop:samuel-polynom-additivitaet} gilt also $d(M / xM) \le d(M) - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung folgt
\begin{equation*}
d(M) - 1 < \dim(M / xM) \le d(M / xM) \le d(M) - 1.
\end{equation*}
Dies ist ein Widerspruch, also muss bereits $\dim(M) \le d(M)$ gelten.
\end{proof}
\end{lem}
\begin{lem}
\label{lem:s-kleinergleich-dim}
Es gilt $s(M) \le \dim(M)$.
\begin{proof}
Wir benutzen Induktion über $ n = \dim(M)$ (nach \cref{lem:dim-kleinergleich-d} wissen wir, dass $\dim(M) < \infty$ gilt).
Im Fall $n = 0$ gilt $\dim(A / \mfp) = 0$ für alle $\mfp \in \Supp(M)$.
Folglich sind alle $\mfp \in \Supp(M)$ maximale Ideale und damit ist $M$ nach \cref{lem:kriterium-fuer-endliche-laenge} von endlicher Länge. Wir erhalten also $s(M) = 0$.
Sei nun $n \ge 1$ und die Behauptung für $n - 1$ bereits gezeigt.
Seien $\mfp_i$ die Primideale in $\Supp(M)$ mit $\dim(A / \mfp_i) = n$. Diese sind minimale Elemente von $\Supp(M)$, folglich sind es nur endlich viele (siehe {}\cite[Chapter~II. 7. Theorem~1]{serre2000local}).
Wegen $n \ge 1$ sind sie nicht maximal und nach dem \emph{Lemma zur Vermeidung von Primidealen} können wir $x \in \mfm$ mit $x \notin \mfp_i$ für alle $i$ wählen (siehe {}\cite[Proposition~1.1.5]{roberts1998multiplicities}).
Dann gilt offenbar $\dim(M / xM) \le \dim(M) - 1$.
Andererseits gilt wegen der Definition von $s(M)$ auch $s(M / xM) \ge s(M) - 1$ und mit der Induktionsvoraussetzung folgt
\begin{equation*}
s(M) - 1 \le s(M / xM) \le \dim(M / xM) \le \dim(M) - 1.
\end{equation*}
Folglich gilt $s(M) \le \dim(M)$.
\end{proof}
\end{lem}
\begin{thm}
\label{thm:dim-gleich-d-gleich-s}
Es gilt $\dim(M) = d(M) = s(M)$.
\begin{proof}
Dies folgt aus {}\cref{lem:d-kleinergleich-s,lem:dim-kleinergleich-d,lem:s-kleinergleich-dim}.
\end{proof}
\end{thm}

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68
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\chapter{Einleitung}
\label{cha:einleitung}
Die Schnitmultiplizitäten aus der algebraischen Geometrie im Sinne von Pierre Samuel stimmen mit einer \enquote{Euler-Poincaré-Charakteristik} von bestimmten $\Tor$-Funktoren überein.
Die moderne Schnitttheorie verwendet diese \enquote{$\Tor$-Formel} deswegen für die Definition des Schnittprodukts (siehe zum Besipiel {}\cite{fulton1998intersection}).
Diese Arbeit folgt in vielen Punkten den Ausführungen von Jean-Pierre Serre in {}\cite{serre2000local}, allerdings werden etliche Resultate weggelassen, die bereits aus der kommutativen Algebra bekannt sein sollten.
Stattdessen werden die für die $\Tor$-Formel wichtigen Resultate in größerem Detail behandelt.
\cref{cha:hilbert-samuel-polynome} gibt einen Überblick über Samuels Begriff der Multiplizität eines Ideals $\mfq$ bezüglich eines endlich erzeugten Moduls $M$, das eine bestimmte Endlichkeitsbedingung erfüllt, nämlich $\length_A(M / \mfq M) < \infty$.
Dazu werden das \emph{Hilbert-Polynom} und das \emph{Samuel-Polynom} betrachtet.
Dies führt schließlich zum Hauptresultat der Dimensionstheorie von endlich erzeugten Moduln über lokalen noetherschen Ringen, nämlich, dass der Grad des Samuel-Polynoms bezüglich eines solchen Modul gerade der Dimension des Moduls entspricht.
Darauf folgend führt \cref{cha:der-koszul-komplex} den \emph{Koszul-Komplex} ein.
Ein wesentliches Resultat ist dabei, dass man die Funktoren $\Tor^A_i(A / \bmx, M)$ für einen $A$-Modul $M$ im Fall, dass $\bmx$ eine $M$-reguläre Folge ist, mit Hilfe eines bestimmten Koszul-Komplexes berechnen kann.
Für das Hauptergebnis dieses Kapitels betrachten wir die Samuel-Multiplizität $e_\mfq(M, r)$ des Ideals $\mfq$ des noetherschen lokalen Rings $A$ bezüglich des endlich erzeugten $A$-Moduls $M$. Dabei muss $\mfq$ im Maximalideal von $A$ enthalten sein und die Endlichkeitsbedingung $\length_A(M / \mfq M) < \infty$ erfüllen.
In diesem Fall gilt dann
\begin{equation*}
\tag{$\ast$}\label{eq:einleitung-samuel-koszul}
e_\mfq(M, r) = \sum_{i = 0}^r \length_A(H_i(\bmx, M)),
\end{equation*}
wobei die $H_i(\bmx, M)$ die Homologiemoduln des zu $M$ und $\bmx$ gehörigen Koszul-Komplexes sind.
In \cref{cha:multiplizitaeten} soll nun die $\Tor$-Formel untersucht werden.
Dazu werden zunächst die \emph{Gruppe der Zykel} eines Rings und die Multiplizität eines Moduls eingeführt.
Die \emph{Reduktion auf die Diagonale} stellt für fast alle folgenden Ergebnisse ein sehr wichtiges Prinzip dar, deswegen wird sie beispielhaft im Fall affiner irreduzibler Varietäten erläutert.
Mit ihrer Hilfe wird in diesem Fall die \enquote{Dimensionsformel} der algebraischen Geometrie gezeigt: Sind $V$ und $W$ irreduzible Untervarietäten eines affinen Raums und ist $T$ eine irreduzible Komponente von $V \cap W$, so gilt
\begin{equation*}
\codim(T) \le \codim(V) + \codim(W).
\end{equation*}
Da die Reduktion auf die Diagonale im Folgenden auch im allgemeineren Fall von formalen Potenzreihenringen über einem Körper benötigt wird, wird nun der dafür notwendige Begriff des \emph{vervollständigten Tensorprodukts} $\widehat{\otimes}$ eingeführt und die Formel für die Reduktion auf die Diagonale in diesem Fall gezeigt:
\begin{equation*}
\tag{$\ast\ast$}\label{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen}
\Tor^A_i(M, N) \cong \Tor^C_i(M \widehat{\otimes}_k N, A),
\end{equation*}
wobei $k$ ein Körper, $A$ ein formaler Potenzreihenring über $k$ und $C = A \widehat{\otimes}_k A$ ist und $M$ und $N$ endlich erzeugte $A$-Moduln sind.
Mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-reduktion-auf-diagonale-potenzreihen} kann man für einen formalen Potenzreihenring $A$ der Dimension $n$ über einem Körper $k$ und zwei endlich erzeugte $A$-Moduln $M$ und $N$ mit $\length_A(M \otimes_k N) < \infty$ Folgendes zeigen:
\begin{enumerate}[label = (\alph*)]
\item $\dim(M) + \dim(N) \le n$ (\enquote{Dimensionsformel}).
\item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) \ge 0$.
\item $\chi^A(M, N) = \sum_{i = 0}^n \length_A(\Tor^A_i(M, N)) = 0$ genau dann, wenn $\dim(M) + \dim(N) < n$.
\end{enumerate}
Unter Verwendung von \emph{Cohens Struktursatz} für vollständige reguläre lokale Ringe gleicher Charakteristik kann man dieses Theorem nun auch auf den Fall verallgemeinern, dass $A$ ein regulärer Ring gleicher Charakteristik ist.
Dies führt zu der Vermutung, dass die Aussage sogar für beliebige regulärer Ringe gültig ist.
\cref{sec:Ausblick} gibt einen kurzen Überblick darüber, welche Resultate in diesem Zusammenhang bereits bewiesen wurden.
Praktischerweise genügt aber der Fall regulärer Ringe gleicher Charakteristik für die Anwendung in der algebraischen Geometrie, denn is $X$ eine nicht singuläre algebraische Varietät über einem Körper $k$ und ist $W$ eine irreduzible Untervarietät von $X$, so ist der lokale Ring von $X$ bei $W$ regulär von gleicher Charakteristik.
Seien $U$ und $V$ irreduzible Untervarietäten von $X$ und $W$ eine irreduzible Komponente von $U \cap V$, in der sich $U$ und $V$ eigentlich schneiden, das heißt
\begin{equation*}
\dim(U) + \dim(V) = \dim(X) + \dim(W).
\end{equation*}
Seien außerdem $A$, $A_U$ und $A_V$ die lokalen Ringe von $X$, $U$ und $V$ bei $W$.
Bezeichnet $i(X, U \cdot V, W)$ die Schnittmultiplizität im Sinne von Samuel, dann gilt
\begin{equation*}
\tag{$\ast\ast\ast$}\label{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet}
i(X, U \cdot V, W) = \chi^A(A_V, A_W).
\end{equation*}
Diese Formel wird mit Hilfe von \cref{eq:einleitung-samuel-koszul} und der Reduktion auf die Diagonale bewiesen.
Wie bereits erwähnt, wird \cref{eq:einleitung-tor-formel-schnittmultiplizitaet} in der modernen Schnittheorie sogar als Definition der Schnittmultiplizität verwendet.
Die Eigenschaften dieser Schnittmultiplizität folgen nun auf natürliche Weise aus den Eigenschaften der $\Tor$-Funktoren.
So folgt zum Beispiel die Kommutativität direkt aus der Symmetrie der $\Tor$-Funktoren und die Assoziativität aus der Assoziativitätsformel für $\Tor$-Funktoren, die durch zwei Spektralsequenzen gegeben ist.